Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht
Kaffeekanne wird und alle Menschen plötzlich sieben Finger an jeder Hand haben.
Die Megatrends sind keine zufälligen Phänomene, die aus irgendwelchen soziokulturellen Launen entstehen und dann wieder verschwinden. Sie sind vielmehr Ausdruck eines übergeordneten evolutionären Prinzips. Auf einer tieferen Ebene sind alle Megatrends verbunden und angetrieben durch einen weiteren Megatrend, den man vielleicht allerdings auch als Metatrend, als übergeordnetes Organisationsprinzip begreifen muss: Konnektivität.
Die verbundene Welt
Was bedeutet Konnektivität? Dieser Trend ist unzählige Male beschrieben worden. Aber fassen wir noch einmal zusammen:
■ Die ökonomische Globalisierung verbindet immer mehr Teile, Regionen, Orte, Plätze, Menschen durch Handels- und Finanzbeziehungen miteinander.
■ Kommunikationstechniken verbinden immer mehr Punkte auf diesen Planeten durch Erreichbarkeit und Informationsaustausch.
■ Weltumspannende Medien verknüpfen immer mehr Kulturen miteinander und führen zu einer Art »globaler Kulturosmose«. Gewohnheiten gleichen sich langsam aneinander an, Konsumgüter ähneln sich immer stärker.
■ Interaktive Medien heben schließlich die Konnektivität auf eine neue Stufe. Neue Kommnunikationswege führen zu neuen Kulturtechniken. Jeder kann nicht nur empfangen, sondern auch senden. Es entsteht eine globale Netzwerkstruktur.
All das ist, als rein technischer Prozess, wie gesagt ein alter Hut – schon bei der Einführung des Telegrafen schwärmten die Kommentatoren von der »totalen Verbindung des Planeten« und der »Überwindung aller Grenzen«. Aber Konnektivität lässt sich eben nicht nur in den sozialen und ökonomischen Prozessen als eine Art Grund-Treiber-Prinzip diagnostizieren. Sie ist die zentrale Grundkonstante der Evolution, biologischer Systeme und Grundlage menschlichen Bewusstseins.
Die Chauvet-Höhle in Südfrankreich, die vor 22 000 Jahren verschüttet und so in ihrem damaligen Zustand konserviert wurde, illustriert eindrücklich das Erwachen des menschlichen (Selbst-) Bewusstseins durch Verknüpfung. 1 In der 1994 entdeckten Höhle fanden sich die wunderbarsten und schönsten Tierzeichnungen von Cro-Magnon-Menschen, die man sich nur vorstellen kann. Pferde, Löwen, Nashörner, Bären bewegen sich in einer Chroreografie, die an moderne Kunst oder an Comics erinnert. Auch seltsame Tiermenschen sind zu sehen. Was berührt uns so an diesen Zeichnungen unserer Urvorfahren? In ihnen spiegelt sich das tiefe Erleben der Verbundenheit mit der Welt. Es ist, als wollten unsere Vorfahren mit diesen Bildern zeigen, wie sehr sie die Welt als Ganzes verstanden. Als Netzwerk von Wirkungen und Wechselwirkungen, in das sie selbst eingebunden waren.
Wie entwickeln sich Organismen im Raum-Zeit-Kontinuum? Wie entstehen Planeten, Ozeane, Lebewesen, Intelligenz? Erstens durch Energie. Zweitens durch Austausch von Information. Doch beides ist nicht wirklich voneinander zu trennen.
James Gleick hat in seinem fulminanten Werk »The Information« 2 beschrieben, wie der Faktor Information immer wieder als Treiber von Kultur, Ökonomie und Innovation wirkte. Die drei Transformationen vom tribalen zum agrarischen zum industriellen Lebensstil lassen sich auf diese Weise viel besser verstehen. Sie sind
nichts anderes als Produkte informationeller Verdichtungsprozesse, in denen Menschen lernen, auf komplexere Weise miteinander und mit der Umwelt zu kommunizieren.
Die Informationstheorie begann ursprünglich als eine Brückentheorie zwischen Mathematik und Nachrichtentechnik. Von da aus war es zum Computer nicht weit. Mittlerweile hat sie sich auf praktisch alle wissenschaftlichen Disziplinen ausgeweitet. Auch die Biologie ist heute im Kern eine Informationswissenschaft, nicht nur weil es Unmengen von Daten erfordert, einen Gen-Code zu »lesen«. Sondern weil Organismen selbst »informationelle Entitäten« sind. Gene transportieren Informationen und ermöglichen das Übersetzen in Proteine. Zellen kommunizieren durch Moleküle miteinander. In den Worten des Evolutionsbiologen Richard Dawkins: »Im Herzen des Lebendigen liegt kein ›Feuer‹, kein ›Funken‹; auch kein Atem. Es sind Informationen, Wörter, Anweisungen! … Wenn wir Leben verstehen wollen, sollten wir nicht an lebendigen, pulsierenden Glibber denken, sondern an Informationstechnologie.« 3 Der Biophysiker Werner Loewenstein sieht Information als kosmisches Prinzip von Organisation und Ordnung. 4
Selbst Zellen, so stellt
Weitere Kostenlose Bücher