Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht
schwierige Wahrheit ist: Durch moderne Kommunikationstechnologien entsteht ein Strukturkonflikt zwischen Kreativität und Vernetztheit. Jeder Autor, Künstler, Manager weiß: Kreativität braucht immer wieder Konzentration, Rückzug, Kontemplation, Eindeutigkeit. Vernetztheit im digitalen Sinn wird aber in der Regel als »Echtzeitverfügbarkeit« (miss)verstanden. In Netzen kann man sich eben auch verstricken!
Einer der Apologeten des digitalen Zeitalters hat auf einer Internetkonferenz unter dem Jubel des Publikums folgende Betrachtung über den Segen der vernetzten Informationswelt zum Besten gegeben: »Wenn jemand eine Krankheit hat, weiß er nach zwei Stunden surfen mehr als sein Arzt! Dasselbe gilt für Anwälte und Lehrer, Autoverkäufer oder Service-Point-Mitarbeiter. Diese Berufe sind wirklich nicht nötig!« 11 Wieder einer, der Informationen mit Wissen verwechselt. Wieder einer, der nicht verstanden hat, was Profession, Erfahrung, Intuition und Können wirklich bedeuten.
All dies spricht nicht gegen das Internet und seine verändernde Kraft. Es spricht nur gegen das Internet als Erlösungsphantasie . Das Internet ist am Ende ein profanes Medium wie alle anderen auch. Wir können davon ausgehen, dass seine Exzesse überwunden werden. Wir lernen immer, mit neuen Medien umzugehen. Aber es dauert. Und ist eben keine technische Frage. Das Entscheidende am Internet ist nicht die technische Seite, sondern die Frage, ob wir Kulturtechniken erlernen können, die es tatsächlich zu einem Produktivmedium werden lassen. Die Netzwerkrevolution, so ahnen
wir in hellen Momenten bisweilen, steht erst an ihrem Anfang. Wir üben noch, was wir mit den unglaublichen Möglichkeiten des Datenraums anfangen können. Und wie das immer so ist bei Anfängern: Es klingt meistens ziemlich schräg.
Nanowelten
Ein anderer Hoffnungsträger der Zukunftsökonomie: die Nanotechnologie, Techniken im Bereich von Physik und Chemie, auch der Lebensmittelchemie, die sich in Größenordnungen von Nanometern (einem Milliardstel Meter!) bewegen. Immer schon haben Menschen Materie manipuliert – das ist das Wesen der Technik seit den ersten Feuersteinklingen. Die Nanotechnik verspricht nun einen ungeheuren Sprung. Nicht mehr durch mechanische Bearbeitung (Kraft, Hitze, Druck, Filtern etc.) wird Materie umgeformt, sondern durch Programmierung. Nanotechnik ist Produktion auf molekularer Ebene.
Natürlich wird sich Nanotechnik in bestimmten Fertigungsverfahren durchsetzen – dort, wo sie einen deutlichen Vorteil bietet. Aber auch hier geraten wir recht schnell an systemische Grenzen, wenn wir uns eine revolutionäre Nanotechnik vorstellen. Entgegen der Vorstellung, dass die Welt der Moleküle und Atome eine Art Legobaukasten darstellt, mit dem wir nach Belieben herumbasteln können, herrschen in der Nanowelt teilweise ziemlich ungemütliche Bedingungen. Auf atomarer Ebene gelten Trägheitsgesetze, die jede Operation unendlich mühsam machen, bei skaliertem Energieaufwand (ähnlich wie im Weltraum das Fliegen im Bereich der Lichtgeschwindigkeit). Um aus Dreck Gold zu machen, müsste man Energiemengen einsetzen, wie wir sie aus dem Inneren von Sternen kennen (woher das Gold auf der Erde ja auch ursprünglich stammt). 12 Und dann wäre das gewonnene Gold wertlos und die ganze Mühe umsonst.
Es stimmt schon: Nichts ist unmöglich. Aber manches eben besonders schwer. Oder beim näheren Hinsehen doch eher unsinnig. Wollen wir wirklich einen 3D-Drucker im Keller haben, der Schuhe, Kleider, Gegenstände fabriziert, die wir am PC entworfen
oder deren Daten wir digital eingekauft haben? Klingt auf Anhieb faszinierend. Aber vielleicht wird das Gerät auch schnell verstauben. Weil wir es mögen, dass andere Menschen für uns produzieren! Und weil es am Ende produktiver ist, Dinge in Arbeitsteilung herzustellen. Siehe Toaster.
Wie alle Techniken stellt auch die Nanotechnik uns eine Rück-Frage: Wozu? Zu wessen Nutzen? Einiges fiele hier ein: Materialien, die vollkommen moleküldicht sind, etwa um Wasserstoff für die kommende Wasserstoff-Wirtschaft dauerhaft zu speichern. Oder Materialien für die Weltraumfahrt, die extrem leicht und zugleich extrem robust sind. Selbstheilende, selbstreparierende Stoffe. Oder Stoffe, die 2 Millionen Grad aushalten und mit denen man Fusionsreaktoren bauen könnte, die die Energieprobleme ein für alle Mal aus der Welt schaffen. Ich persönlich bevorzuge ein Klo, das sich selbst reinigt. Der Grund dafür, dass es all das bis
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