Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht
heute noch nicht gibt, liegt vielleicht im Wesen der Welt und ihrer Stoffwechselprodukte begründet, die wir noch nicht bis in alle Winkel entschlüsselt und begriffen haben, was wir vielleicht auch nie tun werden; auch in der Tatsache, dass wir die Wirkung der mithilfe der Nanotechnik hergestellten Stoffe und Produkte zum Beispiel auf unsere Gesundheit schwer abschätzen können. Und – nicht zu vergessen – im bekannten Stolperstein der Kosten-Nutzen-Rechnung,
So stoßen wir an allen Fronten der Technologie auf Widerstand. Einerseits stehen wir zahlreichen Problemen gegenüber, von denen wir ahnen, dass wir sie mit Technik nicht oder nur teilweise lösen können. Andererseits wissen wir gar nicht, was wir am Ende wirklich mit »Hypertech« anfangen sollen. Wir ahnen, nein spüren, dass wir Möglichkeiten von Technologie stets gegenüber ihren Kontextproblemen überschätzen. Falls sich eine Technologie wirklich als »übermenschlich« erweisen sollte, würden wir sie wahrscheinlich schnell meiden. Oder vergessen. Oder erbittert bekämpfen.
Hier ist sie wieder – die Retroschleife, die auch die Megatrends kennzeichnet. Technologie erhöht die Möglichkeiten der Verknüpfung und des Wandels, aber erst veränderte Soziotechniken machen daraus einen Nettogewinn für die menschliche Kultur. Man kann
mit Handys, wie wir in den Unruhen von Kenia im Jahr 2008 gesehen haben, nicht nur produktiven Handel, sondern auch blutige Auseinandersetzungen organisieren. Technologie stellt uns ständig eine Frage an uns selbst. Wohin wollen wir? Aber wir können in diesem Spiegel erst etwas erblicken, wenn wir uns vom linearen, naiven Fortschrittsglauben verabschieden.
Das Zeitalter der Gandhi-Innovationen
Der indische Superinvestor Vinod Khosla vertritt die These, dass die Technik dieses Jahrhunderts nicht im Bereich der spektakulären Spitzentechnologien große Durchbrüche erleben wird, sondern bei den scheinbar langweiligen, konventionellen Techniken, die dennoch gewaltige Sprünge nach vorne bedeuten können. Vor die Wahl gestellt, eine Milliarde Dollar in die Entwicklung einer höchst spektakulären Zukunftsenergietechnik zu investieren oder aber dieselbe Summe in die Entwicklung von konventionellen Motoren mit einer enormen Steigerung des Wirkungsgrads zu stecken, ist seine Entscheidung klar. Khosla sieht die technische Zukunft im »radikalisiert Konventionellen«. 13
Virgin America, eine der Fluglinien von Richard Branson, investiert eineinhalb Milliarden Dollar in Triebwerke, die halb so viel Schadstoffe und 30 Prozent weniger Lärm verursachen und mit Treibstoff laufen, der aus Müll gewonnen wurde. Wie wäre es mit Mikroben zur Dieselherstellung, Carbon-negativem Zement, Solarzellen, die bei 30 Prozent mehr Wirkungsgrad nur ein Fünftel kosten, Klimaanlagen mit verdoppelter Effektivität? Oder gar – Vorsicht, Tabu – sicheren Kernreaktoren?
Zwei Milliarden Menschen haben heute, zu Beginn der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts, Zugang zu einer Waschmaschine. Weitere drei Milliarden zu elektrischem Strom. Aber 1,7 Milliarden Menschen erzeugen ihre benötigte Wärme immer noch durch offenes Feuer, auf dem sie Wasser kochen, um ihre Wäsche zu waschen, und Essen garen – es sind überwiegend Frauen, die diese lebenslange Arbeit verrichten. Wäre es nicht naheliegend, dass »die nächste Welle der Technik« Waschmaschinen zu den Menschen
bringt, die noch keine haben? Und müssen diese Waschmaschinen nicht – schon aus Energiegründen – ganz anders konstruiert sein als unsere heutigen?
Mahatma Gandhi formulierte Sätze, die in einer Welt des aufstrebenden Wohlstands noch wahrer zu sein scheinen als in Zeiten, in denen Nationen wie Indien oder China bitterarm waren: »Ich preise jede wissenschaftliche Erfindung, die dem Wohle aller dient. Die Erde bietet genug, um jedermanns Bedarf zu decken, aber nicht jedermanns Gier.«
Wenn Fortschritt und Wohlstand in eine neue, diesmal wahrhaft globale Runde gehen, werden solche Sätze zu Schlüsselformeln. Wenn der innovative Pfad zunehmend nachfragegesteuert ist, werden die drei Milliarden »Newcomer« auf den Weltmärkten seine Richtung steuern. Vom »Mehr-Weiter-Schneller« zum »Wem dient es – und wie effektiv ist es?«. »Westliche« Produkte sind zu kompliziert, zu aufwendig und vor allem zu teuer. Eine schlankere, elegantere, intelligentere, robustere und natürlich effektivere, ökologischere Produktgeneration muss her.
Die Ära »frugaler Produkte« begann vor
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