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Das Midas-Kartell

Das Midas-Kartell

Titel: Das Midas-Kartell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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in ihre Handtasche, um ein Taschentuch herauszuholen und sich das Gesicht abzuwischen. »Ist er tot?«, fragte sie schließlich.
    Markus nickte. »Wer war er? War sein Name wirklich Malcolm Fretwell?«
    Gloria schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wie er wirklich heißt. Er ist der Amerikaner, von dem ich gesprochen habe. Der, der mich dafür bezahlt hat, dass ich Ihren Freund beobachte und Ihnen die Tasche stehle. Der Boss.« Sie fischte ihre Zigaretten aus der Handtasche, zündete sich eine an und machte einen tiefen Zug. »Werden Sie mich jetzt töten?«
    Markus sah das rote Mal an ihrer Schläfe, dort wo der Hieb sie getroffen hatte. Statt zu antworten, fasste er in ihre Tasche, nahm eine Zigarette heraus und zündete sie an. Das Nikotin machte ihn benommen. Vielleicht kam das aber auch von ihrem Parfum. »Das da eben war ein Unfall. Ich sah ihn dort mit Ihnen, und dann hat es irgendwie Klick gemacht …« Er unterbrach sich. Was sollte das? Wollte er sich etwa rechtfertigen? Sie hatte ihn reingelegt. Er sah sie wieder an. »Ich habe ihn härter getroffen, als ich wollte«, sagte er schließlich. »Warum hätte ich ihn töten sollen, wenn er weiß, wo mein Freund ist?«
    Â»Weil Sie ein blödes Arschloch sind«, erklärte sie, ließ das Seitenfenster herunterfahren und schnippte ihre Kippe hinaus.
    Â»Kann schon sein«, gab Markus zu. Trotz allem, was passiert war, schien sie keine Angst vor ihm haben und sich nicht von ihm bedroht zu fühlen. »Sie können zu Fuß gehen, wenn Sie wollen, oder ich fahre Sie nach Hause zu Ihrer verrückten Mutter. Vorher aber rufen Sie Paulo an und finden heraus, was er weiß. So viel sind Sie mir schuldig.«

46
    Admiralty House, St. James’s, London, 13:00 Uhr
    Pieter Wittgenstein war nach London zurückgekehrt. In Ravenshill, wo ihn Laudon ständig daran erinnerte, was Ramirez mit ihnen anstellen würde, konnte er sich nicht konzentrieren. Laudon schien das eine fast perverse Lust zu bereiten. Am Ende hatte Pieter ihn nach Singapur zurückgeschickt. Es war eine Erleichterung gewesen, ihn gehen zu sehen. So musste er sich wenigstens über seinen Bruder keine Gedanken mehr machen.
    Zu tun hatte er auch so genug, denn er musste den Betrieb in der Bank aufrechterhalten. Morgen war Vorstandssitzung, und er musste noch den Vierteljahresbericht vorbereiten. Er blätterte die Unterlagen durch, die ihm seine Sekretärin auf den Schreibtisch gelegt hatte. Die Ergebnisse sahen gut aus, die Bank verzeichnete eine Gewinnsteigerung von vier Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. Beim Gedanken an das folgende Quartal allerdings wurde ihm schwindelig. Die Bank brauchte Ramirez’ Konten, um liquide zu bleiben, doch die Konten waren leer. Wenn jetzt von irgendwoher zusätzliche Forderungen kamen, wären sie ruiniert.
    Pieter versuchte noch einmal, Malcolm Fretwell zu erreichen, doch vergeblich. Keine Antwort, keine Mailbox. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und bemühte sich, nicht auf das Foto zu sehen, das vor ihm auf dem Schreibtisch stand. Sass und er mit den Kindern auf der Marie de Medici, ihrer Dreizehn-Meter-Jacht, Wind im Haar, mit strahlenden Gesichtern, Albert auf seinen Schultern, der nach dem Segel greift. Laudon hatte recht, wenn er Ramirez gefährlich nannte. Es ging hier nicht darum, dass der Name Wittgenstein Schaden nehmen könnte. An Ramirez’ Geld klebte Blut. Wer ihn enttäuschte, wurde mit größtmöglicher Brutalität verfolgt. Nur so konnte der Mann sein Imperium aufrechterhalten. Pieter legte das Bild mit der Vorderseite auf die Tischplatte. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass er seiner Familie möglicherweise Schaden zugefügt hatte.
    Doch in seinem Hinterkopf formte sich allmählich ein Plan. Ein Ausweg. Er könnte so viel wie möglich von dem verbliebenen Kapital auf Offshore-Konten transferieren und mitsamt seiner Familie in eine neue Identität schlüpfen. Sie würden Exilanten sein, aber sie könnten immer noch gut leben. Vielleicht nicht ganz so fürstlich, wie Sass es inzwischen gewohnt war, aber dafür sicher. Vielleicht in der Schweiz oder auf einer kleinen Insel, vor Schottland oder in der Karibik.
    Die Gegensprechanlage auf seinem Schreibtisch summte. »Pieter, hier ist jemand, der Sie sprechen möchte. Er sagt, es sei dringend.«
    Pieter sah auf seine Armbanduhr.

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