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Das Midas-Kartell

Das Midas-Kartell

Titel: Das Midas-Kartell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Mockler
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verwirrt drein. »Daniel Wiseman?«, wiederholte er mit starkem Akzent. Er scheuchte Markus mit einer Handbewegung weg und redete dann auf Gloria ein.
    Markus verstand nicht, was er sagte, aber nach Glorias Miene zu urteilen, die von Skepsis in blankes Entsetzen umschlug, konnte es nichts Gutes sein.
    Â»Was hat er gesagt?«
    Â»Dass sie jemanden hier haben.«
    Â»Wo, hier? Im Haus?«
    Â»Nein, im Wassertank. Er weiß nicht, wie der Mann heißt, aber es könnte die Person sein, die wir suchen.«
    Â»Wo um Himmels willen ist der Tank? Schnell, aufmachen!«
    Â»Warten Sie.« Gloria legte Markus eine Hand auf den Arm. »Er sagt, Sie sollen wissen, dass er nichts dafür kann, dass es nicht seine Idee war. Er hat versucht, dem Mann zu helfen, so gut er konnte.«
    Â»Was? Das ist mir doch egal. Wovon redet er?«
    Â»Der Mann war zweieinhalb Wochen im Tank und hat kaum etwas zu essen bekommen.«
    Markus hörte schon nicht mehr zu, rannte über den Hof und riss die schweren Deckel des Tanks auf. Paulo folgte ihm und rief ihm Entschuldigungen und Rechtfertigungen hinterher. Das rostige Metall fühlte sich kühl an, jetzt, zu dieser nächtlichen Stunde. Vom Wasser stieg ein fauliger Gestank auf, und an der Oberfläche trieb ein aufgedunsenes bleiches Gesicht. Markus wich für einen kurzen Moment zurück, doch dann griff er hinein und zog den federleichten Körper heraus, um ihn behutsam auf dem Boden abzulegen. Trotz des haarlosen Kopfes, trotz der Blässe und der verfallenen, aufgeweichten Haut kam ihm das Gesicht bekannt vor.
    Â»Daniel?«, flüsterte er. »Daniel, kannst du mich hören? Ich bin’s, Markus. Du hast mir den Umschlag geschickt. Ich bin hier, um dir zu helfen. Alles wird gut.« Er nahm Daniels knochiges Handgelenk und fühlte seinen Puls, der kaum noch spürbar, aber vorhanden war.
    Eine Hand auf den Mund gepresst stand Gloria hinter Markus. Auch sie hatte die geschundene Gestalt wiedererkannt, den Mann, dem sie durch die Straßen von Guatemala City gefolgt war. Die Erkenntnis, dass sie in dieser Geschichte eine Rolle spielte, dass sie in gewisser Weise für die Leiden dieses Mannes mit verantwortlich war, traf sie mit brutaler Härte.
    Markus blickte über die Schulter. »Ich schlage vor, Sie sagen Ihrem Freund, dass er verschwinden soll.«
    Gloria wandte sich Paulo zu und übersetzte ihm Markus’ Worte.
    Paulo blickte auf seine Schrotflinte, dann auf die geduckte Gestalt des Fremden. Mit der Waffe konnte man diesen Mann sicher nicht einschüchtern. Ehe er sich zum Gehen wandte, sagte er hastig zu Gloria: »Dass er noch lebt, liegtdaran, dass ich ihn aus dem Tank geholt habe, wenn der Bossweg war, und dass ich ihm zu essen gegeben habe.«
    Â»Ja, ja, schon gut, aber jetzt geh«, erwiderte sie mit Blick auf Markus, dessen Wandlungsfähigkeit ihr Unbehagen bereitete. »Mach, dass du wegkommst.«
    Â»Kannst du mich hören, Daniel? Hörst du mich?«, flüsterte Markus.
    Ein schwaches Flackern unter den Lidern war die einzige Reaktion. Daniel versuchte, die Augen zu öffnen, nur ganz kurz, wenige Millimeter, und bemühte sich zu sprechen. Markus beugte sich dicht über ihn und verstand trotzdem kaum, was er sagte. »Mein Vater, mein Vater …«
    Â»Ich habe mit ihm gesprochen. Keine Sorge, ich werde ihm berichten, dass du in Sicherheit bist.«
    Daniel sagte nichts mehr; sein Kopf war zurückgesunken, und die Augen hatte er wieder geschlossen.
    Gloria näherte sich zögerlich. »Es tut mir so leid, Markus, es tut mir so leid.«
    Markus hörte sie nicht. Er untersuchte Daniels offene Wunden, aus denen säuerlicher Verwesungsgestank aufstieg. Er hob ihn hoch, trug ihn zum Auto und legte ihn auf die Rückbank.
    Â»Was haben die ihm angetan? Warum haben sie ihn hier festgehalten?«, fragte Gloria kopfschüttelnd. »Der Mann, den Sie getötet haben – er ist für das hier verantwortlich.«
    Â»Scheiße«, sagte Markus. »Sind Sie sicher, dass Paulo nichts weiß?«
    Â»Ich habe keine Ahnung, was er weiß. Aber ihm war nicht wohl bei der Sache. Deshalb hat er auch mit mir geredet. Er sagte, er wolle den Mann von seinem Elend erlösen. Damit ihn der Amerikaner nicht mehr verhören kann. Sie haben doch die Tasche noch, oder?«
    Â»Was?«
    Â»Die Tasche mit den Sachen, die er Ihnen geschickt hat. Haben Sie die

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