Das Midas-Kartell
schwer unter Druck, und er war bislang nicht besonders kommunikativ.«
Isaiah legte die Stirn in Falten. »Ich werde versuchen, ihn zu erreichen. Wenn ich nicht durchkomme, greifen wir auf Plan B zurück. Ich gehe nicht davon aus, dass Malcolm Sie darüber in Kenntnis gesetzt hat.«
»Wie sieht der Plan aus?«
»Ich kann Ihnen das nicht über eine ungeschützte Leitung sagen. Treffen wir uns in Vauxhall. CeLo hat einen Lagerraum unter den Bahnbogen. Ich schicke Ihnen die Adresse.«
Trotz seiner ruhigen Stimme war Isaiah nervös. Es gab nur einen Grund, warum Malcolm nicht reagierte, aber er brachte es nicht über sich, dem Kunden das zu sagen. Er wählte die Nummer selbst und hörte zu, bis das Klingeln irgendwann verstummte. Plan B würde von der Zentrale freigegeben werden müssen. Es war nicht einfach, solche Operationen in GroÃbritannien durchzuführen, und die Sache erforderte äuÃerstes Fingerspitzengefühl. Der CeLo-Vorstand war möglicherweise mit einem so riskanten Plan nicht einverstanden. Vielleicht hatten sie einfach genug gehabt von Malcolm und seinen Methoden â¦
Freigabe erforderlich. Stufe 5. GB-Bürgerin mit Tochter, drei Tage Gewahrsam . Isaiah tippte die Nachricht in seinen Laptop und markierte sie als dringend. Damit hatte der Vorstand sechzig Minuten Zeit, um weitere Informationen abzufragen und seine Einwilligung zu geben. Die Vorstandsmitglieder kamen selten an einem Ort zusammen. Sie saÃen auf verschiedenen Kontinenten, Schweiz, Osteuropa, Asien und Amerika. Der Amerikaner würde am ehesten seine Zustimmung verweigern. Er dachte strategisch und neigte zu konservativen Schlussfolgerungen. Aber wenn er den Gewahrsam nicht billigte, sollte er gefälligst schnell mit einer Alternativlösung aufwarten. Isaiah hatte eigentlich überhaupt keine Lust, dem Kunden zu erklären, was falsch gelaufen war. Für solche Dinge war Malcolm zuständig, und dafür wurde er schlieÃlich auch besser bezahlt.
»Was ist?«, fragte Jacob und drehte sich auf seinem Sitz zu ihm um.
»Malcolm ist verschwunden. Jetzt will der Kunde von uns wissen, was los ist.«
»Was wirst du ihm sagen?«
»Ich habe die Zentrale angemailt. Wenn die ihr Okay geben, greifen wir uns Cartrights Ex und seine Tochter.«
Jacob hob die Brauen. »Er schafft es nicht, etwas aus dem Typen in Guatemala herauszukriegen?«
»Er schafft es nicht mal, ans Telefon zu gehen. Damit fangen wir wieder bei null an. Wir treffen den Kunden in Vauxhall.«
Während Jacob mit dem Transporter aus der Parklücke stieÃ, erschien eine E-Mail in Isaiahs Posteingang. Höchste Dringlichkeitsstufe verstanden. Genehmigung erteilt. Ich kläre das mit den anderen Vorstandsmitgliedern . Vom Amerikaner. Isaiah las die Nachricht ein zweites Mal und kopierte sie dann auf eine externe Festplatte. Nur für den Fall, dass er später nachweisen musste, dass jemand aus dem Vorstand das Manöver gebilligt hatte, denn bei solchen Dingen wies das Erinnerungsvermögen der Bosse oft groÃe Lücken auf. Dass die Zustimmung so schnell gekommen war, war beruhigend. Auf diese Weise hatte er noch genügend Zeit, sich einen Plan zu überlegen, ehe er mit Wittgenstein sprach.
50
Vauxhall, im Süden von London, 15:00 Uhr
Radan musterte Isaiah misstrauisch. Der hochgewachsene Israeli gefiel ihm nicht. Aber ihm gefiel eigentlich niemand, der so viel gröÃer war als er.
»Kommen Sie mit«, befahl er in aggressivem Ton und blieb in der Tür zum Lagerraum stehen. Seine kümmerliche Gestalt hob sich scharf gegen die helle Nachmittagssonne ab. Er steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen und zündete sie an.
Isaiah stand an einem klapprigen Schreibtisch im hinteren Teil des Raums, vor ihm sein Laptop und ein Stadtplan. Er sah kurz auf und widmete sich dann wieder seiner Arbeit, markierte Punkte auf dem Stadtplan und berechnete Zeiten und Ablauf.
»Sie sind Radan?«, sagte er schlieÃlich.
»Ja.«
»Wohin gehen wir?«
»Kommen Sie einfach mit«, erwiderte Radan knapp.
Isaiah faltete den Plan sorgfältig zusammen, steckte ihn in die Innentasche seines Jacketts und trat hinter dem Mann in dem schlecht sitzenden grauen Anzug aus dem schummerigen Lagerraum. DrauÃen wartete ein Maybach, der mit seiner eleganten, schimmernden Silhouette vor den heruntergekommenen viktorianischen Bahnbogen deplatziert
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