Das Midas-Komplott - Thriller
vorsichtig an. Das Holz ächzte unter ihrem Gewicht, aber es hielt. Kurz bevor sie das andere Ufer erreicht hatte, hörte sie jedoch hinter sich einen lauten Platsch.
Am anderen Ufer angelangt, drehte sie sich um. Tylers Pferd musste den Steg verfehlt haben und in den Fluss gesprungen sein. Tyler, triefend nass, saß noch im Sattel.
Sein Pferd stürmte die Böschung hinauf. Ein Schwall von Wasser strömte ihm über Kruppe und Schweif. Sie setzten ihren Weg durch eine aufgeschreckte Schafsherde bis auf den nächsten Hügel fort und hielten erst an, als ihnen eine Hecke den Weg versperrte.
»Hast du das mitgekriegt?«, rief Tyler. »Genau darum hasse ich Pferde.«
»Ein John Wayne bist du wirklich nicht, das steht fest.«
»Und dieses Pferd ist nicht Seabiscuit.«
Das Röhren sich nähernder Motoren unterbrach ihr Wortgefecht. Aus sicherer Entfernung sahen sie zu, wie ein Range Rover in letzter Minute eine Vollbremsung machte.
Der Fahrer des zweiten setzte tollkühn alles auf eine Karte, aber er hatte sich verschätzt, und der Geländewagen stürzte in die Fluten. Erst als seine Nase im Schlamm steckte, kam er zum Halt. Die Insassen zwängten sich aus den Fensteröffnungen und wateten zurück zum Ufer.
Die Beifahrertür des trocken gebliebenen Autos öffnete sich. Gia Cavano sprang heraus. Die Arme in die Seiten gestemmt, bedachte sie Stacy und Tyler mit einem hasserfüllten Blick.
Daraufhin gab Stacy in aller Ruhe ihrem Pferd eine leichte Schenkelhilfe und ritt an der Hecke entlang, bis sie eine Öffnung fanden und ihre Verfolger endlich aus den Augen verloren.
»Und wohin nun?«, fragte Stacy auf einmal verwirrt. Sie hatte völlig die Orientierung verloren.
Tyler deutete nach links. »Auf dem Hinweg sind wir durch einen Ort gefahren, er dürfte einen guten Kilometer in dieser Richtung liegen. Von dort aus könnten wir versuchen, mit dem Auto zu entkommen.«
Sie ritten schnell, denn sie hatten Angst, dass Gia Cavanos Männer sie abfangen könnten.
Die Leute in dem malerischen Städtchen beachteten sie nicht. Ein durchnässter Reiter auf der Hauptstraße schien hier eine Alltäglichkeit zu sein.
Plötzlich hörten sie einen Zug pfeifen. Und das brachte sie augenblicklich auf eine Idee. Sie lenkten ihre Pferde zum Bahnhof. Die Eisenbahn bot eine viel bessere Möglichkeit, spurlos von der Bildfläche zu verschwinden als ein Mietwagen. Vor dem Stationsgebäude drückten sie zwei verblüfften Teenagern die Zügel ihrer Pferde in die Hand und sprangen in letzter Minute auf den abfahrenden Zug.
»Können Sie uns sagen, wohin dieser Zug geht?«, fragte Stacy einen Reisenden. Mit einem angewiderten Blick auf den triefenden Tyler erwiderte er: »Victoria.«
Bis Gia Cavano ihre Pferde gefunden und sich zusammengereimt hätte, wohin sie geflohen waren, wären sie schon längst über alle Berge.
Nun fühlte sich Stacy ein ganzes Stück wohler. Lächelnd
nahm sie Tylers Hand, um ihn durch den Wagen zu ziehen. Sie sahen aus wie ein Liebespärchen auf einem Ausflug, der ins Wasser gefallen war.
»War es wirklich so schlimm?«
Tyler warf ihr nur einen finsteren Blick zu und schwieg sich aus. Er lief breitbeinig, und es dauerte eine Weile, bis er sich sachte niedergelassen hatte. Nur einmal machte er den Mund auf. Er fragte den Schaffner, wo er einen Eisbeutel bekommen könnte.
26. KAPITEL
Die Mittagssonne prallte auf das Führerhaus des Sattelschleppers und trug den Sieg über die Klimaanlage davon. Clarence Gibson schlug mit der Hand auf das Armaturenbrett und fluchte herzhaft. Sein großer Hänger war voll beladen, und der Motor quälte sich auf der gewundenen Nebenstraße durch die Appalachen Virginias.
Seit dreißig Jahren fuhr Gibson für Dwight’s Farm Services, und er hatte sich noch nie über seine Arbeit beschwert. Heute hatte er jedoch die Nase voll. Man nahm die Wartung der Fahrzeuge in letzter Zeit einfach zu sehr auf die leichte Schulter. Vor einer Woche hatte er Düngemittel zu einer Farm in Blacksburg gebracht und war liegengeblieben, weil die Antriebswelle ihren Geist aufgegeben hatte. Drei Stunden hatte er am Ende der Welt gewartet, bis ein Abschleppwagen gekommen war.
Er kurbelte die Scheibe hinunter, aber der Fahrtwind brachte ihm keine Erleichterung. Die Luft war zu feucht. Der Schweiß floss ihm in Strömen den Nacken hinab, und sein Hemd war bereits völlig durchnässt. Wenigstens hatte er Radioempfang, auch wenn es nur ein Country-Sender war.
Vor zehn Minuten war er vom Highway
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