Das Midas-Komplott - Thriller
Fersen.«
FREITAG
LA CAMORRISTA
29. KAPITEL
Gia Cavano saß in der ersten Klasse des Eurostar und nahm ein leichtes Frühstück zu sich. Ihre drei Leibwächter behielten die anderen Passagiere im Auge. Der Hochgeschwindigkeitszug raste mit knapp dreihundert Stundenkilometern durch Frankreich, während sie von Zeit zu Zeit mit den Knöpfen des Geräts spielte, das sie in Tyler Lockes Kofferraum gefunden hatte. Die Scheiben drehten sich anscheinend zufällig, anfangen konnte sie damit nichts.
Aber das Gerät sah schön aus. Vielleicht hatte Locke es gebaut. Bevor sie ihn erledigte, nachdem er das Gold des Midas für sie gefunden hatte, würde sie ihn fragen.
Ursprünglich hatte sie vorgehabt, nach München zu fliegen, aber ihr neues Spielzeug war zu verlockend. Seit sie den Ferrari 458 Italia von einem Deutschen gekauft hatte, der vor ihr auf der Warteliste stand, juckte es sie, damit auf der deutschen Autobahn zu fahren, dem einzigen Schnellstraßensystem weltweit ohne Geschwindigkeitsbeschränkung. Die Spitzengeschwindigkeit ihres Ferraris lag angeblich bei dreihundertfünfundzwanzig Stundenkilometern, und sie war fest entschlossen, sie zu erreichen.
Als Strafe dafür, dass er Orrs Leute hatte entkommen lassen, musste Pietro über Nacht den Ferrari und einen BMW M5 auf einem Lastwagen nach Brüssel bringen. Ihre Leibwächter würden dort zu ihm steigen, und dann sollten sie versuchen, auf der Fahrt nach München mit ihr Schritt zu halten. Normalerweise
fuhr man sieben Stunden von Brüssel. Wenn sie mehr als vier brauchte, würde es an dem hohen Verkehrsaufkommen liegen.
Ein nicht mehr ganz junger Geschäftsmann sah zu ihr herüber. Vielleicht wollte er diesen Donnerstagvormittag aufpeppen, indem er ihr einmaliges Gerät als Vorwand nahm, um sie anzuquatschen. Ihre drei Cousins würden ihn von seinem Vorhaben abhalten. Der Vorteil einer einschüchternden Verwandtschaft. Sie hielt fette Manager davon ab, ihr erbärmliche Avancen zu machen.
Tyler Locke hingegen war genau der Typ, den sie aufregend fand. Hart im Nehmen, gut aussehend, intelligent und nie um einen Ausweg verlegen. Keine gute Figur zu Pferd, aber das ließ sich korrigieren. Nicht viele Männer konnten neben ihr bestehen. Richtige Männer waren Mangelware für eine Frau in ihrer Position.
Seit sechs Jahren war sie das Familienoberhaupt der Cavanos in Neapel. Wenige Frauen und schon gar keine in den Dreißigern hatten eine solche Stellung inne. Die Machos der Mafia duldeten Frauen nur in Ausnahmefällen. Sie hatte sich durch ihre Gerissenheit halten können, aber auch durch ihre Grausamkeit, wenn es galt, ein Exempel zu statuieren. Ihr verstorbener Mann Antonio war vom Chef der mit den Cavanos rivalisierenden Familie Mezzotta ermordet worden, weil er seine Fühler in die Betonbranche ausgestreckt hatte, traditionell das Gebiet der Mezzottas. Daraufhin hatte Gia angeordnet, die gesamte Sippe auszurotten. Sie war so hinterhältig vorgegangen, dass die meisten jetzt eine Müllhalde außerhalb von San Marco verpesteten. Die restlichen Leichen hatte sie an strategisch wirksamen Punkten deponieren lassen, um zu demonstrieren, wer nun das Sagen hatte.
Sie selbst konnte keine Kinder bekommen, deshalb ermunterte sie ihre Cousins, Familien zu gründen. Sie verbürgte sich
dafür, sie reich zu machen, unter der Voraussetzung, dass sie ihr ergeben dienten. Und sie hielt Wort. Einige hatten in Familien aus Albanien, Libyen und England eingeheiratet, wodurch sie ihren Einfluss auf den Waffen-, Drogen- und Finanzsektor ausdehnen konnte. Gewieft wie sie war, hatte sie sich Teilhaberschaften an legalen Unternehmen gesichert, was ihr und ihrer Verwandtschaft einen weitaus besseren Lebensstil erlaubte als ihren Rivalen, denn sie mussten sich nicht wie diese in den Vierteln von Secondigliano verstecken.
Aber Gias Ausgaben waren in letzter Zeit drastisch gestiegen, und dadurch sah sie ihre Position akut gefährdet.
Außerdem waren ihre Expansionspläne noch von einer neuen Seite bedroht. Chinesische und russische Gangs versorgten die rivalisierenden Familien mit Männern und Waffen. Wenn ihr der große Durchbruch nicht bald gelänge, würde sie in der Camorra zur Nebenfigur.
Sie war jedoch im Besitz eines Geheimnisses, und in dieser glücklichen Lage war keine der anderen Familien. Sie würde das Gold des Midas finden. Mit diesem unvorstellbaren Schatz würde sie der neue Boss der Bosse von Neapel werden.
Der letzte Schritt auf diesem Weg war ihre Reise nach
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