DAS MODEL UND DER MILLIARDÄR
Besseres aus als auf eine bloße Affäre. Nachdem sie sich einige Male getroffen hatten, lud Cristiano sie für ein Wochenende in sein Landhaus ein, wo Lia plötzlich die naive Unschuld spielte und sich weigerte, seine Suite mit ihm zu teilen. Im Morgengrauen des folgenden Tages brannte sie jedoch mit einem seiner anderen Gäste durch: einem verlebten Rockstar, der doppelt so alt wie sie und für die kostspielige Angewohnheit berühmt war, sein jeweiligesjugendliches Betthäschen immer auch gleich zu heiraten. Als er demgemäß der Presse Lia als seine neue Verlobte vorstellte, musste Mort Stevens ihr zumindest in finanzieller Hinsicht als die lohnenswertere Alternative erschienen sein. Zu Lias Pech hatte dann ein grausames Schicksal all ihre schönen Pläne zunichte gemacht.
Ein Blick von Cristiano genügte, und sein stets diensteifriger persönlicher Assistent kam herbei. Während den Gästen dann auf dem Vergnügungsdeck ein Mittagessen serviert wurde, zog Cristiano sich in sein Büro zurück, um die nötigen Fakten einzuholen. Ein diskreter Anruf beim Chefredakteur einer überregionalen Zeitung erbrachte die Auskunft, dass „Lia augenblicklich der Polizei bei ihren Nachforschungen behilflich sei“. Schon bald aber würde alle Welt die Wahrheit erfahren. Wer würde noch mit einer Frau Mitleid haben, die man beschuldigte, benachteiligte Kinder betrogen zu haben?
Ein zufriedenes Lächeln huschte über Cristianos markantes Gesicht. Schlagartig fiel jegliches Gefühl von Langeweile von ihm ab. Vor achtzehn Monaten hatte Lia Powell ihm gegenüber die scheue Unschuld geheuchelt, um auf Zeit zu spielen. Mit einer bodenlosen Unverschämtheit hatte sie ihn dann im nächsten Moment unter seinem eigenen Dach betrogen. Sie war die einzige Frau, die Cristiano jemals einen Korb gegeben und ihn sitzen gelassen hatte. Das allein war der Grund, warum sie unterschwellig immer noch einen besonderen Reiz auf ihn ausübte.
Was Sex betraf, machte Cristiano sich nichts vor. Er hatte das warnende Beispiel seines verstorbenen Vaters vor Augen, der sich sein ganzes Leben zerstört hatte, weil er einer Frau hoffnungslos verfallen gewesen war, die ein Herz aus Stein besessen hatte. Und was Lia Powell anging, machte Cristiano sich noch weniger Illusionen: Sie war ein nichtswürdiges kleines Flittchen ohne Moral. Allerdings zweifellos hinreißend, wie er kaltblütig überlegte, und zum Preisihrer Freiheit konnte sie ihm gehören. Jede wohltätige Organisation würde eine Wiedergutmachung plus einer stattlichen Spende einem hässlichen und kostspieligen Gerichtsverfahren vorziehen. Ja, er konnte den Freispruch für Lia Powell kaufen. Er konnte sie kaufen. Noch nie zuvor hatte er für Sex bezahlt. Wollte er diese Frau wirklich zu derart zweifelhaften Bedingungen haben? Cristiano gestand sich ein, dass allein der Gedanke, die schöne, langbeinige Lia nackt und willig in den Armen zu halten, ihn mehr erregte als irgendetwas seit langer Zeit.
Cristiano wusste, dass er in puncto Frauen sehr schnell gelangweilt war. Er war sogar berüchtigt für seine extrem kurzlebigen Beziehungen. Dieses jedoch würde etwas anderes sein – etwas ganz Neues, Frisches. Am besten, er ließ die genauen Bedingungen einer derartigen Übereinkunft in einem Vertrag festschreiben. Seine Anwälte würden sich dieser ungewohnten Herausforderung sicher mit der gleichen Begeisterung stellen, wie er es genießen würde, Lia ganz zu seinem Willen zu haben.
Der junge, brillengesichtige Anwalt warf Lydia einen bedrückten Blick zu. „Ich kann Ihnen nicht helfen, wenn Sie sich nicht helfen lassen wollen.“
Lydia senkte erschöpft den Kopf. „Ich weiß.“
„Sie müssen sich schützen“, warnte er sie resigniert.
„Nicht, wenn das bedeutet, meiner Mutter die Schuld zuzuschieben“, entgegnete Lydia entschieden. „Ich werde nicht zulassen, dass sie mit hineingezogen wird.“
„Aber als Mitunterzeichnerin der Schecks ist sie doch längst darin verwickelt“, meinte der Anwalt unverblümt. „Die Polizei möchte sie natürlich dazu verhören.“
Lydia schwieg. Während des vorangegangenen, nervenzermürbenden Verhörs durch zwei Polizeibeamte hatte man sie wiederholt gefragt, wo sich ihre Mutter Virginia Carlton befinde. Keiner nahm ihr ab, dass sie es nicht wisse, und sie gab sich alle Mühe, sich nicht darum zu scheren. Denn selbst wenn sie es gewusst hätte, hätte sie alles darangesetzt, ihre Mutter zu beschützen.
Jetzt kehrte einer der Beamten aus dem
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