DAS MODEL UND DER MILLIARDÄR
abscheulichen Freunden zu gewinnen, hatte kein Recht darauf, dass man auf seine Gefühle Rücksicht nahm.
„Ich entschuldige mich“, sagte Cristiano in das angespannte Schweigen hinein.
Das war nicht genug. Lydia zuckte die Schultern, ohne aufzublicken. Gut möglich, dass es seine erste Entschuldigung war, aber sie wollte ihn auf den Knien sehen. Alles andere würde ihr nicht genügen.
„Das nächste Mal lasse ich zu, dass du mich ohrfeigst“, versprach Cristiano überraschend.
Unwillkürlich musste sie lachen. Ihr Zorn verrauchte, und sie blickte auf. „Das hätte mir besser gefallen“, räumte sie ein. „Manchmal machst du mich so wütend, dass ich schreien könnte. Kein anderer Mensch schafft das.“
Langsam durchquerten sie die Eingangshalle, die riesige Spiegel in Goldrahmen und Marmorstatuen schmückten. Cristiano führte Lydia zu einer Doppeltür auf der Stirnseite. „Mir war nie klar, was für ein Hitzkopf du sein kannst, bella mia .“
„Woher auch?“ Es fiel Lydia schwer, nicht verbittert zu klingen. Als sie bis über beide Ohren in ihn verliebt und überglücklich gewesen war, hatte sie keinen Grund gehabt, sich mit ihm zu streiten.
„Bist du in der Stimmung, dir eine neue Garderobe auszusuchen?“, erkundigte sich Cristiano nun unvermittelt.
„Wie bitte?“ Sie sah ihn verständnislos an.
Er führte sie einfach zu einem Sofa in dem eleganten Salon und nickte dem wartenden Butler zu. „Nun, genau das wirst du jetzt tun. Ich dachte, es würde dir Spaß machen, zur Abwechslung mal die Kundin zu sein.“
Im nächsten Moment begriff Lydia, was er meinte, als sich eine Tür zur Rechten öffnete und ein Model erschien, das mit geübten Bewegungen ein ebenso schlichtes wie schickes Seidenkleid vorführte, über dem es einen eleganten Wollmantel im Hahnentrittmuster trug.
„Mir gefällt es sehr gut“, meinte Cristiano, aber Lydia rümpfte die Nase.
„Zu spießig!“
„Nun, ich empfange manchmal spießige Leute und besuche spießige Orte …“
Sie seufzte. „Zu schade, dass man dir als Kind nie eine Ankleidepuppe geschenkt hat!“
„Was für eine Antwort ist das von einer Frau, die sich meinen Namen auf ihren Bauch hat schreiben lassen?“, entgegnete er spöttisch.
„Ich hätte wissen müssen, dass du darauf herumreiten würdest!“
Ganz unvermittelt schenkte er ihr ein so gewinnendes Lächeln, dass ihr Herz für einen Schlag aussetzte. Ehe sie sich erholen konnte, zog er Jackett und Krawatte aus, setzte sich zu ihr aufs Sofa, legte ihr einen Arm um die Taille und zog sie an sich. Im ersten Moment erstarrte Lydia, gab dann aber den Widerstand auf und genoss einfach die Nähe, ohne weiter darüber nachdenken zu wollen. Währenddie Modenschau voranschritt, servierte der Butler Cappuccino und winzige Kekse, die auf der Zunge zergingen.
„Darin möchte ich dich unbedingt sehen, cara mia “, meinte Cristiano bei einem leuchtend blauen Abendkleid und wählte aus den folgenden vier Modellen noch drei weitere aus.
Seine offensichtliche Entschlossenheit, ihr eine umfangreiche Designer-Garderobe zu kaufen, verunsicherte Lydia. „Ich fühle mich nicht wohl bei dem Gedanken, dass du mir diese teuren Kleider kaufst“, wandte sie schließlich ein. „All das habe ich aus meinem Leben verbannt, als ich mit dem Modeln aufgehört habe. Es kam mir so eitel und bedeutungslos vor. Ich habe damals all meine Partyklamotten an Kleiderstuben verschenkt.“
„Wie nobel und genügsam. Ich frage mich, warum du dieses Bedürfnis verspürt hast, all die Wahrzeichen deines früheren Lebensstils so vollständig abzulegen“, überlegte Cristiano über ihren Kopf hinweg, und Lydia errötete, weil ihr klar war, dass er voller Verachtung an das Geld denken musste, von dem er glaubte, dass sie es gestohlen habe. „Schön, du hast dir dann also Gummistiefel angezogen und dich für ein Gartenarchitekturstudium eingetragen. Ich fürchte, ich kann nicht ganz begreifen, was dich daran gereizt hat.“
„Mir gefällt es, etwas schaffen zu können. Und ich arbeite gern an der frischen Luft.“
Cristiano drückte sie an sich. „Aber jetzt bist du hier bei mir.“
„Vermutlich nicht lange“, wandte sie trotzig ein.
„Versteige dich nicht in irgendwelche Hoffnungen, gioia mia. Je spröder du dich gibst, desto mehr will ich dich.“
Schweigend verfolgten sie den Rest der Modenschau. Als schließlich das letzte Model den Raum verließ, drehte Cristiano Lydia zu sich herum, beugte sich herab und küsste
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