Das Model und der Scheich
„gehören nicht zu der Sorte, die überall ihren eigenen Lebensstil vorfinden möchten, sondern sind neugierig auf das, was das Gastland ihnen zu bieten hat. Ich denke also, wir bekommen das Beste von dem, was unsere Gastgeber auch essen.“
„Ich kann es kaum erwarten!“, rief Desirée.
Als das Frühstück gebracht wurde, bestand das Besteck, wie schon am Vorabend, ausschließlich aus einem Löffel für jeden. Wieder wusch sich Desirée die Hände in dem silbernen Becken.
Während sie noch überlegte, ob sie zuerst die Joghurtkugeln oder eine dunkler gefärbte Paste probieren sollte, wurde ein großer, leckerer – und leider ziemlich fettiger – Pfannkuchen gebracht, der über dem Kohlefeuer zubereitet worden war und verführerisch nach Honig duftete.
„Oh, wie schade“, sagt Desirée. „Das ist leider viel zu kalorienreich für mich. Ich muss mir angewöhnen, erst zu fragen, was es ist, bevor ich Spezialitäten der einheimischen Küche bestelle.“
„Dafür kannst du den ganzen Joghurt haben.“ Salih lachte und riss ein großes Stück des Pfannkuchens ab, das er zusammenrollte und in den Mund steckte.
Er kaute genüsslich und leckte sich zufrieden den Honig von den Lippen.
„Lecker und süß.“ Wie du.
Beim Anblick seines sinnlichen Mundes überlief Desirée heiß die Erinnerung an die Nacht …
Hastig aß sie einen Löffel Joghurt – doch der ungewohnt säuerliche Geschmack sagte ihr leider überhaupt nicht zu. „Also gut. Ich gebe mich geschlagen“, seufzte sie und nahm sich ein Stück Pfannkuchen.
„Hm! Schmeckt sagenhaft gut! Geht das die nächsten Tage so weiter? Ich fürchte, meine Agentur wird weder die Sonnenbräune noch die Gewichtszunahme zu schätzen wissen.“
„Bring doch Mode für Füllige heraus“, schlug er vor.
„Du hast keine Ahnung … Ich bin füllig. Ich bin schon seit Jahren nicht mehr super dünn. Glaubst du etwa, dass so Size Zero aussieht?“
„Was ist Size Zero?“
„Die ideale Größe für Models – entspricht ungefähr Kleidergröße zweiunddreißig. Ich musste damals fünf oder sechs Kilo abnehmen, um sie zu erreichen. Als Model bin ich vom Gewicht her ein Grenzfall, das höre ich von meiner Agentur immer mal wieder.“
Salih stutzte. Dann brach er in schallendes Lachen aus und steckte damit auch Desirée an. Sie konnten sich nicht mehr beruhigen, bis sich Salih nach hinten in den Sand fallen ließ.
Noch immer lachend, beugte sich Desirée über ihn. Plötzlich wurde er ernst und strich ihr durchs Haar. „Desi, du bist wunderschön. So wie du bist. An dir lässt sich nichts verbessern.“ Dann schwiegen beide und sahen einander lange an.
Bis Salih irgendwann aufsprang. „Wir müssen weiter.“
Desirée schien es, als hätte sie die ganze Zeit den Atem angehalten.
Als sie das Camp verließen, warteten, wie Salih gesagt hatte, einige der Frauen, die meisten von ihnen schon etwas älter, an der Kamelkoppel und boten ihre Waren an.
Desirée ging vor der Decke in die Hocke und betrachtete Puppen aus bunten Stoffresten, Versteinerungen, Keramikartikel und anderes.
Mit Händen und Füßen gab Desirée zu verstehen, dass ihr die Sachen gefielen. Am interessantesten fand sie bemalte Schnitzereien aus Kamelknochen mit eingeritzten Mustern.
Um die einfachen und freundlichen Menschen, die offenbar alles andere als reich waren, nicht in ihrer Würde zu kränken, wählte sie mit Bedacht einige Dinge aus. Die Schnitzarbeiten, hauptsächlich Ringe und Schmuckanhänger, waren wirklich zauberhaft: In die Linien der Figuren und Verzierungen war braune Farbe eingerieben, gegen die sich die weißen Flächen deutlich abhoben. Dadurch wirkten die Arbeiten beinahe wie Elfenbein. Desirée suchte sich ein ovales Medaillon mit dem Bild eines Kamels. „Das sieht toll aus“, sagte sie über die Schulter zu Salih. „Woher kann sie das?“
Salih sprach mit der Künstlerin, einer Frau in mittleren Jahren mit wettergegerbtem Gesicht. „Von ihrem Vater. Und der hat es von seinem Vater gelernt und so weiter. Da ihre Brüder leider früh gestorben sind, hat ihr Vater es ihr beigebracht. Er allerdings hat bunte Farben verwendet, die sie leider nicht hat. Daher sind ihre Stücke nur einfarbig. Sie entschuldigt sich dafür …“
„Die Sachen sind auch so sehr schön. Sag ihr das bitte“, meinte Desirée.
In diesem Augenblick lenkte eine andere Frau ihre Aufmerksamkeit auf sich: Sie zog eine kleine Tonfigur aus ihren Gewändern.
Es handelte sich um eine liebevoll
Weitere Kostenlose Bücher