Das Mönchskraut
findet, und er weiß diese Aufmerksamkeit sicher zu schätzen.«
Und dann setzte Robert herablassend, aber aufrichtig hinzu:
»Es duftet ganz köstlich.«
»Ich tue mein Bestes«, entgegnete Bruder Petrus zähneknirschend und wünschte fast, er könnte seine Bemühungen ungeschehen machen.
»Das tun wir alle«, bemerkte Robert salbungsvoll, »und das müssen wir auch ...« Damit eilte er wieder aus der Küche, immer noch in bestem Einvernehmen mit sich selbst und dem Zustand seiner Seele. Bruder Petrus starrte ihm mit schmalen Augen nach und fauchte seine beiden Gehilfen an, die seine Nähe wohlweislich mieden, wann immer er kochte, und sich in möglichst weit entfernte Ecken zurückzogen - um sofort herbeizulaufen, wenn sie gerufen wurden.
Ein Befehl war auch für Bruder Petrus ein Befehl. Er tat, was man ihm aufgetragen hatte, verfuhr dabei jedoch nach eigenem Gutdünken, wählte für den unbescholtenen Klostergast das saftigste Stück Fleisch aus und begoß es reichlich mit Sauce.
»So, er hat also keinen Appetit«, sagte er, nachdem er ein letztesmal gekostet hatte. Unfähig, eine tiefe Befriedigung angesichts seiner Leistung zu unterdrücken, fügte er hinzu:
»Diese Speise müßte sogar einen Sterbenden von seinem Lager aufscheuchen und so begeistern, daß er alles ratzekahl aufißt.«
Auf seinem Weg zum Refektorium sah Bruder Cadfael, wie Aelfric aus der Küche des Abts rannte, ein Holztablett mit zugedeckten Schüsseln in den Händen. Die Gäste wurden nicht so knapp gehalten wie die Klosterbrüder, wenn sich ihr Essen auch kaum vom Speiseplan der Allgemeinheit unterschied, höchstens in der Fleischmenge. Um diese Jahreszeit wird man bereits gepökeltes Rindfleisch auftischen, dachte Cadfael. Nach dem Duft zu schließen, der dem Tablett entströmte, gab es gekochtes Rindfleisch mit Zwiebeln und Bohnen. Die kleine Schüssel, die obenauf stand, roch noch viel appetitlicher.
Offenbar sollte sich der Gast heute an einem besonderen Leckerbissen erfreuen, bevor man zu den Äpfeln aus dem Klostergarten überging. Aelfric trug seine Last, die ziemlich schwer sein mußte, in sorgsamer Konzentration und sichtlich bestrebt, sie möglichst schnell und wohlbehalten in das Haus am Mühlenteich zu bringen. Der Weg war nicht weit. Man mußte durch die Pforte gehen, dann ein Stück nach links, zum Ende der Klostermauer, zur Linken am Mühlenteich vorbei, und das erste Haus am anderen Ufer war Aelfrics Ziel. Dahinter, wo die Brücke über den Severn führte, erhoben sich die Stadtmauer und das Tor von Shrewsbury. Nein, es war nicht weit, aber im Dezember weit genug, so daß ein Essen leicht kalt werden konnte. Nun, auch wenn im Bonel-Haushalt kaum gekocht wurde, verfügte er zweifellos über eigene Töpfe und Pfannen und einen Herd, und das Brennholz wurde vom Kloster gestellt.
Cadfael eilte weiter zum Refektorium, wo er sein Mittagessen einnahm. Es gab tatsächlich Rindfleisch mit Zwiebeln und Bohnen - und keine zusätzlichen Leckereien.
Bruder Richard, der Subprior, saß am oberen Ende der Tafel.
Prior Robert speiste in der Wohnung des Abts, die er bereits als sein Eigenheim betrachtete. Das Rebhuhn schmeckte ausgezeichnet.
Sie erhoben sich gerade von der Tafel, um ihr Gebet nach Tisch zu sprechen, als die Tür aufflog und beinahe gegen Bruder Richards Kopf stieß. Ein Laienbruder aus dem Pförtnerhaus stürmte herein und rief keuchend nach Bruder Edmund. Er war so schnell gelaufen, daß ihm die Luft wegblieb.
»Master Bonel!« stieß er mühsam hervor. »Das Mädchen - kam zu uns - um Hilfe zu holen ...« Dann holte er tief Atem und fuhr in etwas ruhigerem Ton fort. »Er ist schwerkrank - und sie meinte, er würde dem Tod ins Auge schauen. Die Mistreß läßt bitten, daß sofort jemand kommen möge ...«
Bruder Edmund packte ihn am Arm. »Was hat er denn?
Einen Schlaganfall? Einen Krampf?«
»Nein, das glaube ich nicht. Das Mädchen erzählte, er hätte zu Mittag gegessen und sich sichtlich wohl gefühlt. Eine Viertelstunde später hatte er ein seltsames Jucken im Mund und in der Kehle verspürt. Er wollte sic h übergeben, doch das konnte er nicht, und seine Lippen und sein Hals wurden ganz steif ... Das hat uns die Dienstmagd erzählt.«
Sie muß eine gute Beobachterin sein, dachte Cadfael, der bereits durch die offene Tür eilte. »Geh mit dem Mädchen voraus!« rief er Edmund zu. »Ich hole ein paar Arzneien, dann komme ich euch nach!« Er rannte über den Hof, gefolgt von dem Krankenpfleger und dem
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