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Das Mönchskraut

Das Mönchskraut

Titel: Das Mönchskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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zu schlucken, wie steife Stränge zeichneten sie sich unter der Haut ab. Das Ende kam abrupt, ohne ein letztes Aufbäumen, nur die Atmung und der Pulsschlag erstarben.
    Bruder Cadfael legte den Löffel in die kleine Milchschüssel und setzte sich auf seine Fersen. Er blickte in die erschrockenen, verwirrten Gesichter ringsum, sah sie zum erstenmal klar und deutlich. In Meurigs Händen bebte das Gefäß mit dem widerwärtigen Inhalt. Aelfric starrte bleich und grimmig über Bruder Edmunds Schulter hinweg auf das Bett.
    Und das Mädchen ... Bruder Mark hatte nicht übertrieben. Sie war bildhübsch mit ihrem hellen Haar und den dunklen Augen.
    Wie gelähmt stand sie da - zu entsetzt, um Tränen zu vergießen - und preßte ihre kleinen Fäuste an die Lippen. Und Mistreß Bonel, die Witwe, die einmal Richildis Vaugham geheißen hatte, schaute mit versteinerter Miene und großen Augen, die sich langsam mit Tränen füllten, auf die sterblichen Überreste ihres Gemahls.
    »Wir können nichts mehr für ihn tun«, sagte Bruder Cadfael.
    »Er ist von uns gegangen.«
    Sie bewegten sich ein wenig, schienen zu frösteln, als hätte sie ein plötzlicher Windstoß gestreift. Nun liefen Tränen über das reglose Gesicht der Witwe. Offenbar war sie immer noch zu verstört, um zu begreifen, warum sie weinte. Sanft berührte Bruder Edmund ihren Arm. »Du wirst Hilfe brauchen. Es tut mir so leid - uns allen ... Die Pflichten, die wir dir abnehmen können, erfüllen wir gern. Wir werden ihn in unserer Kapelle aufbahren, bis alles geregelt ist. Ich will anordnen ...«
    »Nein.« Cadfael stand steifbeinig auf. »Vorerst darf nichts dergleichen geschehen. Das ist kein gewöhnlicher Todesfall. Er ist vergiftet worden - und er hat das Gift mit seiner letzten Mahlzeit zu sich genommen. Der Landrat muß sich um die Sache kümmern. Wir dürfen hier nichts anrühren, bevor seine Beamten alles untersucht haben.«
    Nach einem langen, drückenden Schweigen fragte Aelfric heiser: »Aber - wie kann das sein? Das ist unmöglich! Wir haben alle das gleiche gegessen. Wären die Speisen vergiftet gewesen, hätten wir alle dasselbe Schicksal erlitten wie Master Bonel.«
    »Das stimmt«, bestätigte die unglückliche Witwe und schluchzte laut auf.
    »Nur das Gericht in der kleinen Schüssel hat er allein gegessen«, warf die Magd mit leiser, verängstigter Stimme ein und errötete heftig, nachdem sie die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Trotzdem fuhr sie entschlossen fort: »Die Speise, die ihm der Prior geschickt hat.«
    »Aber das war eine Portion vom Mittagessen des Priors!« rief Aelfric entgeistert. »Bruder Petrus erzählte mir, Prior Robert hätte ihm befohlen, meinem Master eine Schüssel zu schicken, mit den besten Empfehlungen - um seinen Appetit anzuregen.«
    Bruder Edmund warf Cadfael einen bestürzten Blick zu und las seine eigenen Befürchtungen in den Augen des heilkundigen Mönches. »Ich werde sofort zum Prior gehen!« sagte er hastig. »Möge der Himmel verhüten, daß ihm etwas zugestoßen ist! Ich werde auch den Landrat verständigen, oder Prior Robert kann es selbst tun - was Gott uns gewähren möge.
    Bruder, bleib hier, bis ich zurückkomme, und sorge dafür, daß nichts angerührt wird!«
    »Darauf kannst du dich verlassen«, versicherte Cadfael mit finsterer Miene.
    Sobald das eilige Klappern von Bruder Edmunds Sandalen auf der Straße verklungen war, führte Cadfael seine halb benommenen Gefährten aus der unheimlichen Atmosphäre des Schlafzimmers, aus der grausigen Luft, die nach Erbrochenem, nach Schweiß und der Fäulnis des Todes stank. Und noch etwas lag in der Luft - etwas, das sich schwach, aber beharrlich gegen das Gemisch der starken Gerüche zu behaupten suchte.
    Cadfael glaubte, dieses Etwas bestimmen zu können - wenn er eine Möglichkeit fände, ungestört nachzudenken.
    »Es läßt sich nicht ändern«, sagte er voller Mitgefühl, nachdem er die anderen in den Wohnraum geleitet hatte.
    »Ohne die Erlaubnis der Behörden dürfen wir nichts tun, bevor dieser Todesfall geklärt ist. Aber wir brauchen nicht hier herumzustehen und uns noch unglücklicher zu machen.
    Kommt, setzt euch! Wenn Wein oder Bier in diesem Krug ist, dann gieß deiner Herrin etwas zu trinken ein, mein Kind, und nimm dir auch einen Becher. Versucht euch zu trösten, so gut es geht. Die Abtei hat euch aufgenommen und wird euch nach besten Kräften helfen.«
    In bedrücktem Schweigen nahmen sie auf den Bänken Platz.
    Nach einer Weile

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