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Das Mönchskraut

Das Mönchskraut

Titel: Das Mönchskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Familienmitglieder sein, die eisern zusammenhielten und fest entschlossen waren, ihren unglücklichen jungen Verwandten zu verteidigen. »Aber was dich angeht, Edwin - da liegen die Dinge etwas anders.«
    »Du willst ihn doch nicht dem Landrat übergeben?« platzte Edwy mit vollem Mund heraus.
    »Natürlich nicht.« Cadfael hätte den Jungen überredet, sich freiwillig der Behörde zu stellen und sich auf seine Unschuld sowie die Unfehlbarkeit des Gesetzes zu verlassen. Doch er zweifelte an dieser Unfehlbarkeit. Das Gesetz brauchte einen Schuldigen, der Wachtmeister war überzeugt, daß er den wahren Täter verfolgte, und würde sich weigern, nach anderen Verdächtigen zu suchen, Cadfaels Beweise würden ihm nicht genügen, und er würde ihn verächtlich als alten Narren abtun, der einem gerissenen jungen Lügner viel zu bereitwillig glaubte.
    »Ich kann nicht nach Hause gehen«, sagte Edwin, wobei seine ernsthafte Miene weder von der prallvollen Backe beeinträchtigt wurde, in der ein großes Apfelstück steckte, noch von dem Grasfleck auf der anderen. »Und ich kann auch nicht zu meiner Mutter gehen. Ich würde sie nur in Schwierigkeiten bringen.«
    »Heute nacht bleibt ihr beide erst mal hier«, bestimmte Cadfael. »Paßt auf, daß die Kohlenpfanne nicht erlischt, dann habt ihr's schön warm. Hier unter der Bank findet ihr saubere Säcke, da drin könnt ihr euch einwickeln. Aber am Morgen müßt ihr verschwinden, weil tagsüber öfters Leute in den Schuppen kommen. Edwy soll nach Hause laufen, und Edwin ... Nun, wir wollen hoffen, daß du dich nur für ein paar Tage zu verstecken brauchst. In der Abtei wird man kaum nach dir suchen.« Angestrengt überlegte Cadfael. Die Dachböden über den Ställen waren warm vom Heu und den Körpern der Pferde, die darunter standen. Aber dort gingen zu viele Menschen ein und aus, und gerade jetzt, vor Weihnachten, waren viele Reisende unterwegs, deren Diener auf den Heuböden übernachteten. Doch außerhalb der Enklave, am Rand des Platzes, auf dem die Pferdemärkte und der Sommerjahrmarkt des Klosters abgehalten wurden, gab es einen Stall, wo man die Pferde vor dem Verkauf unterbrachte. Und auf dem Heuboden lag reichlich Futter. Der Stall gehörte dem Kloster, stand aber reisenden Kaufleuten offen. Um diese Jahreszeit würden sich keine Besucher dort einfinden, und der Dachboden, mit Heu und Stroh gefüllt, bot für ein paar Nächte eine bequeme Schlafstelle. Außerdem - falls Edwin eine unerwartete Gefahr drohen sollte, würde er aus dem Stall leichter fliehen können als aus den Klostermauern. Wenn Gott auch verhüten möge, daß das geschieht, dachte Cadfael.
    »Ja, ich kenne ein gutes Versteck. Morgen früh bringe ich dich hin. Wir werden genug Essen und Bier mitnehmen, so daß du für einen Tag versorgt bist. Deine Geduld wird auf eine harte Probe gestellt werden. Du darfst dich nicht vom Fleck rühren.
    Aber das mußt du wohl oder übel ertragen.«
    »Ich ertrage alles - wenn ich bloß dem Landrat nicht in die Hände falle«, entgegnete Edwin, »und ich bin dir sehr dankbar.
    Und wie soll es weitergehen? Ich kann mich doch nicht bis in alle Ewigkeit verstecken.«
    »Nein - nur bis zu dem Augenblick, wo der Mörder entlarvt wird. Da du nicht in der Lage bist, selbst nach ihm zu fahnden, mußt du das mir überlassen. Was in meiner Macht steht, werde ich tun, denn meine Ehre steht ebenso auf dem Spiel wie deine.
    Nun werde ich zur Mitternachtsmesse gehen. Morgen früh, vor der Prim, komme ich zurück und bringe euch hinaus.«
    Bruder Mark hatte Wort gehalten. Die Kutte lag zusammengerollt unter Bruder Cadfaels Bett. Er trug sie unter seiner eigenen, als er den Schlafsaal eine Stunde vor dem Primläuten verließ. Im Winter graute der Morgen spät, und in der Nacht war der Himmel bewölkt gewesen. Dichtes Dunkel hüllte Cadfael ein, als er den Hof durchquerte und zum Garten eilte, keine Menschenseele ließ sich blicken. Die Stunde war günstig, Edwy würde unbemerkt fliehen können, auf demselben Weg, wie er gekommen war - durch die öffentliche Kirchentür.
    Dann würde er über die Brücke nach Shrewsbury laufen, sobald die Stadttore aufschwangen. Zweifellos kannte er seine Heimatstadt gut genug, um auf Nebenstraßen nach Hause zu eilen, ohne sich von wachsamen Beamten erwischen zu lassen - selbst wenn sie Bellecotes Werkstatt im Auge behielten.
    Und Edwin mimte einen jungen Novizen in schwarzer Kutte, die Kapuze in die Stirn gezogen. Cadfael fühlte sich an Bruder Cadfael

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