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Das Mönchskraut

Das Mönchskraut

Titel: Das Mönchskraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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und der andere mein Enkel. Es war das erste und einzige Mal, daß er an der Richtigkeit seiner Berufswahl zweifelte und sie sogar bereute. Die Reue war nicht von langer Dauer. Doch er fragte sich, ob er irgendwo in der Welt mit Arianna oder Bianca oder Mariam (oder gab es noch andere, die er ebenso geliebt hatte und die seinem Gedächtnis entschwunden waren?) einen Nachkommen gezeugt hatte, der zu einem ebenso prächtigen Burschen herangewachsen war wie Richildis' Sohn.

5. Kapitel
    Er mußte den Mörder finden, sonst konnte der Junge nicht aus seinem Versteck auftauchen und sein unterbrochenes Leben weiterführen. Das bedeutete, daß er den Weg des unheilvollen Rebhuhns aus der Küche des Abtes bis zu Gervase Bonels Magen verfolgen mußte. Wer konnte das Gift hinzugefügt haben? Da Prior Robert seine Portion mit gutem Appetit und ohne böse Nachwirkungen verspeist hatte, war sie ihm offenbar in guter Absicht und in makellosem Zustand serviert worden. Und das rohe Huhn, das er dem Koch hatte bringen lassen, war sicher ebenso einwandfrei gewesen.
    Kurz vor dem Hochamt ging Cadfael zur Küche des Abtes.
    Er gehörte zu den wenigen Leuten in diesen Mauern, die sich nicht vor Bruder Petrus fürchteten. Fanatiker wirkten immer beängstigend, und Bruder Petrus war ein Fanatiker, wenn auch nicht im Zusammenhang mit seiner Religion oder seiner Mönchswürde, die er als selbstverständlich betrachtete - sondern in allem, was mit seiner Kochkunst zu tun hatte. Das Feuer seiner Begeisterung schien seinem schwarzen Haar und seinen schwarzen Augen einen rötlichen Glanz zu verleihen.
    Sein nordisches Blut kochte ebenso leicht über, wie seine Kessel. Sein Barbarentemperament war so hitzig wie sein Herd.
    Und er verabscheute Prior Robert ebenso emphatisch, wie er Abt Heribert liebte.
    Cadfael betrat die Küche, wo Petrus gerade das Schlachtfeld dieses Tages betrachtete, seine Armee von Pfannen, Töpfen, Bratspießen und Tellern, und das mit geringerer Befriedigung als sonst, weil es Robert war und nicht Heribert, der das Ergebnis seiner Bemühungen genießen würde. Doch das beeinträchtigte sein Streben nach Vollkommenheit keineswegs.
    »Dieses Rebhuhn!« sagte er mit düsterer Miene, nachdem Cadfael nach den Ereignissen des vergangenen Tages gefragt hatte. »Der schönste Vogel, den ich jemals sah - nicht der größte, aber der fetteste. Hätte ich ihn für meinen Abt zubereiten dürfen, wäre ein Meisterwerk daraus geworden. Ja, dieser Prior kam zu mir und trug mir auf, dem Gast am Mühlenteich eine Portion zu schicken - nur eine! Das tat ich auch. Es war das beste Stück Fleisch, und ich richtete es in einer Schüssel des Abtes an. ›Meine Schüsseln‹, sagte Robert.
    Ob sich sonst noch jemand an dem Huhn zu schaffen machte - hier in der Küche? Glaub mir, Cadfael, meine beiden Gehilfen kennen mich. Sie tun nur, was ich ihnen befehle, und sonst halten sie sich aus allem raus. Robert? Der rauschte herein, schnüffelte an der Pfanne und verschwand wieder, bevor ich die Schüssel für Master Bonel füllte. Nein, da kannst du ganz sicher sein - niemand außer mir hat das Rebhuhn angerührt, bis es die Küche verlassen hat. Das war kurz vor Mittag. Da erschien dieser Diener mit seinem Tablett. Aelfric heißt er, nicht wahr?«
    »Was hältst du von Aelfric?« erkundigte sich Cadfael. »Du siehst ihn doch jeden Tag.«
    »Ein mürrischer, wortkarger Bursche«, erwiderte Petrus ohne jede Feindseligkeit. »Aber pünktlich und gewissenhaft.«
    Das hatte auch Richildis erwähnt und gemeint, er hätte seinen Arbeitseifer übertrieben, um seinen Herrn zu ärgern.
    »Ich sah ihn gestern mit dem Tablett durch den Hof gehen«, sagte Cadfael. »Die Schüsseln waren zugedeckt, und er hat nur zwei Hände ... Jedenfalls ist er auf dieser Seite der Pforte nicht stehengeblieben, denn ich habe beobachtet, wie er hinauseilte ...« Sobald Aelfric die Pforte passiert hatte, war er an einer Bank vorbeigekommen, die in einer Mauernische stand. Dort hätte er das Tablett für einen Augenblick abstellen und so tun können, als wollte er die Griffe fester umklammern. Und Aelfric kannte den Weg zum Gartenschuppen, hatte die Flasche mit dem Eisenhutöl gesehen. Und er war aus zwei Gründen verbittert - ein Mann, dem man alles zutraute, weil er so wenig über sich selbst verriet.
    »Dann ist es also erwiesen, daß dem Rebhuhn innerhalb dieser Mauern nichts beigemischt wurde«, bemerkte Cadfael.
    »Nur guter Wein und Gewürze - und ich bedaure zutiefst, daß

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