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Das Mörderschiff

Das Mörderschiff

Titel: Das Mörderschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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gemütlichen Ausruhen ein. Ein loderndes, wenn auch völlig überflüssiges Feuer brannte im Kamin. Skouras war der lächelnde, heitere Gastgeber dieses Treibens. Niemals waren die Gläser leer – der Druck auf eine unhörbare Klingel rief einen Steward in makellosem Weiß herbei, der schweigend die Gläser wieder füllte und sich ebenfalls schweigend wieder entfernte. Es war alles so gemütlich, so luxuriös, so freundlich und friedlich. Bis man diesem Filmstreifen den Tonstreifen beifügte, und das war genau der Moment, wo man lieber in der Kombüse gewesen wäre.
    Skouras hatte innerhalb der fünfundvierzig Minuten, die wir da waren, sein Glas bereits zum viertenmal gefüllt und lächelte seiner Frau zu, die in einem Sessel auf der anderen Seite des Kamins saß. Er hob sein Glas und brachte einen Trinkspruch aus: »Auf dein Wohl, meine Liebe. Für die Geduld, mit der du uns alle hier erträgst. Es ist eine langweilige Reise für dich. Äußerst langweilig. Ich gratuliere dir.«
    Ich sah Charlotte Skouras an. Jeder sah Charlotte Skouras an. Daran war nichts Besonderes, denn Millionen von Menschen hatten Charlotte Skouras in ihrem Leben gesehen, als sie noch die gesuchteste Schauspielerin in Europa war. Selbst in jenen Tagen war sie weder besonders jung oder schön gewesen. Das hatte sie auch gar nicht nötig, weil sie eine große Schauspielerin war und kein leerköpfiger, vollbusiger Filmstar. Jetzt war sie sogar noch etwas älter, sah nicht mehr so gut aus, und ihre Figur begann nachzulassen. Aber die Männer drehten sich noch immer nach ihr um. Sie war jetzt Ende dreißig, aber die Männer würden sie noch immer anstarren, selbst wenn sie in einem Rollstuhl säße. Sie hatte ein interessantes Gesicht. Ein Gesicht, dem man es ansah, daß es zum Leben und Lachen, zum Denken und Fühlen und Leiden gebraucht worden war, ein Gesicht mit braunen, müden, wissenden Augen, die tausend Jahre alt sein konnten. Ein Gesicht, in dessen kleinster Linie und Falte – und bei Gott, von beiden gab es viele – mehr Qualität und Charakter war als in einem ganzen Bataillon kurzhaariger Mädchen der heutigen Gesellschaft, damit meine ich jene in den Illustrierten, jene, die einen Woche für Woche mit ihren glatten, schönen Gesichtern und mit ihren herrlichen, leeren Augen anstarrten. Würde man diese zusammen mit Charlotte Skouras in einem Raum versammeln, niemand würde sie überhaupt beachten. In Massen produzierte Kopien auf Schokoladenschachteln bedeuteten keinerlei Konkurrenz für das Ölgemälde eines großen Meisters im Original.
    »Das ist sehr nett von dir, Anthony.« Charlotte Skouras hatte eine tiefe Stimme, mit einem ganz leichten ausländischen Akzent, und gerade in diesem Augenblick ging ein müde angestrengtes Lächeln über ihr Gesicht, das gut zu den dunklen Ringen unter ihren braunen Augen paßte. »Aber ich langweile mich niemals. Ehrlich. Das weißt du doch.«
    »Mit diesem Haufen hier?« Skouras' Lächeln war so breit wie immer. »Eine Versammlung der Direktoren der Skouras-Unternehmungen in den westlichen Inseln, statt einer Zusammenkunft deiner feinen adligen Freunde bei einer Kreuzfahrt durch die Levante? Dollmann hier zum Beispiel.« Er nickte dem Mann neben sich zu. Ein großer, dünner, bebrillter Mann, dessen dünnes Haar schütter wurde und der so aussah, als ob er eine frische Rasur nötig hätte, was aber nicht stimmte. John Dollmann war der Generaldirektor der Skouras-Reederei. »Was, John? Wie würden Sie sich einschätzen als Stellvertreter des jungen Grafen Horley? Ich meine den mit Sägespänen im Gehirn und mit fünfzehn Millionen Pfund auf der Bank.«
    »Ich fürchte, da würde ich schlecht abschneiden, Sir Anthony.« Dollmann war genauso formgewandt wie Skouras. Und war sich offensichtlich vollkommen unbewußt, daß die Atmosphäre im allgemeinen etwas eigenartig war. »Sehr schlecht sogar. Ich habe eine ganze Menge mehr Verstand, sehr viel weniger Geld und durchaus nicht das Bedürfnis, ein fröhlicher und witziger Unterhalter zu sein.«
    »Der junge Horley war wirklich die Seele jeder Party, nicht wahr? Besonders wenn ich nicht dabei war«, fügte Skouras nachdenklich hinzu. Dann sah er mich an. »Kennen Sie ihn, Mr. Petersen?«
    »Ich habe von ihm gehört. Ich bewege mich nicht in diesen Kreisen, Sir Anthony.« Formvollendet wie die anderen war ich.
    »Hm.« Skouras sah fragend auf die beiden Männer, die in meiner Nähe saßen. Der eine hörte auf den guten alten angelsächsischen

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