Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Möwennest (Het Meeuwennest) (German Edition)

Das Möwennest (Het Meeuwennest) (German Edition)

Titel: Das Möwennest (Het Meeuwennest) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
Vom Netzwerk:
Harry nach vorn und fing sie auf.
    „Wenn wir Krach machen, wird dieser Jemand mit Sicherheit gleich wissen, dass wir hier sind“, zischte Harry. Die Sache wurde ihm mit jeder Sekunde unheimlicher. Sem hielt davon offensichtlich nichts. „Und wenn schon“, sagte er, ging an der Wand entlang und räumte mit einer Handbewegung die Konserven ab. Sie fielen scheppernd zu Boden. Einige Einmachgläser zerplatzten laut klirrend.
    „Au! Verdammte Scheiße!“ Sem zuckte zurück, betrachtete seine Hand und sog kurz an seinem kleinen Finger.
    „Was?“
    „Hab mir ‘nen Splitter in den Finger gerammt.“
    Harry schüttelte den Kopf. Er hatte diesen Kerl noch immer nicht richtig durchschaut. Für Sem schien dies alles eine Sache in zwei Extremen zu sein. Einerseits ein tödliches Spiel und andererseits genauso tödlicher Ernst.
    „So, und wie geht‘s jetzt weiter?“
    Sem schaute auf die Uhr am Handgelenk.
     
    ***

Kapitel 3
     
     
    00:05 Het Meeuwennest
    „Wir haben kurz nach Mitternacht. Wie viel Zeit bleibt uns, bis wir zurück müssen?“
    „Wenn der Sturm so heftig bleibt, etwa zwei Stunden. Wenn es schlimmer wird, etwas länger. Sonst weniger“, antwortete Harry. „Auf keinen Fall mehr als drei Stunden. Wenn wir länger bleiben, kommen wir bis zur nächsten einsetzenden Flut nicht mehr von hier weg.“
    „Dann machen wir uns lieber auf die Suche. Steh auf!“
    Harry weigerte sich den barschen Befehl zu befolgen. Sein Körper war erschöpft und schmerzte. Außerdem hatte er es satt herumkommandiert zu werden wie ein Leibeigener.
    Ein bisschen muss sich dieser hitzköpfige Mister Astral auch nach mir richten.
    Harry war keine zwanzig mehr, auch wenn das bei seiner von jeher schlechten körperlichen Konstitution kaum einen Unterschied gemacht hätte.
    „Lass mich noch ‘nen Moment sitzen. Ich kann gerade nicht weiter“, bat er, doch das war schon zu viel.
    „Und wie du kannst“, knurrte Sem, riss die Pistole aus dem Gürtel und feuerte. Die Kugel schlug kurz vor Harrys Füßen ein und drang tief in das Holz der Falltür.
    „Wir haben keine Zeit! Also, schwing deinen dicken Hintern in die Vertikale und sag mir, wo wir lang müssen! Ich warne dich, der nächste Schuss sitzt.“
     
    ***
     
    Trotz aller Mahnungen dauerte es einen Augenblick, ehe Harry seinen Körper aufraffen konnte. Er hantierte kurz an der Taschenlampe herum, die ausgegangen war als er damit den Vogel niedergestreckt hatte, und bekam sie wieder zum Leuchten. Auch Sem griff jetzt zur Taschenlampe. Die zwei Lichtkegel flogen asynchron an den Wänden entlang. Erneut mit dem Rucksack bepackt, trat Harry zur Holztür und langte nach dem Türgriff. Er hasste es vorzugehen, aber Sem ging kein Risiko ein und würde ihm nicht so schnell den Rücken zudrehen. So wahnsinnig er auch sein mochte, so gerissen war er auch.
    Aus der Speisekammer gelangten sie direkt in die Küche. Es war ein großer Raum und ihre Taschenlampen vermochten ihn nicht völlig auszuleuchten. Das Bisschen, das sie zu sehen im Stande waren, ließ das ganze Chaos jedoch erahnen. Kreuz und quer herumliegende Töpfe und Pfannen, zerbrochenes Geschirr auf dem Boden. Die gefliesten Wände hatten faustgroße Löcher, außerdem schien das Dach an unzähligen Stellen undicht zu sein. Von der Decke zog sich eine einzige, große Schimmelkolonie bis in die dunklen Ecken des Raums. Ein modrig feuchter Gestank wehte ihnen um die Nase. Vorsichtig setzten sie einen Schritt vor den anderen, was auf dem durchweichten Fußboden jedesmal dumpfe Schmatzgeräusche verursachte. Auf der Anrichte in der Mitte waren Messer aller Größen und Formen tief in die Arbeitsplatte gebohrt worden. An den meisten klebte eine undefinierbare dunkle Masse.
    Harry erschauderte. Er wollte sich nicht vorstellen, um was es sich dabei handelte. Hier drinnen hörte man auch den Sturm wieder deutlicher und das Rauschen der tobenden Wellen, dazwischen dröhnte immer wieder das Murmeln des Gebäudes. Vögel oder anderes Getier schienen sich in der Küche nicht aufzuhalten, aber das war die einzige gute Nachricht. Langsam schob Sem Harry vorwärts. Sie umrundeten die Anrichte und fanden dort die überraschend banale, dafür umso grausamere Antwort auf die undefinierbare Verfärbung der Messer. Harry zuckte zurück. In der Nähe der Tür lagen dutzende tote Vögel in einem seltsamen Kreis angeordnet. Einigen fehlte der Kopf, anderen ein Flügel oder eine Bein. Ihr Blut hatte sich in der Mitte des Kreises als Lache

Weitere Kostenlose Bücher