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Das Möwennest (Het Meeuwennest) (German Edition)

Das Möwennest (Het Meeuwennest) (German Edition)

Titel: Das Möwennest (Het Meeuwennest) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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Augenblick glaubte er das Bewusstsein zu verlieren.
    Danach benötigte er einige Minuten, um seinen Kreislauf wieder in den Griff zu bekommen. Sein Fuß bereitete ihm fürchterlich pochende Qualen. 
    Auch beim zweiten Mal hielt er sich nicht wesentlich länger auf den Beinen, obwohl er sich mit aller Mühe am Türpfosten festhielt. Der Schweiß trat ihm auf die Stirn und sein Atem ging schon wieder flach und schnell.
    Harry war einfach kein Kämpfer. Er war nie einer gewesen. Genau deshalb hatte ihn Petr Stojic runter nach Schouwen-Duiveland geschickt, genau deswegen hatte seine Frau ihn mit dem gemeinsamen Kind verlassen. Weil er kein Kämpfer war, war er sein ganzes bisheriges Leben ein Spielball gewesen, ein Blatt im Wind ohne eigenen Antrieb.
    Was also willst du jetzt tun, Harry? Warten bis es vorbei ist? ,fragte sein inneres Ich voller Spott.
    Nein.
    Na, als ob. Du hast noch nie etwas zu Stande gebracht. Du bist ein unbedeutender Versager. Bleib lieber hier, warte einfach auf das Ende, riet die innere Stimme weiter, aber sein Bewusstsein widersprach.
    Nein! Nein, diesmal nicht!
    „Ich warte nicht hier auf den Tod. Dafür habe ich nicht zehn Jahre lang dieses verdammte Drecksnest beschattet“, fauchte er in den Raum. Das Gebäude antwortete mit zerberstenden Planken irgendwo in einem Nebenraum.
    Ein kleiner Funke Willenskraft flammte in ihm auf und ließ ihn noch einmal den Mut zusammennehmen.
    Mit zusammengepressten Lippen bugsierte er sich auf die Knie. Dort verharrte er für Sekunden zum Durchatmen, bevor er das unverletzte Bein auf den Boden stellte. Mit beiden Händen langte er nach dem nahen Türpfosten und zog sich daran hinauf. Sein Oberschenkel begann sofort zu brennen. Durch die vorangegangenen Strapazen waren die untrainierten Muskelbündel bereits auf eine harte Probe gestellt worden. Diese ständigen Belastungen waren sie einfach nicht gewohnt und das machten sie ihrem Besitzer jetzt sehr deutlich spürbar. Sein Bein begann zu zittern. Harry wusste nicht, ob er durchhalten würde, bis er das verletzte Bein in Position gebracht hatte. Es fehlten noch ein paar Zentimeter, damit er es strecken konnte.
    Ein heißes Stechen trat mitten in seinen Oberschenkel. Erst nur leicht, dann jedoch immer schlimmer. Das Bein gab deutlich nach, bevor das andere richtig auf dem Boden stand. Harry drohte erneut umzufallen und er war sich darüber im Klaren, dass er für einen weiteren Versuch kaum noch Kraft haben würde. Seine Finger klammerten sich an den Balken, konnten sein niederdrückendes Körpergewicht jedoch nicht auffangen. Langsam glitten die Hände am rauen Holz nach unten. Zentimeter für Zentimeter. Mehrere Holzsplitter bohrten sich in seine Handflächen. Er spürte es kaum, denn die Anstrengung und das Glühen in den nachgebenden Beinen überdeckte alles in seiner Wahrnehmung. Er pustete die wenige Luft, die er zu atmen noch im Stande war, durch die zusammengepressten Lippen. Sein ganzer Körper schrie vor Anstrengung und doch schien das nicht zu reichen. Er war an dem Punkt angelangt, an dem er glaubte, den Kampf verloren zu haben.
    Bist halt doch ein Versager .
    Resignierend kniff er beide Augen zu, dann jedoch drangen wieder diese allzu bekannten Geräusche an sein Ohr.
    Zuerst war es nur ein einzelnes Krächzen und Flattern irgendwo hinter ihm in der Dunkelheit, dann jedoch wurde es zu einem mehrstimmigen Krächzen, Scharren und unruhigem Flattern. Wieder und wieder...
    Krächzen, Scharren, unruhiges Flattern.
    Die Geräusche kamen näher. In unheimlich kurzer Zeit waren sie direkt hinter ihm …
    Harry riss die Augen wieder auf. Sie waren wieder da. Keiner wusste, wie sie herein gekommen waren. Welche Öffnung sie gefunden hatten. Klar war nur: Der Tod stand hinter ihm und das in mehr als einer Gestalt. Jetzt würde er nicht einmal mehr darauf warten müssen.
    Die schwarzen Möwen, sie sind hier!
    Krächzen, Flattern, Hacken, Scharren . Näher als davor das Mal. Es waren viele Tiere, sehr viele. Die Rechnung war fürchterlich banal und einfach. Wenn er umfiel war er unweigerlich verloren. Wenn er aber beide Beine fest auf den Boden bekam, hatte er eine Chance.
    Versager!
    In einem letzten Anflug von Überlebenswillen presste er das nachgebende Bein durch, riss sich an dem Balken nach oben und setzte den verletzten Fuß auf die Dielen. Er ignorierte die Übelkeit und die Schwärze, die in sein Blickfeld drang, zwang sich den Schmerz auszuhalten und humpelte einen Schritt vorwärts. Er belastete das

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