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Das mohnrote Meer - Roman

Das mohnrote Meer - Roman

Titel: Das mohnrote Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amitav Ghosh
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nahm. »Na, haben Sie immer noch nicht genug, Reid? Oder wollen Sie sich’s doch anders überlegen? Noch ist Zeit kehrtzumachen und an Land zu gehen.«
    Zachary schaute an seinen triefenden Kleidern hinab. »Sehen Sie mich an, Mr. Crowle«, sagte er. »Hier bin ich. Und ich gehe nirgendwohin. Ich bleibe auf der Ibis .«

DRITTER TEIL
Meer

SECHZEHNTES KAPITEL
    A m nächsten Morgen ging Diti ans Ufer, und so kam es, dass sie als eine der Ersten die Ruderboote erblickte, die an der Anlegestelle des Lagers vertäut lagen. Der Schrei, den sie ausstieß, konnte einem das Blut in den Adern gefrieren lassen, und bis sein Echo verklungen war, waren alle auf den Beinen. Zu zweit und zu dritt kamen sie aus den Hütten hervor, um sich davon zu überzeugen, dass die Boote tatsächlich da waren und der Tag des Abschieds vom Lager gekommen war. Nachdem nun kein Zweifel mehr möglich war, brach ein Aufruhr aus, alle liefen durcheinander, packten ihre Habseligkeiten zusammen, nahmen ihre Wäsche von der Leine und machten sich auf die Suche nach ihren Krügen, lotās und anderen notwendigen Utensilien. Die lange geplanten Aufbruchsrituale waren vergessen, aber seltsamerweise wurde die plötzliche Betriebsamkeit selbst zu einer Art Andacht, nicht so sehr, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen – die Bündel und bojhās waren so klein und so viele Male immer wieder neu gepackt worden, dass nicht mehr viel daran zu tun war –, sondern vielmehr als Ausdruck der Ehrfurcht, wie man sie bei einer göttlichen Offenbarung empfinden mag. Denn wenn ein so gefürchteter und so lange erwarteter Moment gekommen ist, durchlöchert er den Schleier der täglichen Erwartung und gibt den Blick auf das gewaltige Dunkel des Unbekannten frei.
    Nach wenigen Minuten gingen die Mistris von Hütte zu
Hütte, schwangen ihre lāthis , scheuchten alle auf, die sich ängstlich in die Ecken gedrückt hatten, und trieben die Grüppchen tuschelnder Männer, die Wege und Türen versperrten, auseinander. In der Hütte der Frauen hatte die bevorstehende Abreise eine solche Hektik ausgelöst, dass Diti ihre eigenen Ängste beiseiteschieben musste, um die Räumung in geordnete Bahnen zu lenken. Ratna und Champa konnten sich nur noch aneinanderklammern, Hiru wälzte sich auf dem Boden, Sarju, die Hebamme, hatte das Gesicht in ihren kostbaren Bündeln und bojhās vergraben, Munia konnte an nichts anderes denken, als sich Quasten ins Haar zu flechten. Zum Glück war Ditis eigenes Bündel fertig gepackt, sodass sie sich ganz der Aufgabe widmen konnte, unter den anderen für Ordnung zu sorgen, wenn nötig mit Stupsen, Klapsen und Geschrei. Und so wirkungsvoll entledigte sie sich dieser Aufgabe, dass in dem Moment, als Kalua in der Tür erschien, auch die letzten Besitztümer, der kleinste Topf und das dünnste Stofffetzchen untergebracht waren.
    An der Tür stapelte sich das Gepäck. Diti nahm ihre Sachen und führte die Frauen, die sich sorgsam ihre Saris über Kopf und Gesicht gezogen hatten, aus der Hütte ins Freie. Kalua bahnte ihnen einen Weg zwischen den noch immer durcheinanderwimmelnden Männern hindurch, und sie hielten sich dicht hinter seiner riesenhaften Gestalt. Als sie sich der Anlegestelle näherten, erblickte Diti in einem der Boote Babu Nob Kissin. Sein Haar fiel ihm in glänzenden Locken auf die Schultern, und er begrüßte die Frauen fast wie eine ältere Schwester. Den Mistris befahl er, sie als Erste durchzulassen.
    Nachdem Diti die schwankende Planke überquert hatte, zeigte der Gumashta auf den für die Frauen abgetrennten hinteren Teil des Bootes. Unter dem Strohdach saß schon jemand,
aber Diti bemerkte es nicht; sie hatte nur Augen für den wimpelbekrönten Tempel am Rand des Lagers, und sie empfand Gewissensbisse wegen der unterbliebenen Andachten. Konnte eine Reise, die man ohne vorherige pūjā antrat, ein gutes Ende nehmen? Sie legte die Hände aneinander, schloss die Augen und versenkte sich ins Gebet.
    »Wir fahren!« Auf Munias schrillen Schrei folgte rasch das Echo einer anderen, unbekannten Stimme: »Ja, wir sind unterwegs!«
    Erst jetzt merkte Diti, dass eine Fremde unter ihnen war. Sie öffnete die Augen und sah, dass ihr gegenüber eine Frau in einem grünen Sari saß. Ditis Haut begann zu kribbeln, als hätte sie die Frau schon einmal gesehen, vielleicht in einem Traum. Neugierig zog sie sich ihren ghūnghat vom Kopf und zeigte ihr Gesicht. »Wir sind hier nur Frauen«, sagte sie. »Wir brauchen uns nicht zu verschleiern.
    Da schob

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