Das mohnrote Meer - Roman
hervorragend für seine Fracht eignet?«
»Meinen Sie damit Sklaven, Sir?«
Mr. Burnham zuckte zusammen. »Aber nein, Reid. Keine Sklaven – Kulis. Kennen Sie nicht das Sprichwort: Wenn Gott eine Tür schließt, öffnet er eine andere? Als die Türen der Freiheit sich für den Afrikaner schlossen, hat der Herr sie für einen Stamm geöffnet, der ihrer noch bedürftiger war – die Asiaten.«
Zachary biss sich auf die Unterlippe. Es stand ihm schließlich nicht zu, seinen Arbeitgeber nach seinen Geschäften zu befragen. Besser, er beschränkte sich auf praktische Fragen. »Werden Sie das Zwischendeck herrichten wollen, Sir?«
»Aber sicher«, sagte Mr. Burnham. »Ein Laderaum, der für den Transport von Sklaven gedacht war, wird auch zur Unterbringung von Kulis und Sträflingen taugen. Meinen Sie nicht? Wir bauen ein paar Latrinen und Pissoirs ein, damit sich die Nigger nicht ständig besudeln müssen. Das müsste den Inspektoren reichen.«
»Ja, Sir.«
Mr. Burnham fuhr sich mit einem Finger durch den Bart. »Ja, ich glaube, Mr. Chillingworth wird da voll und ganz zustimmen.«
»Mr. Chillingworth, Sir?«, fragte Zachary. »Soll er Kapitän auf der Ibis werden?«
»Ich sehe, Sie haben schon von ihm gehört.« Mr. Burnhams Miene verdüsterte sich. »Ja, es soll seine letzte Fahrt werden, Reid, und ich möchte, dass es eine angenehme wird. Er hat in letzter Zeit einige Schicksalsschläge hinnehmen müssen und ist nicht bei bester Gesundheit. Er bekommt Mr. Crowle als Ersten Steuermann – ein hervorragender Seemann, allerdings von etwas unausgeglichenem Temperament, wie ich zugeben muss. Ich wäre deshalb froh, einen handfesten, vernünftigen Mann als Zweiten an Bord zu haben. Wie wär’s, Reid? Hätten Sie Lust, wieder anzuheuern?«
Das deckte sich so weitgehend mit Zacharys Hoffnungen, dass sein Herz einen Satz machte. »Meinten Sie als Zweiter Steuermann, Sir?«
»Ja, natürlich«, erwiderte Mr. Burnham, und wie um die Sache abzumachen, fügte er hinzu: »Müsste eigentlich eine leichte Fahrt werden. Nach dem Monsun auslaufen und in sechs Wochen wieder zurück sein. Mein Subedar wird mit einem Trupp Wachen und Aufseher an Bord sein. Er hat da einschlägige Erfahrungen: Sie werden keinen Piep von den Thags hören – er weiß, wie man sie in Schach hält. Und wenn alles gut geht, müssten Sie rechtzeitig zurück sein, um bei unserem kleinen Betriebsausflug nach China mitzumachen.«
»Ich verstehe nicht, Sir.«
Mr. Burnham legte Zachary den Arm um die Schultern. »Ich sage Ihnen das im Vertrauen, Reid, also behalten Sie’s für sich. Man munkelt, dass London eine Kampagne gegen das Reich des Himmels vorbereitet. Ich hätte gern, dass die Ibis daran teilnimmt – und natürlich auch Sie. Was sagen Sie, Reid? Trauen Sie sich das zu?«
»Sie können auf mich zählen, Sir«, sagte Zachary voller Begeisterung. »Ich werde Sie nicht enttäuschen.«
»Guter Mann!« Burnham klopfte ihm auf den Rücken. »Und die Ibis? Meinen Sie, sie könnte sich in einem Scharmützel nützlich machen? Wie viele Kanonen sind an Bord?«
»Sechs Neunpfünder, Sir. Aber wir könnten noch eine größere Kanone auf einem Schwanenhals dazunehmen.«
»Vortrefflich! Sie haben die richtige Einstellung, Reid. Und um es gleich zu sagen: Ich könnte einen pakka jungen Mann wie Sie in meiner Firma gebrauchen. Wenn Sie sich bewähren, werden Sie früher oder später Ihr eigenes Kommando haben.«
Nil lag auf dem Rücken und sah dem Spiel der Lichtreflexe an der polierten Holzdecke der Kajüte zu: Die Läden vor dem Fenster filterten die Spiegelungen der Sonne in einer Weise, dass er sich fast vorstellen konnte, er befände sich unter der Oberfläche des Flusses, mit Elokeshi an seiner Seite. Als er sich zur Seite wandte, um sie zu betrachten, gewann die Illusion noch an Überzeugungskraft, denn ihr halb entkleideter Körper war in einen Glanz getaucht, der genau wie fließendes Wasser glitzerte und schimmerte.
Nil liebte diese Pausen der Stille in ihrem Liebesspiel, in denen sie schläfrig neben ihm lag. Selbst wenn sie sich nicht bewegte, schien sie in einer Tanzhaltung erstarrt: Ihre meisterliche Beherrschung der Bewegung war offenbar grenzenlos, sie zeigte sich gleichermaßen in Ruhe wie im Tanz, auf der Bühne wie im Bett. Als Tänzerin war sie berühmt für ihre Fähigkeit, noch die schnellsten Tablaspieler zu übertrumpfen; im Bett lösten ihre Improvisationen ähnliche Freuden und Überraschungen aus. Sie war so gelenkig, dass
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