Das Molekular-Café
Maschinensaal abschloß.
»Härter als Panzerstahl. Ein guter Schutz bei
Zwischenfällen, nicht?«
Rong nickte und schwieg, beeindruckt von den
Dimensionen und der Phantastik der Anlage.
Auf der anderen Seite gab es zahlreiche mit schwarzem
Leder beschlagene Türen. Latiani öffnete eine von ihnen. »Das ist Ihr Kabinett«, sagte er, während er ein
Pappschildchen mit der Abbildung einer Margerite an der Tür
befestigte. »Aus verschiedenen Gründen wünschen viele
unserer Mitarbeiter nicht, daß ihre Tätigkeit bei uns publik
wird, und wir sind auch gar nicht daran interessiert. Sie
können sich nach der Beschilderung orientieren. Hier ist der
Schlüssel. Das Betreten fremder Kabinette ist streng
verboten. Die Bibliothek liegt am Ende des Korridors. Also,
morgen um elf.«
Rong warf einen Blick durch die Tür. Seltsame Einrichtung.
Da sollte man wissenschaftlich arbeiten? Ein kleines Zimmer
mit rosa Tapeten. Die Lampe an der mit Drachen bemalten
Decke gab sparsames Licht. Kein Fenster. An der Wand eine
Liege mit einer Menge Kissen. Darüber eine rätselhafte Vorrichtung, die in der Form an einen Trog erinnerte. Ein niedriges Tischchen, darauf Flaschen mit bunten Etiketten und Schachteln mit irgendwelchen Medikamenten. Nicht mal
ein Schreibtisch.
Latiani bemerkte Rongs Befremden.
»Nicht wundern, verehrter Doktor. Daran haben Sie sich
bald gewöhnt. Das ergibt sich aus der Besonderheit unserer
Arbeit.«
Denken, denken, denken! Woran? Ganz egal, nur denken, dafür wirst du bezahlt. Stell Hypothesen auf, je kühner, desto besser. Na los, denke! Ein Schweinehund ist dieser Kirby! Wenn er es wagt, die Ergebnisse ohne die Kontrollversuchs reihe zu veröffentlichen…
Nein, nicht daran denken! Aber woran? Verdammt! Seit fünf Tagen erschien Rong regelmäßig zur Arbeit, und jeden Tag war es dasselbe.
Denke!
Ihm war, als würde es ihm selbst auf der Folter nicht gelingen, einen noch so winzigen Gedanken aus sich herauszuquetschen.
Denke!
Er machte eine wegwerfende Handbewegung, erhob sich von der Liege und ging in die Bibliothek.
Ein wahres Chaos herrschte in den Regalen. Bücher über Kernphysik, Biologie und Mathematik lagen zwischen Nachschlagewerken über Chiromantie, Beschreibungen telepathischer Versuche und Pergamentrollen, deren Sprache Rong nicht kannte. Auf dem Tisch lag ein großer Foliant mit beschabtem Schweinsledereinband: »Die schwarze und die weiße Magie«.
Ist ja egal, je sinnloser, desto besser! dachte er, nahm das Buch unter den Arm und trottete zurück in sein Kabinett.
Ausgestreckt liegend, blätterte er träge die vergilbten Seiten mit den kabbalistischen Zeichen durch.
Interessant. Einige Figuren erinnerten an logische Strukturbezeichnungen.
Wer weiß, vielleicht ist dieses ganze Abrakadabra nichts als eine Chiffrierung irgendwelcher logischer Begriffe, dachte er.
In der Vorrichtung über der Liege ertönte ein lautes Schmatzen. Ein grünes Lämpchen glühte auf und erlosch. Rongs Gedanke schien der Maschine zu munden.
Hast’s gefressen? Na, dann wollen wir mal weiterdenken. Aber woran? Ganz egal, nur denken!
Rong warf das Buch in die Ecke, goß sich aus einer Flasche vom Tisch ein Glas von der aromatischen Flüssigkeit ein und kippte es hinunter.
Denke!
»Sie interessieren sich, wie unsere Kuh ihr Futter wiederkäut?«
Rong drehte sich um. Neben ihm stand ein fetter Kerl in zerdrücktem Anzug, das Gesicht mit grauen Bartstoppeln bedeckt. Aus seinem Mund kam zusammen mit asthmatischem Röchelatem eine Schnapsfahne.
»Ja, wirklich.«
»Wenn man denkt«, Rongs Gesprächspartner schlug mit der Faust gegen die durchsichtige Trennwand, »wenn man denkt, daß ich fünfzehn Jahre meines Lebens für den Bau dieses Viehs geopfert habe!«
»Sie sind der Konstrukteur?« fragte Rong.
»Nun, nicht ich allein, aber vieles von dem, was Sie hier sehen, ist Jan Doriks Werk.«
Dieser Name war Rong nicht unbekannt. Dorik war ein glänzender Kybernetiker und früher einer der populärsten Männer in Donomag. Seine Arbeiten waren schon immer von Geheimnissen umwoben gewesen. Während des Krieges hatte General Dorik an der Spitze des Braintrusts gestanden, dem Wissenschaftler der verschiedensten Fachrichtungen angehörten. Aber seit etwa fünf Jahren war es still um ihn geworden.
Rong blickte ihn neugierig an.
»Dann stellen Sie also das Programm auf?« fragte er.
»Das Programm!« Doriks Gesicht überzog sich mit roten Flecken. »Verdammt noch mal! Ich bin hier genauso ein kleines Kaninchen wie Sie. Keiner von
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