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Das Molekular-Café

Das Molekular-Café

Titel: Das Molekular-Café Kostenlos Bücher Online Lesen
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Zdenek! Ich bin nicht betrunken, auch nicht
krank. Was passiert ist, ist unwahrscheinlich, aber es stimmt. Jawohl,
alle achtundzwanzig Millionen Techmine und deine Kyberoformica sind auf
rätselhafte Weise aus dem PITM verschwunden; als ob sie sich
verdünnisiert hätten. Das ist ja das Verrückteste: sie
haben sich verdünnisiert!«
»Gut, Honza, ich komme!« Pištora legte den Hörer auf und saß ein Weilchen unbeweglich da.
Irgendwo tief im Innern kroch eine seltsame Freude in ihm hoch. Die
Beraubung des PITM enthob ihn der Verantwortung für die
geflüchtete Kyberoformica! Aber die Freude währte nicht lang.
Ihn packte Abscheu vor sich selbst. »Wie weit ist es mit dir
gekommen!« Und da befiel ihn plötzlich furchtbare Angst.
Sollte tatsächlich ein Zusammenhang bestehen zwischen der Flucht
der Kyberoformica und der Beraubung des PITM?
Pištora sprang auf und stürzte in die Diele. Er griff nach
Hut und Mantel, lief aus dem Haus und rannte durch die nächtlichen
Prager Straßen zum Institut für Technische Miniaturen.
    Kracmers Mutmaßung
    Das fünfstöckige Gebäude des PITM
befand sich auf dem Petrin, dort, wo einst das kleine Observatorium
gestanden hatte. In der Nähe des PITM ragte ein alter Turm aus
Eisenträgem empor, den die Touristen gern bestiegen, um sich an
dem bezaubernden Panorama der Goldenen Stadt zu erfreuen. Rings um den
Turm und das PITM, über den ganzen, ziemlich steilen Hang des
Petrin zog sich das dichte Grün eines wunderbaren Parks.
    Nachts fuhr die Drahtseilbahn nicht, so daß
Zdenek Pištora zu Fuß den Hügel hinaufkraxeln
mußte. Erst jetzt, als er die steilen Allen emporstieg, fiel ihm
ein, daß es bedeutend einfacher gewesen wäre, ein Taxi zu
bestellen und über Strahov ins PITM zu fahren. Aber nun hatte es
keinen Sinn mehr umzukehren.
    Als der Doktor atemlos und schweißgebadet
endlich am Institutstor ankam, konnte er sich davon überzeugen,
daß er beileibe nicht der erste war, der auf den Anruf Honzas
herbeigeeilt war. Im Hof standen Dutzende von Autos in dichten Reihen,
und aus den gewaltigen Fenstern des fünfstöckigen
Gebäudes fiel helles Licht. Pištora lief in die Aula. Hier
waren schon über tausend Mitarbeiter des PITM versammelt. Die
Mitglieder des Wissenschaftlichen Rats waren vollzählig erschienen
und saßen mitsamt dem Institutsdirektor im Präsidium.
    Am Rednerpult stand mit hängendem Schnurrbart
Professor Kracmer, bleicher und finsterer als gewöhnlich. Offenbar
hatte er gerade zu sprechen begonnen. Im Saal herrschte gespannte
Stille.
    Niemand beachtete Pištora, der den Saal mit
Blicken überflog, auf der Suche nach Honza Stašek, aber es
waren zu viele Leute da. So setzte er sich unbemerkt in die letzte
Reihe und hörte zu. Er mußte erst mal zu Atem kommen, sich
ein wenig fassen und seine Gedanken sammeln.
    Inzwischen krächzte Professor Kracmers Stimme
durch den Saal: »Verehrte Fachkollegen, ich bin der Meinung, die
Kyberoformica ist nicht geraubt worden! Nein, ist nicht gestohlen, denn
sie konnte nicht gestohlen werden! Kollegen, die Kyberoformica ist vor
uns geflüchtet! Weder Schloß noch Safe waren für sie
ein ernstes Hindernis. Bedenken Sie, Kollegen, daß ihr die
Fähigkeit mitgegeben worden ist, unter beliebigen Bedingungen nach
eigenem Ermessen zu handeln! Sie ist bereits in der ersten Nacht nach
ihrer Erschaffung und vollständigen Justierung geflüchtet und
hat bei der Flucht alle übrigen Techmine mitgenommen! Wie sie
diesen grandiosen Diebstahl bewerkstelligt hat und ob sie es allein
war, wissen wir bislang noch nicht. Aber nicht das ist jetzt am
wichtigsten. Wichtig ist, daß die Kyberoformica geflüchtet
ist und damit bereits den ersten menschenfeindlichen Akt verübt
hat! Wir dürfen in dieser Stunde nicht nach der geflüchteten
Kyberoformica suchen, weil wir sie ohnehin nicht finden würden,
sondern müssen alle Kräfte zum Kampf gegen sie mobilisieren.
Die Kyberoformica, Kollegen, hat sich als das erste Glied einer
furchtbaren Kettenreaktion, eines Aufwandes der Maschinen, erwiesen.
Der Aufstand ist ausgebrochen, Kollegen! Jetzt hängt alles von
unserer operativen Fähigkeit und Erfindungsgabe ab. Entweder
gelingt es uns, die ausgebrochene Kettenreaktion im Keim zu ersticken,
oder es gelingt uns nicht. Wenn ja, so wird uns das für die
Zukunft eine Lehre sein, vorsichtiger mit der Kyberoformica umzugehen.
Wenn nicht, so wird es den Untergang der menschlichen Zivilisation auf
unserem Planeten bedeuten!«
    Tumult im Saal
    Als der Professor

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