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Das Molekular-Café

Das Molekular-Café

Titel: Das Molekular-Café Kostenlos Bücher Online Lesen
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mit seiner seltsamen Rede fertig
war, verließ er das Rednerpult und setzte sich an seinen Platz im
Präsidium. Im Saal erhob sich ein unbeschreiblicher Krakeel.
Hunderte von Menschen schrien wild durcheinander, erregten sich mit
heftigen Gebärden und gingen einander an den Kragen.
    Endlich legten sich die Leidenschaften, und der Direktor kam zu Wort.
»Ich verstehe durchaus, Kollegen«, begann er mit vor
Aufregung stockender Stimme, »daß die von unserem verehrten
Professor Kracmer geäußerte Meinung Ihrer Überzeugung
widerspricht. Angesichts der Ereignisse aber sollten wir seine Worte
ernst nehmen und aufmerksam prüfen. Vor Beginn der Diskussion
möchte ich jedoch den Erfinder der Kyberoformica, Herrn
Pištora, um seine Meinung bitten.«
»Kollege Pištora! Zdenek! Pištora! Pištora!
Pištora! Wo ist Pištora? Ruft Pištora!«
scholl es durch die Reihen des riesigen Saals.
»Hier bin ich! Hier!« meldete sich Zdenek Pištora
mit schwacher Stimme, stand auf und ging langsam durch den Gang zum
Rednerpult.
Alles verstummte. Mit gesenktem Kopf, völlig zusammengesunken, ein
Häufchen Unglück, so schlich er nach vorn. Er wollte den
Kollegen die ganze Wahrheit sagen, wollte seine Freveltat eingestehen.
Das hatte er sich während Kracmers Rede vorgenommen. Doch dazu kam
er nicht. Durch die Hintertür tauchte plötzlich im
Präsidium ein schwerfälliger Mann in der Uniform eines
Obersten der Miliz auf. Er beugte sich zum Direktor hinunter und
flüsterte ihm etwas zu. Sofort erhob sich dieser und
erklärte: »Kollegen, Herrn Pištoras Meinung
hören wir uns etwas später an. Entschuldigen Sie die
Störung, Herr Doktor! Ein Vertreter der Kriminalabteilung
möchte eine kurze Mitteilung machen!«
Pištora atmete erleichtert auf (immerhin ein Aufschub) und kehrte eiligen Schritts zu seinem Platz zurück.
Ans Rednerpult trat der Oberst.
    Auf frischer Tat ertappt
    Der Oberst begann mit einem breiten,
gutmütigen Lächeln. Das entlud sofort die Atmosphäre.
Durch die Reihen ging eine leichte Lebhaftigkeit, doch gleich darauf
herrschte wieder erwartungsvolle Stille.
    »Meine Herren Wissenschaftler! Gerichtliche
Untersuchungen verlangen an sich den Ausschluß der
Öffentlichkeit. Das ist Ihnen sicherlich aus Kriminalromanen
bekannt. Wenn ich also diese kriminalistische Regel verletze, so habe
ich gewichtige Gründe. Es handelt sich darum: Das heute nacht in
Ihrem Institut verübte Verbrechen hat sich inzwischen aus einem
dramatischen und rätselhaften in ein komisches, ich möchte
fast sagen: anekdotisches Ereignis verwandelt.«
    Nach dieser in munter-heiterem Ton vorgetragenen
Eröffnung lächelte der Oberst abermals, wartete ab, bis sich
das Gemurmel im Saal gelegt hatte, und fuhr fort: »Um den
unerhörten Raub an Ihrem Institut aufzuklären, haben wir die
besten Experten der Kriminalabteilung eingesetzt. Alle drei Räume,
in denen sich die gestohlenen Techmine befanden, sind sorgfältig
inspiziert worden. In den ersten beiden gab es nicht den geringsten
Hinweis auf Spuren der geheimnisvollen Täter. Lediglich ihre
ausgesprochene Präzisionsarbeit war uns unheimlich. Es schien
bereits, als gerate die Ermittlung unausweichlich in eine Sackgasse.
Doch als wir darangingen, den Kellerraum des Magazins zu untersuchen,
wurden unsere Bemühungen schließlich belohnt. Es war eine
unwahrscheinliche und völlig unerwartete Entdeckung! Meine Herren
Wissenschaftler! Wir haben nicht nur aufgeklärt, von wem und auf
welche Weise Ihr Institut ausgeraubt worden ist, es ist uns auch
gelungen, mehr als fünfhundert dieser geheimnisvollen Räuber
auf frischer Tat zu ertappen. Sie sind erstaunt? Ich werde Ihnen
sogleich alles erklären. Als wir den Fußboden des
Kellermagazins untersuchten, fanden wir zunächst an der westlichen
Wand einige hundert Techmine ohne Schutzhülle. Das machte uns
stutzig, und wir entdeckten in den Scheuerleisten zahlreiche kleine
Ritzen, die aussahen, als wären sie von Holzwürmern
gefressen. An einigen dieser Spalten machten sich kleine Scharen von
Ameisen zu schaffen. Meine Herren Wissenschaftler, diese Ameisen hatten
Ihre Techmine mit den Kiefern gepackt und verschwanden damit in den
mikroskopisch kleinen Löchern. Das sind also diejenigen, von denen
Sie bestohlen worden sind. Sie dürfen sie getrost bestaunen!«
    Der Oberst zog ein zugestöpseltes Reagenzglas
aus der Tasche und hielt es zur allgemeinen Besichtigung hoch. Darin
wimmelte es von lebendigen Ameisen. Nachdem er der stumm staunenden
Menge das Glas

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