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Das Molekular-Café

Das Molekular-Café

Titel: Das Molekular-Café Kostenlos Bücher Online Lesen
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Fünfhunderttausend Dollar im Eimer. Und alles wegen
so einer albernen Emotion, die sich Mitleid nennt!«
    In den oberen Stockwerken des
Kyuukoo-UmpanWolkenkratzers blieb ein kalter Haufen aus Stahl,
Halbleitern und Plast zurück, einst die Maschine, die versucht
hatte, menschliches Mitgefühl, obzwar sie es selbst nicht
besaß, nach den Gesetzen einer höheren Logik zu erfassen.
Andrzej Czechowski
Der Anthropoid
    In Kabine vierzehn sollte ein Platz frei sein. Ich
ging den Korridor entlang und hielt Ausschau nach Nummer vierzehn.
Endlich entdeckte ich sie und öffnete die Tür.
    Tatsächlich, ein Platz war frei. Im Sessel
gegenüber saß schon jemand – ein großer,
dunkelhaariger Mann mit bräunlichem Teint. Er musterte mich einen
Augenblick durchdringend, dann erhob er sich und streckte mir die Hand
entgegen.
    »Sie fahren also mit?«
»Ja«, antwortete ich und ließ mich in den Sessel
fallen. Er war zu weich, entschieden zu weich. Immer, wenn ich in einem
Sessel sitze, fällt mir ein antikes Möbelstück ein, ein
alter Ohrensessel meines Großvaters mit sehr stabilen
Sprungfedern, deshalb sind mir die modernen Schaumgummimöbel
durchweg viel zu weich. Ich griff seitwärts, dorthin, wo sich
sonst der Fernsehschalter befindet, stieß aber nur gegen die
kahle Wand. Da fiel mir ein, daß ich mich in einer Kabine zweiter
Klasse befand. Ich verzog das Gesicht.
Der Wagen ruckte an. Ich spürte das Vibrieren der Motoren, die
Beschleunigung nahm ständig zu; übermäßige Kraft
macht stets Eindruck auf mich. Dann lief der Motor leiser, doch die
Geschwindigkeit wurde natürlich nicht vermindert. »Wissen
Sie, wann wir über dem La-Manche-Kanal sind?« fragte mein
Reisegefährte.
»Wie immer«, erwiderte ich, »in einer
Viertelstunde.« »Und wie lange fliegen wir über dem
Kanal?«
»Fünf Minuten.«
»Kommen dort die Wasserflugzeuge aus Calais vorbei?« Mein
Gesprächspartner beugte sich in seinem Sessel vor. »Nein,
östlicher.«
Er schien betrübt.
»Da haben Sie eine Gelegenheit verpaßt«, sagte ich.
»Aber es ist ja auch schon dunkel. Haben Sie wirklich noch nie
ein Wasserflugzeug gesehen?«
Er schnitt eine leichte Grimasse.
»Sie haben ganz recht«, sagte er. »Es wäre
tatsächlich die letzte Gelegenheit gewesen. Ich fliege gerade an
einen Ort, wo man schwerlich Wasserflugzeugen begegnet.«
»Sind Sie Amerikaner?«
»Nein, Engländer. Aus Oxford.«
Das Wort Oxford sprach er mit einer Würde aus, die einem Erzbischof wohl angestanden hätte.
»Und Sie haben noch nie ein Wasserflugzeug gesehen?«
»Im Binnenverkehr. Auf der Themse.«
»Ach so…«
Ich stand auf und trat ans Fenster. Die Platten waren zugeschoben, ich
drückte auf den Knopf, und sie glitten langsam auseinander. Es war
stockfinster. In der Tiefe glitzerte undeutlich der La-Manche-Kanal.
Die dunklen Umrisse krümmten sich zu beiden Seiten – die
Steilküste rückte näher.
»Gleich fahren wir in den Tunnel ein«, sagte ich und schob
die Platten wieder zu. Wir saften jetzt schweigend einander
gegenüber. Ich wartete auf die nächste Sendung der BBC. Da
knackte es im Lautsprecher, und die Stimme des Ansagers ertönte.
»Hier ist die BBC. Guten Tag verehrte Hörer, wir bringen
Ihnen Nachrichten. Zunächst die wichtigsten Meldungen in
Schlagzeilen. Der Rektor der Universität Salzburg, Doktor
Jugovitsch, sowie der Dozent der Universität Oxford Doktor Iverson
wurden in Anerkennung ihrer Verdienste bei der Weiterentwicklung der
Davis-Hermann-Methode vom Prinzen von Wales mit dem Distinguished
Service Cross ausgezeichnet. Darüber hinaus erhielt Doktor
Iverson…«
»Iverson?« fragte mein Gefährte.
Ich sah ihn an, er saß mit zusammengekniffenen Augen da.
»Kennen Sie ihn? Ach ja, eben, Sie sind doch aus Oxford«,
erinnerte ich mich. »Was hat denn dieser Iverson Großes
geleistet?«
»Iverson assistierte Davis…« Er schwieg eine Weile,
dann fragte er plötzlich: »Wie alt bin ich wohl, was meinen
Sie?«
Auf die Antwort gespannt, sprang er auf, preßte die Lippen
aufeinander, als wollte er nicht vorzeitig lächeln. Ich
betrachtete sein schwarzes Haar, es erinnerte an Kunstfasern –
glänzend, elastisch und dicht.
»Allerhöchstens fünfundzwanzig«, sagte ich.
»Nein«, entgegnete er. »Fünfzehn. Genau zehn Jahre jünger.«
»Fünfzehn?«
»Hm.«
Ich schaute ihn fragend an. Mir war nicht nach Sprechen zumute.
»Noch nie was von beschleunigter Entwicklung gehört?
Brutkasten, Koje, Kontrollautomaten… Alles im schneeweißen
Laboratorium. Dann so ein

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