Das Mond-Monster
übersehende Jahrmarkt. Das bunte Licht verteilte sich über ihm wie eine Glocke. Bis Mitternacht würde der Betrieb laufen, dann gingen oder fuhren die Menschen nach Hause. Die Gegend würde belebter werden. Die Möglichkeit, entdeckt zu werden, vergrößerte sich für das Mond-Monster. Deshalb ging Mike davon aus, dass es vor Mitternacht zuschlagen würde.
Er wollte es fangen.
Und er würde es töten, um dann anonym der Polizei einen Tipp zu geben. Mike selbst wollte nicht an die Öffentlichkeit treten. Er blieb lieber im Hintergrund. So konnten sich die Bullen den Ruhm dann allein an die Fahnen heften.
Er brauchte keine Presse. Er wollte sein Geheimnis für sich behalten und auch seinen Hass.
Geschöpfe wie er waren Zwitter. Sie wussten nicht, wohin sie gehörten. Auf der einen Seite Mensch, auf der anderen Vampir. Es gab keine Entscheidung in irgendeine Richtung und so war es bei ihm zu einem Hass gekommen, der beide betraf. Sowohl die Menschen als auch die Blutsauger. Genau das war sein Leiden, mit dem er zurechtkommen musste, was er allerdings kaum schaffte.
Deshalb war er so zerrissen. Deshalb war es besser, wenn er allein lebte.
Er verließ nicht nur in der Nacht seine Behausung. Auch tagsüber fuhr er mit seinem Leichenwagen durch die Gegend. Man hatte sich an seinen Anblick zwar nicht eben gewöhnt, aber man akzeptierte ihn, auch wenn man ihm aus dem Weg ging.
Er hatte der Polizei sogar mal seine Hilfe angeboten, doch die Verantwortlichen hatten ihn abblitzen lassen. Wer sich so kleidete, mit dem wollte man nichts zu tun haben.
Im Dunkeln rollte er weiter. Die beiden vorderen Scheiben waren nach unten gekurbelt. Die Gerüche der Nacht drangen in den Wagen und mischten sich mit denen des Wassers, das der Luft einen leicht salzigen Geschmack gab.
Der Mond war das Ziel. Nicht nur für ihn, auch für das nächtlich umherstreifende Monstrum. Am rechten Hang einer kuppelartigen Düne stoppte er den Leichenwagen und stieg aus. Das lange Sitzen hatte ihn etwas steif gemacht. Er brauchte die Bewegung und erkletterte mit ein paar Schritten die Düne, auf der das feste und widerstandsfähige Gras wuchs und die Düne vor dem Abrutschen bewahrte.
Der Ausblick vom Kamm der Düne war gut. Sogar noch in der Nacht, wenn das Mondlicht schien.
Mike Derek stand dort wie ein Feldherr, der alles im Blick hatte. Eine kleine Welt lag ihm zu Füßen. Der nächste Aussichtspunkt war erst der Jahrmarkt.
Er hatte das Gefühl, das Gebiet des Mond-Monsters überblicken zu können. Hier irgendwo musste es sich aufhalten, um auf Frauen zu lauern. Bisher waren nur Frauen verschwunden; offenbar war das Monster nur auf weibliche Opfer aus. Derek’s Augen waren gut. Der Blick geschärft. Er konnte bis zur Straße schauen, die nach Gileston führte und nach Osten hin auf die Küstenstadt Barry zulief, wobei sie noch an einigen kleinen Ortschaften vorbeiführte.
Sein Gefühl sagte ihm, dass er hier richtig stand. Er spürte, dass sich etwas verändert hatte, auch wenn er es nicht sah. Aber es war schon einiges anders geworden. Es schwebte ein gewisses Flair in der Luft, dem auch er sich nicht entziehen konnte.
Gefahr?
Es gab Personen, die eine Gefahr riechen konnten. Auch Mike stellte sich darauf ein. Er fühlte sich nicht mehr so sicher. Irgendwo in der Nähe lauerte etwas und er konzentrierte sich noch stärker auf die Umgebung und achtete auf jedes Geräusch.
Es gab nur wenig Deckung. Verstecke so gut wie gar nicht. Wer wollte, der konnte hinter den wenigen Sträuchern oder Büschen einen Platz finden, aber das war auch alles.
Plötzlich sah er das Licht!
Vor ihm, weit vor ihm. Zwischen Mond und Erde. Er entdeckte es auch nur dank seiner guten Augen. Es war ein gelbliches Schimmern, das dicht über den Boden hinwegtanzte, und es sah so aus, als hätte der Mond einen kleinen Teil seines Lichts abgegeben.
Es konnte nicht ruhig sein. Es war in Bewegung. Da ging ein Mensch, eine Person, die etwas in die Höhe hielt, was durchaus eine Laterne sein konnte.
Die Gedanken, die sich Mike um sich und sein Schicksal gemacht hatte, waren plötzlich verschwunden. In seinem Innern wurde er kalt. Zugleich erwachte das Jagdfieber in ihm und er ging davon aus, dass er in dieser Nacht Erfolg haben würde.
Seine Sinne waren aufs Äußerste gespannt. Er roch. Er schaute. Er schnüffelte.
Es war so weit. Das Mond-Monster war wieder auf der Jagd nach einem neuen Opfer.
Der Halbvampir wusste nicht so recht, wie er sich verhalten sollte. Auf
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