Das Mond-Monster
wie jemand, der sich schämt. »Ich war… ich weiß es nicht genau. Noch jetzt kommt es mir wie ein Traum vor, den ich so intensiv erlebt habe. Jemand hat mein Flehen erhört, glaube ich jetzt. Ich war nach einem Konzert völlig erschöpft in einen tiefen Schlaf gefallen. Ich träumte davon, in einer anderen Welt zu sein, wo es Licht gab, es aber trotzdem dunkel war. Schattenhafte Gestalten umgeisterten mich und dann erschien eine mächtige Gestalt mit bleichem Gesicht und einem blutigen D auf der Stirn…«
Jetzt war mir klar, was er meinte. Es war kein Traum gewesen. Dracula II hatte sein Flehen erhört und ihn während des Tiefschlafs in seine Vampirwelt entführt, die ich aus eigenem Erleben recht gut kannte. Aber Mike Derek war nicht ich. Er hatte sich nicht gewehrt und ich erfuhr, dass er von Mallmann persönlich gebissen worden war.
»Aber nicht richtig, wie er sagte«, fuhr Mike fort. »Er wollte mich nicht direkt in seinen Kreis einreihen. Ich sollte auch weiterhin Mensch bleiben. Er hat mir nur den Keim eingepflanzt, der alle vier Wochen zum Vorschein kommt. Ansonsten kann ich ein normales Leben führen wie jeder andere Mensch auch. Nur wenn die Mondphase eintritt, rumort es in mir. Dann brauche ich das Blut. Aber ich habe mich bisher noch nicht an Menschen herangetraut. Ich trank das Blut der Tiere und war zufrieden. Jetzt wissen Sie alles.«
»Verstehe«, murmelte ich und nickte. »Du bist in die Vampirwelt geschleppt worden.«
»Wieso?«
»Ich kenne sie. Aber das ist jetzt unwichtig. Zumindest für dich, Mike.«
Für mich war das nicht unwichtig, denn ich hatte erfahren, dass Mallmann seine Pläne immer wieder variierte. Er schlug nicht mehr nur mit dem Holzhammer zu. Er sorgte dafür, dass es in unserer normalen Welt Schläfer gab, die nur dann in seinem Sinne handelten, wenn sie von der Kraft des Mondes beflügelt wurden. Mallmann hatte verdammt gelernt. Möglicherweise hatte ihm auch seine neue Partnerin, Justine Cavallo, dabei geholfen, die blonde Blutbestie, die es fast geschafft hätte, auch mich in einen Wiedergänger zu verwandeln.
Ich machte mir keine Gedanken darüber, was mit Mike Derek geschehen würde. Er war praktisch ein Nebenprodukt dieses Falls, in dem das Mond-Monster die Hauptrolle spielte.
Deshalb fragte ich ihn: »Du kannst dir denken, weshalb ich zu dir gekommen bin?«
»Klar. Das Monster.«
»Kennst du es?«
Er gab mir zunächst keine Antwort. Seinem Verhalten allerdings entnahm ich, dass ich mit meiner Frage schon nicht so falsch lag, denn er quälte sich und wischte durch sein Gesicht. Er rieb sich die Augen und dann zuckte er mit den Schultern.
»Du kennst es, nicht?«
»Ja!«, flüsterte er mir scharf zu…
***
Es war ein Moment, in dem ich mich irgendwie erlöst fühlte. Zum ersten Mal bei diesem Fall war ich auf eine konkrete Spur gestoßen und hatte das Gefühl, dass es kein großes Problem sein würde, das Mond-Monster mit Hilfe des Halbvampirs zu stellen. Allerdings ließ ich mir meine Erleichterung nicht anmerken und verzog sogar die Lippen zu einem spöttischen Lächeln.
»Stimmt es wirklich, dass du es kennst? Oder willst du nur von dir selbst ablenken?«
»Ich kenne es.«
»Sehr gut. Woher?«
»Ich bin mit ihm in der vergangenen Nacht zusammengetroffen. Ich habe gegen ihn gekämpft. Ich habe alles getan, aber das Monster ist stärker gewesen als ich…«
»Aber du lebst.«
Er nickte.
»Warum?«
»Ich… ich… vielleicht hat es gespürt, dass es nicht so einfach ist, mich zu töten. Außerdem sind wir uns irgendwie gleich, und das ist das Phänomen. Ich will es stellen. Ich will es aus der Welt haben, weil es mich stört. Ich will meine Ruhe haben. Ich muss hier in der Gegend allein sein. Ich muss mit meinem Schicksal zurechtkommen und…«
Er war plötzlich durcheinander und brabbelte nur so vor sich hin. Ein paar Mal nickte er vor sich hin und er suchte dabei nach neuen Worten, um mir eine Erklärung abzugeben.
»Er stört dich also«, sagte ich.
»Richtig!«
»Das Mond-Monster ist in dein Gebiet eingedrungen.«
»Stimmt.« Er verknotete seine Finger und schaute sich das Kunstwerk an. »Ich will nicht, dass es hier immer nur von Polizei wimmelt. Ich will meine Ruhe haben. Die brauche ich. Ich muss mit mir selbst zurechtkommen. Es soll niemand stören und trotzdem fühle ich, dass es mit ihm anders ist.«
»Wie anders?«, wollte ich wissen.
Endlich hob er wieder den Kopf an, um mich anzublicken. »Ich merke, dass es mir nicht so fremd
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