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Das Mondkind (German Edition)

Das Mondkind (German Edition)

Titel: Das Mondkind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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lauter Musik schwappt über den Bürgersteig, als zwei Männer, die Zigarettenpäckchen aus ihren Taschen kramen, die Tür aufstoßen und zum Rauchen rauskommen. Einer ist als Pirat verkleidet. Der andere trägt einen Smoking, einen angeklebten Spitzbart und zwei Hörner.
    Sie werfen einen Blick auf Crispin. Der Teufel entzündet mit einem Daumen die Flamme eines Butangasfeuerzeugs.
    Der Junge wendet den Blick von ihnen ab. Er zieht die Leine straffer und bringt den Hund an seine Seite.
    Etwa fünfzig Meter vom Vereinslokal der Veteranen ent fernt wagt er es zurückzublicken, wobei er fast damit rechnet, dass ihm die Männer folgen. Sie stehen noch da, wo er sie zuletzt gesehen hat, und aus ihren Mündern quellen Rauchschwaden, als müssten ihre Seelen in Flammen stehen.
    An der nächsten Kreuzung gibt es einen Nachtklub namens Narcissus. Davor lungern keine Raucher herum. Die Fenster sind Zweiwegespiegel, die keinen Einblick gewähren.
    Ein großer Mann steht neben einem Taxi. Er hilft einer Frau zuvorkommend beim Aussteigen.
    Sein dunkles Haar ist glatt nach hinten gekämmt. Er hat Rouge auf den Wangen und grellrot geschminkte Lippen. Sein Gesicht ist angemalt wie das einer Bauchrednerpuppe, mit auffälligen Lachfalten von der Nase bis zu den Mund winkeln. Die Schminke der Frau entspricht der des Mannes.
    Auf ihre weißen Kleidungsstücken hat man an Schlüsselstellen dicke schwarze Bänder genäht, die gerissen sind. Sie haben sich nicht als Bauchrednerpuppen kostümiert, sondern als Marionetten, die ihrem Puppenspieler entwischt sind.
    Der Mann sagt zu Crispin: »Was für ein hübscher Hund«, und die Frau: »Deine Schwester schmeckte so lieblich.«
    Es ist eine zufällige Begegnung, doch der Zufall kann einen genauso leicht töten wie jemandes ausgeklügelter Plan.
    Der Hund läuft los, der Junge läuft los, der Mann erwischt den Jungen an seiner Jacke, die Leine wird ihm aus der Hand gerissen und er fällt hin …

4
    Vor Crispins Flucht …
    Er lebt mit seinem jüngeren Bruder Harley und seiner kleinen Schwester Mirabell zusammen. Sie bewohnen gemeinsam mit ihrer Mutter Clarette ein Haus.
    Jedes Kind hat einen anderen Vater, weil sich viele Männer zu ihrer Mutter hingezogen fühlen.
    Clarette ist so wunderschön, dass einer ihrer Freunde für zwischendurch – zwischen den reichen Typen – zu Crispin sagt: »Junge, deine Mom, die ist wie die Märchenprinzessin in einem dieser Zeichentrickfilme im Kino. Wie sie Könige und Prinzen bezaubern kann! Und sogar Tiere und Bäume und Blumen schwärmen für sie und bringen ihr ein Ständchen. Aber ich habe noch nie eine Zeichentrickprinzessin gesehen, die so verdammt heiß ist wie sie.«
    Zu der Zeit ist Crispin sieben Jahre alt. Er versteht das mit den Prinzen, den Tieren, den Bäumen und den Blumen. Es werden noch Jahre vergehen, bevor er weiß, was »verdammt heiß« bedeutet.
    Ihre Mutter fühlt sich zu vielen Männern hingezogen, aber nicht etwa, weil deren Schönheit sich an ihrer messen könnte, sondern weil sie etwas für Clarette tun können. Sie sagt, dass sie einen teuren Geschmack hat und dass ihre »kleinen Bastarde« ihre Eintrittskarte ins gute Leben sind.
    Jeder ihrer Väter ist ein Mann von hohem Bekanntheitsgrad, für den die Existenz eines kleinen Bastards nicht nur peinlich wäre, sondern auch als Abrissbirne fungieren könnte, die seine Ehe zertrümmern und zu einer kostspieligen Scheidung führen würde.
    Als Gegenleistung dafür, dass sie auf jeder Geburtsurkunde angibt, der Vater sei unbekannt, erhält Clarette eine einmalige Bargeldzahlung von beträchtlicher Höhe und eine kleinere monatliche Zuwendung. Die Kinder leben gut, wenn auch nicht annähernd so gut wie ihre Mutter, da sie viel großzügiger Geld für sich selbst ausgibt als für sie.
    Eines Abends gönnt sie sich zu viel Wodka Lemon und dazu noch Kokain. Sie besteht darauf, dass der achtjährige Crispin mit ihr in einem Sessel schmust.
    Er wäre lieber überall sonst als in ihren allzu klammernden Armen und in Reichweite ihres exotischen Atems. Wenn sie in diesem Zustand ist, erscheint ihm ihre Umarmung spinnenhaft, und trotz der Beteuerungen ihrer Zuneigung rechnet er damit, dass ihm etwas Schreckliches zustoßen wird.
    Sie sagt, er sollte dankbar dafür sein, dass sie so schlau, so gerissen, so tough ist. Andere Frauen, die sich ihren Lebensunterhalt damit verdienen, kleine Bastarde zu gebären, haben voraussichtlich früher oder später einen gut geplanten Unfall oder fallen

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