Das Monopol
Sie sind bei der CIA. Sie haben sich freiwillig zu diesem Scheiß gemeldet. Wir sind Anwälte. Fress beim Kanthaken zu kriegen ist okay, aber nach einem russischen Diamantenvorrat suchen? Das ist ein bisschen zu hoch für uns, meinen Sie nicht?« Carlton lauschte seinen eigenen Worten nach. Er hätte nie im Leben geglaubt, dass er einmal so etwas sagen würde. Während der letzten zehn Jahre hatte er seine Rolle als Zuschauer satt gehabt, hatte handeln, Teil eines wichtigen Einsatzes sein wollen. Nun wollte er auf einmal nicht mehr. Weil er Angst hatte. Als er Waterboers Bestechung ablehnte, hatte er noch mutig reagiert. Nun jagten die Folgen ihm Angst ein. Er kam sich wie ein Feigling vor. Ekelhaft. Er zwang sich, die Feigheit abzuschütteln.
»Okay, Tom. Wir stecken beide drin. Hat keinen Sinn, darüber zu streiten. Sind bloß die Umstände, die mir nicht gefallen. Nach D. C. zurückzufahren nützt uns gar nichts, weil Ihre Leute uns nicht erlauben, Fress zu verhaften, bevor nicht dieses russische Problem vom Tisch ist. Und in der Zwischenzeit laufen wir auf freier Wildbahn herum, wo Fress uns im Visier hat. Da wir Fress nicht verhaften können, könnten wir doch die Munition sparen und uns gleich hier und jetzt erschießen.«
»Sich von Gefahren fern zu halten ist besser, als sie zu suchen. Sie glauben, Fress könnte uns finden. Da bin ich mir nicht so sicher. Aber wie dem auch sei, je schneller wir die Diamanten finden, desto eher können wir uns Fress vom Hals schaffen.
Der Schlüssel ist das Aufspüren dieser russischen Diamanten. Ich kann nur wiederholen, es tut mir Leid, dass ihr beide so in der Klemme steckt, aber …«
»Es tut Ihnen bestimmt nicht so Leid wie uns, Tom.«
Die Atlantic Star war eine der beiden Jachten, die für die »Geldsäcke« des Star-Kasinos reserviert war. Jede Jacht hatte zwanzig Millionen Dollar gekostet, was viele Leute für eine kolossale Verschwendung hielten. Doch MacLean wusste es besser. Seine Jachten waren so beliebt, dass die reichsten Geldsäcke geradezu darum kämpften, mit der Atlantic Star oder der Carribean Star eine Woche auf See sein zu dürfen, umgeben von dreißig ihrer engsten Freunde. Dort verspielten sie dann solche Unsummen, dass die Wochenmiete für die Luxusjachten im Vergleich dazu lächerlich wirkte.
Mit mehr als sechzig Metern Länge war die Atlantic Star eine wahrhaft monströse Jacht. Doch auf Grund ihrer revolutionären Leichtbauweise aus Aluminium brachte sie selbst bei voller Ladung kaum dreihundert Tonnen auf die Waage, viel weniger als halb so große Schiffe. Sie war als Prototyp entworfen worden und ebenso funktionstüchtig wie luxuriös – ein Ziel, das die meisten Schiffsbauer anstrebten und doch selten erreichten. Die Star wurde von vier Zwölfzylinder-Caterpillar-Motoren und vier Lips-Propellern mit jeweils vier Rotorblättern angetrieben und schaffte damit mehr als vierzig Knoten, eine Seltenheit in dieser Schiffsklasse.
Im Gegensatz zu ihren gedrungenen Schwestern war die Star stromlinienförmig, und weder Mast noch Treppen störten ihre schlanke Form. Statt hoher Aufbauten wie auf anderen Luxusjachten hatten die Erbauer eher auf Weite als auf Höhe gesetzt. Dadurch hatte sie zwei Decks statt der üblichen vier und sah fast ein bisschen wie eine fliegende Untertasse aus. Die Inneneinrichtung der Atlantic Star spiegelte MacLeans besessenes Streben nach Schönheit wider. Sandgestrahltes Glas, gebürstetes Aluminium und babyblaue Ledergarnituren. Die Mannschaft war auf fünf Leute beschränkt, aber die Star konnte nicht weniger als dreißig Passagiere in ihren fünfzehn prachtvollen Kabinen aufnehmen. Im fürstlichen Speisesaal wurde das edle Dinner aus einer Fünf-Sterne-Küche serviert, und die Weine waren erlesen. Die Bar gewährte einen Rundblick, das Kasino war auf dem neuesten Stand, es gab ein schiffseigenes Kino, einen Nachtclub und eine Bibliothek. Sport trieb man in einer Fitnesszone oder auf dem Squashcourt und entspannte sich danach im Whirlpool oder im Schwimmbecken, das bei schlechtem Wetter mit einem ausfahrbaren Dach geschützt wurde.
Nach einem herzhaften Frühstück – Ei mit Schinken, Joghurt, Toast, Kaffee und Orangensaft – wollte Erika noch ein bisschen Schlaf nachholen. Carlton und Pink saßen mit Commander Ramey schweigend am großen Esstisch. Pink brütete über ein paar CD-Roms, die er aus Langley mitgebracht hatte; immer wieder rieb er sich die Schläfen. Carlton genoss eine edle Zigarre, eine Fuente Opus X,
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