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Das Monopol

Titel: Das Monopol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Kublicki
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gemacht, hatte gegen die Rassendiskriminierung gekämpft und sich für den Schutz der Bürger vor den mächtigen Riesen in Regierung und Konzernen stark gemacht. Nun wollte er zurücktreten, weil er seinen eigenen Worten zufolge noch jung genug sei, mit seiner 55-jährigen Frau das Leben zu genießen. Überdies brachte der Artikel die Beschreibung einiger Kandidaten, die als mögliche Nachfolger Daniels’ gehandelt wurden.
    Und auf dieser Liste stand – Alicia Kemsfield.
    Treffer!
    Kemsfield war nicht von Präsident Douglass ernannt, folglich auch nicht von Scott Fress ausgesucht worden. Aber sie war Richterin an einem Bundesberufungsgericht und das bedeutete, sie konnte Daniels’ freien Platz besetzen – wenn der Stuhl auch schmal war.
    Unsachgemäße Verfahrensweise, hatte sie gesagt. Du kannst mich mal, dachte Carlton. Wenn Kemsfield den Haftbefehl nicht unterzeichnen wollte, würde es auch keiner der anderen Bundesrichter tun, sofern sie auf einen Sitz im Obersten Gerichtshof hofften. Niemand würde das Boot zum Schaukeln bringen wollen und dadurch Wellen schlagen in einem Meer, in dem alle in heiterer Gelassenheit dahindümpelten. Seltsamerweise fühlte Carlton sich bei dem Gedanken besser. Statt es bei einem halben Dutzend Bundesrichtern zu versuchen, würde er einen ganz anderen Weg einschlagen.
    Er stürzte den Rest Kaffee hinunter, wählte die Nummer von American Airlines, buchte die nächste Maschine nach D. C. und hinterließ Pink auf dem Beantworter eine Nachricht.

 
    83.

Die Justiz
     
    N Street
    Georgetown, Washington, D. C., 15.27 Uhr
     
    Carlton quetschte seinen Mietwagen in eine winzige Parklücke zwischen einem Cadillac und einem VW-Bus aus den Sechzigern, der mit zahlreichen Aufklebern bepflastert war – »Grateful Dead«, »Greenpeace« und »Kein US-Krieg in Afghanistan«. Beide Fahrer würden nun mit dem Ausparken erhebliche Schwierigkeiten haben. Ihr Pech! Parken in D. C. war der reinste Krieg. Als Carltons Blick auf den Caddy fiel, fragte er sich flüchtig, was wohl aus dem Shark geworden war.
    Der Name Tobias schien ihn gegen jegliche Unbill zu schützen. Keine gedungenen Mörder im Hotelzimmer, keine Schießereien auf der Ringautobahn, keine Drohbriefe mehr. Carlton fühlte sich jetzt viel sicherer, was zum Teil auf seiner angenommenen Identität beruhte, zum Teil auf dem Wissen, dass Forbes einen Agenten abgestellt hatte, der ihm den Rücken deckte. Er konnte den Mann zwar nie genau ausmachen, wusste aber, dass er da war – ein beruhigendes Gefühl.
    Die Sonne gewann allmählich die Oberhand über das trübe Washingtoner Winterwetter. Obwohl man noch lange nicht von Erwärmung sprechen konnte, war der Restschnee an den Straßenrändern geschmolzen. Sonnenstrahlen drangen zwischen den nackten Zweigen der Ulmen und Eichen hindurch, die die N Street säumten; hier war eines der feinsten Wohnviertel der Stadt. Carlton schaute wieder auf den Zettel mit der Adresse. Im nächsten Block. Da er nicht zu spät zu seiner Verabredung kommen wollte, schritt er schneller aus. Unterwegs bewunderte er die weißen und roten Backsteinvillen im Kolonialstil, die sich nur Millionäre leisten konnten. Die Villen lagen ein Stück von der Straße zurück hinter hohen schmiedeeisernen Gittern und Ilexbüschen.
    Mit dem Frieden war es abrupt zu Ende, als er sich einer kleinen Villa näherte. Hier ging es zu wie im Tollhaus. Übertragungswagen mit Antennen und Satellitenschüsseln standen mitten auf der Kreuzung, Streifenwagen hatten einen Ring darum gezogen wie bei einer Wagenburg. Journalisten belagerten die Haustür eines blauen und weißen Häuschens im Cape-Cod-Stil, das neben seinen behäbigen Brüdern geradezu zwergenhaft wirkte. Carlton bahnte sich an den übereifrigen Reportern vorbei einen Weg und näherte sich einem behäbigen Polizisten, der vor der Tür Wache stand.
    »Josh Tobias. Ich habe eine Verabredung mit dem Richter«, versuchte er sich über den Lärm hinweg bemerkbar zu machen. Ein paar Reporter wollten wissen, ob er aus dem Weißen Haus käme. Der Officer schaute auf seinem Dienstplan nach, ließ Carlton hinein und zog die Tür sofort wieder zu. Carlton stand ein paar Sekunden reglos da und versuchte, sich in dem halbdunklen Haus zu orientieren.
    »Die sind verrückt, nicht wahr? Aber wenigstens nicht so schlimm wie in den Sechzigern. Damals war’s der Ku Klux Klan«, sagte eine ruhige Männerstimme. Carlton drehte sich um und sah einen älteren Mann auf der zweiten Stufe der

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