Das Monopol
einen Termin bei Richterin Kemsfield«, wiederholte er am Schreibtisch des Sekretärs.
»Ich sage ihr, dass Sie da sind. Nehmen Sie doch Platz.«
Carlton tat wie geheißen und betrachtete die leuchtend bunten Fische, die träge in einem sechseckigen Tropenaquarium schwammen. Es erinnerte ihn an das feudale Badezimmer in Atlantic City. Er überließ sich der Erinnerung und träumte ein wenig vor sich hin.
Eine imposante Frau von ungefähr vierzig Jahren erschien in der Tür neben dem Tisch des Sekretärs. »Mr Tobias?«
»Ja.« Carlton stand auf.
»Ich bin Alicia Kemsfield. Ich hoffe, Sie mussten nicht zu lange warten.«
»Aber nein, Euer Ehren. Ich habe gerade Ihre Fische bewundert.« Er schüttelte Kemsfield die Hand. Ihr Händedruck war fest und entschlossen.
»Sie sind wunderschön, nicht wahr? Bitte kommen Sie herein. Möchten Sie Kaffee? Sie sehen müde aus.«
»Ja, gern. Denn ich bin wirklich müde, Euer Ehren.«
»Fred, würden Sie Mr Tobias bitte einen Kaffee holen?«
Der Aufforderung wurde sofort Folge geleistet. Carlton nahm lächelnd die Tasse entgegen und setzte sich in den Besucherstuhl vor den Schreibtisch der Richterin, eine Glasplatte auf Chromgestell. Normalerweise bevorzugten Richter geschnitzte Eiche und Ledergarnituren; Kemsfields betont moderner Stil wirkte bei einer Bundesrichterin irgendwie fehl am Platze. Sie schloss die Tür und ließ sich hinter dem Schreibtisch nieder.
»Von allen Namen, die es gibt, hätte ich ja nicht ausgerechnet ›Tobias‹ gewählt«, bemerkte sie gelassen und schob eine blonde Haarsträhne aus der Stirn.
Carlton blickte sie verdutzt an. »Ich … habe Sie nicht recht verstanden, Euer Ehren.«
»Sparen Sie sich das Getue, Mr Carlton. Ich habe heute Morgen mit Randall Forbes gesprochen. Deshalb konnten Sie so kurzfristig einen Termin bei mir bekommen. Viel hat er mir allerdings nicht verraten. Vielleicht können Sie das jetzt tun. Ich freue mich stets, den Mitarbeitern des Justizministeriums gefällig zu sein, ob sie nun unter richtigem oder angenommenem Namen bei mir vorsprechen. Aber ich habe viel zu tun. Wollen wir es also kurz machen, ja?«
»Natürlich, Euer Ehren. Hier sind meine Unterlagen.« Carlton zog einen braunen Umschlag aus seinem Diplomatenkoffer und legte ihn so auf den Schreibtisch, dass die Richterin ihn lesen konnte. »Und das hier ist es, worum ich Sie bitten möchte.« Nun zog er einen dünneren Ordner aus dem Koffer und legte ihn neben den anderen.
Es schien eine kleine Ewigkeit zu dauern, doch schließlich hob Richterin Kemsfield den Blick von den Dokumenten und schaute Carlton verwundert an. Wieder schob sie ihre rebellische Haarsträhne nach hinten, klappte dann beide Ordner zu.
»Angenommen, diese Informationen stimmen, und das möchte ich im Moment voraussetzen …«
»Sie stimmen, Euer Ehren.«
»Dann sehe ich keine Möglichkeit, Ihrem Wunsch zu entsprechen.«
Carlton setzte sich kerzengerade auf. »Warum nicht. Euer Ehren?«
»Washington ist außerhalb meiner Zuständigkeit. Das ist Ihnen sicherlich bekannt. Sie sollten einen meiner Kollegen im Gerichtsbezirk D. C. bitten, diesen Haftbefehl auszustellen.«
»Sie sind Bundesrichterin, Euer Ehren. Sie sind ermächtigt, einen Bundeshaftbefehl für jedes Gericht auszustellen. Von Hawaii bis Maine.«
»Technisch gesehen, ja. Doch im politischen Sinne würde es Ihnen mehr nützen, mit einem Richter des Gerichtsbezirks D. C. zu sprechen.«
Politisch? »Vielen Dank, dass Sie sich an meiner Stelle Gedanken darüber machen, Euer Ehren, doch ich bin durchaus gewillt, die Konsequenzen …«
»Das bringt mich auf einen noch wichtigeren Grund, warum ich Ihrem Ersuchen nicht entsprechen kann.«
»Euer Ehren?«
»Es wäre ein schwerer Verstoß gegen die übliche Verfahrensweise.«
»Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht folgen …« »Das verwundert mich aber, Mr Carl ton. In einem Fall dieser Größenordnung muss das Ersuchen um einen Haftbefehl vom Justizminister der Vereinigten Staaten ausgehen. Oder zumindest von einem Staatsanwalt an einem Bundesgericht. Für einen Richter mit geringerer Zuständigkeit kann ich Ihnen keinen Haftbefehl unterzeichnen.« Bevor Carlton etwas einwenden konnte, hielt sie eine Hand hoch. »Ich habe mir Ihre Akte kommen lassen. Ich weiß, dass Sie ein aufsteigender Stern am Firmament der Justiz sind. Doch das ist in diesem Fall ohne Belang. Es tut mir Leid. Schalten Sie den Justizminister oder einen Generalstaatsanwalt ein, sonst gibt es keinen
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