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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rüth
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Wicht. Er würde die morgigen Befragungen abwarten und dann seine Strategie anpassen. Wenn er so recht darüber nachdachte: Würde er nicht wieder auf wundersame Weise gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? Wie souverän er zwischen langfristigen Plänen und kurzfristiger Anpassung umschalten konnte, wie passgenau sich sein strategisches Denken und sein Improvisationstalent zu einer synergetischen Gesamtheit zusammenfügten … genial.
    ***
     
    Ispettore Marzoli saß Salvatore Gemini in dessen Büro gegenüber. Er und Bellini hatten die Befragungen unter sich aufgeteilt. Er nahm sich Gemini, Mantinger sowie Franco vor, Bellini befragte die übrigen drei. »Signor Gemini, woher kennen Sie Ihren Partner?«
    Gemini lächelte. »Trotz Zeitdrucks, kann ich Ihnen einen Kaffee bringen lassen, Ispettore?« Er strahlte Ruhe und Souveränität aus, erinnerte in seinem Habitus wieder an einen Aristokraten. Er war Herr der Situation.
    » Grazie , Signor Gemini, ich nehme einen Caffè Doppio.« Gemini griff zum Hörer: »Signora Evangelista, bitte bringen Sie uns noch einen Caffè Doppio. Gut, Ispettore, kommen wir zur Sache. Ihre Frage lässt sich schnell beantworten. Ich habe Schimmel bei einem Seminar in Köln kennengelernt.«
    Marzoli blickte ihn überrascht an, das war eine interessante Information. »Sie waren ebenfalls in Köln? Wann?«
    »Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher. Ich glaube, das war 1997.«
    »Was war das für ein Seminar? Und was hatte Schimmel damit zu tun?«
    Gemini nahm bedächtig einen Schluck Espresso. »Ich war zu diesem Zeitpunkt schon viele Jahre als Berater tätig, bei einer kleinen Gesellschaft in Bozen. Ich begriff schnell, dass man wesentlich mehr erreichen kann, wenn man über den eigenen Tellerrand blickt und gezielt auf ausländische Gesellschaften zugeht. Vor allem auf deutsche, denn das passt bestens, hinsichtlich Sprache und Mentalität. In Köln wurde ein Praxisseminar zu diesem Thema angeboten. ›Internationaler Markteintritt im europäischen Umfeld – Strategien und rechtliche Grundlagen‹. Genau das brauchte ich.«
    »Und Schimmel besuchte das Seminar ebenfalls?«
    Vorsichtig stellte Gemini die kleine Tasse ab. »Schimmel war Dozent. Das fand ich angesichts seines Alters erstaunlich. Wir kamen ins Gespräch, ich erzählte ihm von meinen Plänen, er besuchte mich mit seiner Familie. So wurde die SSP geboren.«
    »Sie sind der Meinung, dass er als Dozent an einer Uni zu jung war?«
    »Nicht zu jung, lediglich ungewöhnlich jung. Zumindest für so ein anspruchsvolles Thema. Dafür benötigt man schon ein bisschen mehr als bloß theoretisches Uniwissen. Aber das wird verständlich, wenn man weiß, dass sein Vater Unternehmer war und ebenfalls ins Ausland expandiert hatte. Schimmel konnte dort diverse Praktika machen und eine Menge Erfahrungen sammeln.«
    »Und dann hat er mit Ihnen die SSP gegründet?«
    »Exakt. Ich war ehrlich gesagt froh, jemanden getroffen zu haben, der sich in internationalen Geschäften besser auskannte als ich. Außerdem war er als Deutscher ein idealer Ansprechpartner für die Klientel, die ich gewinnen wollte.«
    Marzoli nickte und trank ebenfalls einen Schluck Kaffee. »Klaus Mantinger und Franz Junghans haben ebenfalls in Köln studiert. War es Zufall, dass auch die beiden bei der SSP gelandet sind?«
    »Keineswegs, die waren auch in einem Seminar von Schimmel, wo sie ihm sofort aufgefallen sind. Sie verfügten über ein fundiertes Wissen, waren selbstbewusst, extrovertiert, souverän, kurzum, perfekte Berater. Solche Leute brauchten wir. Er hat sie seit dem Seminar beobachtet und direkt nach ihrem Examen nach Bozen geholt. Sie haben sich als Segen für die SSP erwiesen.«
    Marzoli blätterte in seinen Notizen. »Gut, was anderes, Signore, wie sportlich sind Sie?« Gemini sah Marzoli verdutzt an. »Sportlich?«
    »Ja, joggen Sie, fahren Sie Ski, irgendwas in dieser Art.« Geminis Mimik verriet, dass er nicht verstand, was der Ispettore mit dieser Frage bezweckte, aber er beantwortete sie ruhig und sachlich. »Leidlich, würde ich sagen. Am ehesten Wandern. Gelegentlich ein Lauf an der Etsch entlang.«
    »War der Arthur-Hartdegen-Weg eine besondere Leistung für Sie?«
    »Solche Strecken gehe ich häufiger, nur nicht in dieser Höhe. Deshalb wollte ich ausnahmsweise mal mit.«
    »Erzählen Sie mir bitte alles, woran Sie sich an diesem Tag erinnern können. Hat jeder sein Gepäck selbst getragen? Wie lange waren Sie unterwegs, bis das Unglück

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