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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rüth
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geschah. Wo haben Sie gerastet und wie lange, wer musste wann und wo austreten …«
    Gemini war angesichts dieser Fragenflut sichtlich genervt, gab sich jedoch, abgesehen von dem einen oder anderen demonstrativen Blick auf seine Armbanduhr, gelassen. Er beantwortete alle Fragen nach bestem Wissen und Gewissen. Endlich erhob sich Marzoli.
    »Das war’s. Vielen Dank, Signor Gemini, Sie haben uns sehr geholfen.« Als sie sich verabschiedeten, fiel dem Ispettore noch eine letzte Frage ein: »Verzeihung, Signore, eine Sache interessiert mich noch brennend. Wie konnte Schimmel als Student überhaupt an so eine anspruchsvolle und lukrative Tätigkeit kommen? Allein wegen ein paar Praktika?«
    »Er war ein besonders begabter Student, und er hatte einen Förderer.«
    »Einen Förderer?«
    »Ja, einer seiner Professoren. Ich glaube, der hieß Graf, Professor Graf, zahlreiche Veröffentlichungen, eine Koryphäe auf seinem Gebiet.«
    »Wieso hat der sich denn so für Schimmel eingesetzt?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen, das war für mich nie von Bedeutung. Am besten fragen Sie Schimmel selbst.«
    Ehe Marzoli Klaus Mantinger aufsuchte, ging er in das Büro von Franz Junghans, den Vincenzo gerade vernahm. »Commissario? Kann ich Sie bitte kurz sprechen?« Marzoli fand, dass er Bellini von der Kölner Verbindung erzählen sollte, ehe dieser mit Schimmel sprach.
    ***
     
    Es kristallisierte sich immer mehr heraus, dass es um Geld gehen musste, in welchem Zusammenhang auch immer. Ein persönliches Motiv wie Neid oder Rache war für keinen der Morde erkennbar. Ergebnis der Befragungen des Vormittags waren Profile aller Beteiligten.
    Klaus Mantinger passte genau in das von Vincenzo entwickelte Täterprofil. Er war charismatisch, cool, beherrscht, außerdem sehr sportlich und bergerfahren. Er hatte viel Gepäck übernommen, auch von Achatz. Er war zweimal ausgetreten. Für Panzinis Tod hatte er ein schwer überprüfbares Alibi.
    Franz Junghans entsprach dem Profil nicht weniger. Er war genauso sportlich, halbwegs bergerfahren, hatte ebenfalls Gepäck von Kollegen getragen und war nicht ununterbrochen bei den anderen gewesen. Er war nicht so charismatisch, dafür selbstverliebt. Und er hatte kein Alibi.
    Auch wenn Sabrina Parlotti die sportlich-alpinen Merkmale erfüllte: Ihr waren solche Taten am wenigsten zuzutrauen. Sie musste während der Vernehmungen mehrfach gegen die Tränen ankämpfen, hatte ihre Stimme kaum unter Kontrolle. Das waren Reaktionen, die man kaum vortäuschen konnte. Ein Alibi hatte sie jedoch ebenfalls nicht.
    Schimmel und Gemini hatten ähnliche Profile. Beide ausdauernd genug für einen Arthur-Hartdegen-Weg, Gemini allerdings eher als Schimmel, der nach eigener Aussage zwar gerne und häufig spazieren ging, aber Sport verabscheute. Beide waren selbstbeherrscht und nur mäßig bergerfahren. Das konnte nicht zur Entlastung dienen, da der Arthur-Hartdegen-Weg nicht allzu anspruchsvoll war und beide von allen Beteiligten das größte Interesse am Erfolg der SSP hatten. Insofern ließe sich bei ihnen am ehesten ein Motiv vermuten. Gemini hatte kein Alibi für den Freitagabend, Schimmel behauptete, in der Nacht, in der Panzini gestorben war, durch Bozen geschlendert zu sein.
    Somit blieben unter dem Aspekt »Merkmale und Profile« vier potenzielle Verdächtige. Und sie hatten persönliche Beziehungen aus früherer Zeit aufdecken können, wenngleich nur mit beruflichem Hintergrund. Es war auffällig, dass sich diese Beziehungen ausgerechnet auf diese vier beschränkten: Gemini, Schimmel, Mantinger und Junghans. Sie kannten sich teilweise schon sehr lange, kamen aus Köln oder hatten sich dort kennengelernt.
    Ein weiterer Hinweis war hinzugekommen: der Selbstmord von Professor Helmut Graf. Junghans hatte ihnen davon erzählt und auch, was der Professor für den Studenten Schimmel getan hatte. Die Frage, warum der Professor ihn gefördert hatte, beantwortete Schimmel nur mit einem Schulterzucken und dem lapidaren Hinweis: »Ich war halt gut.«
    Jetzt, da all diese Informationen anschaulich im Zusammenhang vor ihnen ausgebreitet waren, wurde ihnen klar, dass sie ihre Ermittlungen nach Deutschland ausweiten mussten.
    »Ich bin selbst überrascht, Ispettore. Wir haben nach wie vor kein Motiv, dafür neue interessante Anhaltspunkte. Ein Professor Helmut Graf von der Universität Köln begeht Selbstmord, weil er erpresst wurde. Warum? Wovor hatte er Angst? Ging es am Ende um mehr als nur Geld? Ich schieße mal ins Blaue

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