Das Monster von Bozen
Begründung schikaniert. Die haben sich auf uns eingeschossen. Ich kann euch auch sagen, warum! Die kommen nicht weiter. Die haben keine Ahnung, wo sie suchen sollen. Deshalb verfallen sie in blinden Aktionismus. Signor Gemini, wenn ich meine persönliche Meinung äußern darf: Ich finde, dass Sie sich mehr wehren sollten. Sie haben in Bozen einen tadellosen Ruf, so viele hochkarätige Verbindungen, da müsste sich doch was deichseln lassen. Mein Gott, dieser Kommissar ist doch ein Greenhorn. Wenn dem ein eisiger Wind entgegenweht, zieht der sofort den Schwanz ein.«
Gemini lächelte seine Mitarbeiter kopfschüttelnd an. »Signori, das sehen Sie leider falsch. Die Polizei ermittelt bei uns, weil die wenigen Spuren, die sie bisher haben, allesamt in unsere Richtung weisen. Wir werden das akzeptieren müssen, ob uns das passt oder nicht. Und ob Bellini tatsächlich so ein Greenhorn ist, wie Sie sagen, Signor Mantinger? Ich wäre vorsichtig. Glauben Sie mir, der hat es faustdick hinter den Ohren.« Dann wandte er sich an Franco. »Also wissen Sie, Dottore Franco! Als die Polizei hier das erste Mal aufgetaucht ist, hätten Sie uns und auch in der Questura doch sofort von Ihren Plänen erzählen müssen. Vor allem, nachdem Ihr Auto ins Fadenkreuz der Ermittlungen geraten ist. Haben Sie denn gar kein Vertrauen zu uns?«
»Das ist es nicht, ich wollte bloß keine Unruhe stiften. Mir war immer klar, der Weinbau ist meine Berufung, deshalb kann ich das hier nicht ewig machen. Aber wie hätten Sie mich denn zukünftig gesehen, wenn Sie gewusst hätten, dass ich in ein paar Jahren verschwinden will?«
»Mensch, Fabio«, frotzelte Junghans, »warum machst du dir solche Gedanken? Meinst du nicht, dass jeder von uns Träume hat? Wenn du Wein anbaust, werden wir dich regelmäßig besuchen und prüfen, wie gut du bist. Oder wir verlegen gleich unseren Firmensitz in deinen Weinberg.«
In das Gelächter hinein sagte Gemini, der Gewitzel nicht mochte und überhaupt wenig Sinn für Humor hatte: »Okay, für Sie alle gilt morgen: Je kooperativer Sie sind, desto eher ist es vorbei. Schönen Feierabend, Kollegen.« Wie immer stand Gemini als Erster auf und verließ den Raum ohne weitere Worte.
Mantinger sah ihm nach. Dann sagte er: »Also, ich weiß nicht, was ihr vorhabt, ich für meinen Teil brauche nach diesem Ärger ein paar Gläschen Lagrein. Hat jemand Lust?«
»Gerne, Klaus, ich komme mit. Wie in alten Zeiten«, entgegnete Junghans.
Zehn Minuten später saßen die beiden in einer kleinen Bar und bestellten sich eine Flasche des typischen Südtirolweins. »Wir haben momentan ganz schön Brassel am Hals«, stellte Junghans fest, noch ehe der Cameriere den Lagrein gebracht hatte. »Was glaubst du denn, wer und was dahintersteckt, Klaus?«
Mantinger zog eine Augenbraue hoch. »Ich habe keine Ahnung. Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass Arthurs Tod kein normaler Herzinfarkt war. Dann diese Nummer am Penegal. Das ist ganz schön abgebrüht.«
»Du meinst, von uns hat niemand was damit zu tun?«
»Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, vielleicht …« Er unterbrach sich und rief dem vorbeieilenden Kellner zu: » Scusi, Signore, due Grappe, per favore! Du trinkst einen mit, oder? Klar, dachte ich mir, der gehört schließlich dazu. Also, vielleicht haben wir es mit organisierter Kriminalität zu tun. Hast du darüber mal nachgedacht? Wer sonst ist dermaßen rücksichtslos?«
Junghans runzelte die Stirn. »Wäre möglich, aber warum? Ich meine, Arthur, der Inbegriff der Ehrlichkeit, wie soll der mit der Mafia in Berührung gekommen sein? Und das ausgerechnet in Südtirol? Wir sind hier nicht auf Sizilien.«
»Keine Ahnung. Das herauszufinden wäre Aufgabe der Polizei. Ich verstehe bloß nicht, warum sie nicht auch in dieser Richtung ermitteln. Die konzentrieren sich total auf uns.«
»Na, ist doch logisch, ich meine, welches Interesse sollte die Mafia an einem kleinen Beratungsunternehmen haben?«
»Nun, unsere Kontakte vielleicht? Unsere finanzstarken Kunden? Verwaltung? Wirtschaftsförderung? Gemini werden sogar Beziehungen bis nach Rom nachgesagt.«
»Könnte sein. Komm, lass uns über angenehmere Dinge sprechen. Denkst du manchmal noch an unsere Zeit in Köln? Mann, jeden Abend Party, und die Weiber waren alle scharf auf uns.«
Mantinger lachte. »Daran kann ich mich bestens erinnern. Du standest auf blond, ich bevorzugte die Schwarzhaarigen. Von beiden gab es reichlich. Wie gutgläubig sie
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