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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rüth
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öffnete den großen Spiegelschrank, nahm eine der gläsernen Ampullen heraus und würgte, sich dabei im Spiegel beobachtend, den Inhalt widerwillig herunter. Unglaublich, wie alt er geworden war. Er ging zurück ins Schlafzimmer und legte sich neben seine Frau, die wieder eine Schlaftablette genommen hatte. Wenn sie schlief, sah sie so zufrieden aus. Man mochte gar nicht glauben, dass man einen derartig depressiven Menschen vor sich hatte.

13
     
    Montag, 6. Juli
     
    Vincenzos Erkenntnisse und Überlegungen gaben ihren Ermittlungen neue Impulse. Wer hatte die Möglichkeit gehabt, sowohl Achatz als auch Panzini aus dem Weg zu räumen? Wer entsprach am ehesten dem Täterprofil, das sich aus Vincenzos Tatortanalysen ergab? Einerseits durchleuteten sie, wie bisher schon, das Umfeld und den persönlichen Hintergrund sämtlicher Beteiligten und versuchten, Zusammenhänge zwischen Opfern und Täter herzustellen, andererseits sammelten sie Fakten und entwickelten Profile. Irgendwann würde sich aus beiden Ansätzen eine Schnittstelle ergeben.
    Gleich drei der SSP-Mitarbeiter – Hans-Georg Schimmel, Franz Junghans und Klaus Mantinger – stammten aus Köln beziehungsweise hatten dort studiert. Das war zumindest auffällig. Francos Angaben zu seinen Reisen und Zukunftsplänen in der Toskana erwiesen sich als zutreffend. Lediglich über Salvatore Gemini ließ sich nur wenig in Erfahrung bringen. Er stammte aus Bozen und hatte dort, zusammen mit Schimmel, vor rund dreizehn Jahren die SSP gegründet.
    Zu Achatz oder Panzini hatte keiner der Kollegen und Vorgesetzten nähere Beziehungen. Ein Motiv mit persönlichem oder familiärem Hintergrund schien immer unwahrscheinlicher. Sie mussten herausfinden, woher sich die Einzelnen kannten, vor allem Schimmel und Gemini. Zwischen ihnen schien keinerlei freundschaftliche Bindung zu bestehen, dennoch hatten sie zusammen ein Unternehmen gegründet. Dann die drei Kölner, wann hatte jeder von ihnen studiert? Kannten sie sich damals schon? Waren sie vielleicht sogar miteinander befreundet?
    Bedachte man die Tatumstände, so musste der Mörder bestimmte Charaktermerkmale erfüllen: intelligent, beherrscht, analytisch, skrupellos. Aufgrund dieser Eigenschaften war zu vermuten, dass er oder sie in einem Verhör gänzlich unauffällig blieb – kein Täter, der leicht einzuschüchtern war. Weiterhin schien es wahrscheinlich, dass er sich in den Südtiroler Bergen auskannte und trainiert genug war, das Gepäck anderer Mitwanderer zu tragen. Commissario Bellini und Ispettore Marzoli kündigten sich für Dienstag um neun Uhr erneut bei der SSP an.
    ***
     
    »Allmählich geht mir der Herr Kommissar gewaltig auf die Nerven.« Schimmel, der noch unter dem Einfluss seines vorabendlichen Selbsterkenntnisschubes stand, redete sich auf für ihn ungewohnte Weise in Rage. Die beiden Geschäftsführer und die Berater der SSP saßen um den Tisch im Besprechungsraum, um sich für die Befragungen am nächsten Morgen abzusprechen. »Der hat sich auf uns eingeschossen. Wenn das so weitergeht, können wir bald dichtmachen. Und das Motiv dieses Pseudo-Polizisten? Nichts als Neid, der Neid eines kleinen, dummen, schlecht bezahlten Beamten.«
    »Reg dich nicht auf, Hans-Georg«, entgegnete Gemini, der seinen Partner als Einzigen in der Firma duzte. »Zwei Mordfälle, beide im Zusammenhang mit unserer Firma. Es ist folgerichtig, dass sie bei uns ermitteln.«
    »Ach, was! Die Selbstverständlichkeit, mit der uns dieser Idiot die Zeit stiehlt, ist unverfroren. Er hat es nicht einmal für nötig befunden zu fragen, ob es uns so kurzfristig passt. Salvatore, du hast doch hochrangige Kontakte zu den Südtiroler Behörden, kannst du diesen Bellini nicht zurückpfeifen lassen?«
    »Ich fürchte, nein. Wenn Falcone noch Vice-Questore wäre, könnte ich sicherlich was unternehmen. Aber Baroncini ist unbestechlich, durch nichts und niemanden zu beeindrucken, auch nicht durch mich. Lassen wir es dabei bewenden.«
    Doch Junghans schlug voller Eifer in dieselbe Kerbe: »Warum sollen wir klein beigeben? Müssen wir uns hier alles gefallen lassen? Das ist doch staatliche Willkür! Nicht nur, dass uns diese Holzköpfe von unserer Arbeit abhalten, nein, unsere Kunden kriegen mit, was hier abläuft. Das wäre für jede Firma eine Katastrophe!«
    Mantinger hatte Junghans’ Tirade mit zusammengekniffenen Augen angehört. Jetzt sprang er auf und rief mit drohend gehobenem Zeigefinger: »Franz hat völlig recht! Wir werden hier ohne

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