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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rüth
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vorstellen, dass es so gelaufen ist?«
    »Das ist eine interessante These. Dann würde unser Mörder über nahezu übermenschliche Fähigkeiten verfügen. Außerdem bleiben trotzdem mindestens zwei weitere Verdächtige.«
    »Das ist mir klar. Dennoch, halten Sie meine Idee für abwegig?«
    »Ganz und gar nicht, Commissario. Ich glaube zwar, dass Gemini schuldig ist, aber warum sollten wir Ihren Weg nicht beschreiten? Und sei es nur, um jede Unschuldsvermutung bei Gemini auszuschließen.«
    »Sie haben recht. Gehen wir, wir wissen, was zu tun ist. Ich muss nur noch kurz meine Freundin anrufen.«
    »Das tut mir leid für deine Tante, ich fand die beiden richtig süß. Klar, ich komme mit nach Nürnberg, aber lass mich ein nettes Hotel für uns aussuchen. Ich schaue kurz in mein Outlook, dann sage ich dir, wann ich in Bozen sein kann. Moment …«
    In der Warteschleife lauschte Vincenzo verzückt den Klängen von Smetanas »Moldau«. Er liebte klassische Musik. Smetana hatte dieses eindrucksvolle Stück, bei dem man den Strom richtiggehend vor sich sah, wie er durch verschiedene Landschaften floss, komponiert, als er schon fast taub war. Wie war das nur möglich?
    Giannas Stimme riss ihn aus seiner Bewunderung. »Da bin ich wieder. Ich sehe zu, dass ich den Zug um zwölf kriege, dann könntest du mich um halb vier am Bahnhof abholen.«
    Jetzt konnte sich Vincenzo endlich seiner Hypothese widmen. Er holte sich aus der Asservatenkammer Achatz’ Sachen. Seine Anzüge, Toilettenartikel und andere Gegenstände waren gründlich von der Spurensicherung untersucht worden. Ihn interessierte nur Achatz’ Rucksack. Regensachen, uninteressant, ein paar Müsliriegel, uninteressant, sein Handy, darauf war nichts von Bedeutung. In diesem Rucksack war nicht viel, vor allem keine Trinkflaschen. Er griff hinein, tastete sich an der Innenpolsterung entlang. Wenn Vincenzo sich mit etwas auskannte, dann mit Rucksäcken. Und siehe da, es gab noch ein kleines Seitenfach. Das hatte Reiterer tatsächlich übersehen. Nicht allzu verwunderlich, denn der Leiter der Spurensicherung interessierte sich nicht fürs Wandern oder gar fürs Bergsteigen. Es war in der Questura bekannt, dass er sich fast täglich auf seinem heimischen Crosstrainer quälte, weswegen ihn so mancher Kollege spöttisch mit einem Hamster in seinem Rad verglich. Eine kleine Genugtuung, denn es gab kaum jemanden, der noch nicht mit Reiterers ironischen Kommentaren Bekanntschaft gemacht hatte. Diesen kleinen Patzer würde er ihm genüsslich unter die Nase reiben.
    Er griff in das Fach und förderte eine kleine Geldbörse zutage. Ein paar Scheine, ein größeres Fach mit Kleingeld. Und dann – so etwas hatte Vincenzo sich vorgestellt. Er nahm das Ding aus dem Kleingeldfach, hielt es sich vor die Augen, drehte es. Keine Frage, das war ein Schließfachschlüssel. Er trug die Nummer 779. Vincenzo legte den Schlüssel beiseite und rief Google auf. Er gab zunächst die Begriffe Deutschland und Privatdetektiv ein. Fast achtzigtausend Treffer, zu viel. Er grenzte seine Suche auf Privatdetektiv, Wirtschaft und Region Deutschland ein. Nur noch einundzwanzig Treffer, davon weniger als zehn in Süddeutschland, die meisten in München und Augsburg, eine überschaubare Anzahl. Er nahm den Hörer ab.
    »Detektei Müller & Müller, was können wir für Sie tun?« Vincenzo stellte sich vor und erläuterte den Grund seines Anrufs. »Sie werden verstehen, dass wir Ihnen nicht ohne Weiteres Klientendaten rausgeben dürfen. Ich lege auf, werde Ihre Questura recherchieren und Sie dann über die Zentrale anrufen. Einverstanden?«
    Das hatte Vincenzo erwartet. Diese Detekteien arbeiteten professionell. Er hätte ja irgendwer sein können. Bei den folgenden Anrufen erging es ihm genauso.
    ***
     
    Schimmel stand vor seinem dezimierten Team. Er wusste nicht recht, wie es ohne den übermächtigen Gemini weitergehen sollte. »Kollegen, Mitstreiter, wir müssen den Blick nach vorne richten und versuchen, unsere – ich sage bewusst unsere – SSP wieder auf Kurs zu bringen. Wir sitzen alle im selben Boot. Seit wir regelmäßig auf den Titelseiten erscheinen, vor allem in der ›Dolomiten‹, diesen Auflagenjunkies, sind uns fünf Stammkunden abgesprungen. Neukunden kommen gar nicht erst, nachdem wir mit Achatz unser größtes Zugpferd verloren haben. Sie alle sind gefordert. Haben Sie Ideen?«
    Auf diesen Augenblick hatte Franz Junghans gewartet. Gemini im Knast, Schimmel am Ende, endlich konnte er seine

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