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Das Monster von Bozen

Das Monster von Bozen

Titel: Das Monster von Bozen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Rüth
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Dann habe ich gute Nachrichten. Wenn Tante Erika schnell operiert wird, liegen ihre Heilungschancen weit über neunzig Prozent.«
    »Wirklich?« Seine Mutter sah ihn mit den Augen eines kleinen Mädchens an, dem man zum ersten Mal die Geschichte vom Weihnachtsmann erzählt.
    »Wirklich!«, versicherte Vincenzo. »Ich bin zwar kein Arzt, aber die Einträge bei Google gehen alle in dieselbe Richtung: häufige Krebsart bei Frauen, gefährlich, wie jeder Krebs, gleichwohl besonders gute Heilungschancen.«
    Seine Mutter konnte er einigermaßen beruhigen. Ihm selbst allerdings war das Ganze nicht geheuer. Wie schnell das gehen konnte! Auch Männer hatten ihre spezifischen Risiken, die Prostata zum Beispiel. Er fragte sich, ob es ausreichend war, nur einmal jährlich zur Vorsorge zu gehen. Vielleicht sollte er zukünftig lieber zweimal gehen und gleich noch eine Darmspiegelung machen lassen?

24
     
    Donnerstag, 23. Juli
     
    Vincenzo verließ Sarnthein nordwärts, bog in Astfeld ab und folgte dem Durnholzer Bach bis zum Fischerwirt. Dort stellte er seinen Alfa 147 ab. Auf der Fahrt war es ihm nicht gelungen, sich auf sein Vorhaben zu konzentrieren, er musste unentwegt an Tante Erika denken. Er beschloss, am Wochenende mit seinen Eltern nach Nürnberg zu fahren. Das würde beiden guttun, seiner Tante und seiner Mutter. Dann ging er los, folgte dem Seebbach auf dem Weg mit der Markierung 16. Anfangs war es eher ein Spaziergang, er musste nicht auf seine Schritte achten, sodass er sich in Arthur Achatz hineinversetzen konnte. Wegen ein paar wilder Spekulationen wäre er wohl kaum ermordet worden, er musste konkrete Anhaltspunkte gefunden haben.
    Arthur Achatz aus Augsburg, wie bist du auf einen Betrug gekommen? Worauf bist du gestoßen? Das Ganze ist doch perfekt getarnt. War es ein Zufall? Nein, du warst ein zielstrebiger Mensch. Wenn ich du wäre, ein Unternehmensberater, der Geschäftspläne macht, Fördergelder beantragt, mit Banken verhandelt, wie würde ich dann auf einen Betrug mit Fördergeldern stoßen? Du hattest mit Bilanzen zu tun, hattest Einsicht in die Kontoauszüge und Finanzberichte deiner Kunden. Das ist es! Dabei hast du die Zahlungen nach Liechtenstein bemerkt. Du bist misstrauisch geworden, anders als deine Partner in Südtirol. Du warst ein Berater mit internationaler Erfahrung, kein Provinzler wie deine Kollegen. Und dann hast du angefangen zu graben. Wie tief bist du gekommen, dass dich jemand dafür ermordet hat?
    Vincenzo blieb eine Weile stehen, nahm bewusst das leise Rauschen des Seebbaches wahr und versank in tiefes Grübeln. Und plötzlich begriff er, wie Achatz dem Drahtzieher auf die Schliche gekommen war. Den Gedanken hatte er im Verlauf der Ermittlung schon einmal gehabt, aber da konnte er den Zusammenhang noch nicht sehen. Jetzt fügten sich einige Teile des Puzzles wie von Geisterhand zusammen. Damit wusste er, was er nachmittags im Büro als Erstes tun musste.
    Inzwischen hatte er das Ende des Schotterweges erreicht, der Weg wurde schmaler und steiler. Er ging schneller und war bald an der Flaggerschartenhütte. Außer ihm war niemand da. Es war noch zu früh für neue Gäste, und die Bergsteiger, die übernachtet hatten, waren längst wieder unterwegs. Er bestellte einen Caffè Doppio, zeigte seine Dienstmarke und bat Manfred, den Hüttenwirt, ihm Gesellschaft zu leisten.
    Vincenzo holte ein Foto von Mantinger aus seinem Rucksack. »Kennst du den?«
    Manfred lachte: »Allerdings! Der ist häufiger hier. Ein verrückter Typ, Bergsteiger und Extremkletterer, der geht locker bis zum achten Schwierigkeitsgrad. Die Zinnen sind keine Herausforderung für den. Und der übernachtet oft auf irgendwelchen Gipfeln, davon erzählt er mir immer.«
    »Kannst du dich erinnern, ob er am 26. Juni hier war? Das war ein Freitag.«
    »Du stellst vielleicht Fragen. Hast du eine Vorstellung, wie viele Leute hier ein- und ausgehen? Aber es ist nicht lange her, dass er hier war.« Manfred zögerte einen Moment, ehe er weitersprach. »Wenn ich es mir recht überlege, klar, der war an dem Tag hier! Das war das erste Wochenende, an dem das Haus voll war. Daran kann ich mich gut erinnern, weil die Berge vorher durch die ständigen Unwetter wie ausgestorben waren, und damit auch meine Hütte. Klaus kam nachmittags hier an, trank zwei Halbe und erzählte, dass er auf der Jakobsspitze übernachten würde. Genau, so war das. Und ich kann mich auch wieder an ein paar Übernachtungsgäste erinnern. Die kamen schon fast

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