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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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war längst nicht alles Unheimliche, was neuerdings aus Haven drang. Ebenfalls im Juli war ein Ehepaar an der Nista Road bei einem Feuer umgekommen. Diesen Monat war ein Arzt mit seinem Privatflugzeug abgestürzt und verbrannt. Sicher, das war in Newport geschehen, aber der FAA-Fluglotse vom BIA hatte bestätigt, dass der unglückliche
Doktor Haven überflogen hatte, noch dazu in illegal niedriger Flughöhe. Die Telefonverbindung nach Haven war seltsam unzuverlässig geworden. Manchmal kam man durch, manchmal nicht. Er hatte das Bureau of Taxation in Augusta um eine Liste der Wahlberechtigten in Haven gebeten (und hatte die sechs Dollar Gebühren für die neun Seiten Computerausdruck bezahlt) und anhand dieser Liste Verwandte von an die sechzig Havenern ausfindig gemacht – Verwandte in Bangor, Derry und den umliegenden Gegenden; und das alles in seiner Freizeit.
    Er hatte keinen finden können – nicht einen –, der seit dem 10. Juli einen Verwandten aus Haven gesehen hatte … seit vor mehr als einem Monat. Nicht einen.
    Natürlich fanden viele derer, die er interviewte, das überhaupt nicht seltsam. Einige standen mit ihrer Verwandtschaft in Haven nicht auf gutem Fuß, denen war es schnurzegal, ob sie in den nächsten sechs Monaten nichts von ihnen hören oder sehen würden … oder in den nächsten sechs Jahren. Andere waren erst überrascht und dann nachdenklich, als Leandro sie auf den geraumen Zeitraum hinwies, über den sie da eigentlich redeten. Natürlich war der Sommer für die meisten eine geschäftige Zeit – sie verstrich mit einer beiläufigen Leichtigkeit, die der Winter nicht kannte. Und natürlich hatten sie ein – oder zweimal mit Tante Mary oder Bruder Bill telefoniert – manchmal kam man nicht durch, aber meistens schon.
    Die Aussagen der Leute, die Leandro interviewte, wiesen noch andere verdächtige Ähnlichkeiten auf, Ähnlichkeiten, bei denen ihm eindeutig der Geruch von etwas definitiv Faulem in die Nase stieg:
    Ricky Berringer war Hausanstreicher in Bangor. Sein älterer Bruder Newt war Zimmermann und gleichzeitig Stadtrat von Haven. »Ende Juli haben wir Newt zum Essen
eingeladen«, sagte Ricky, »aber er hat gesagt, er hätte die Grippe.«
    Don Blue war Makler in Derry. Seine Tante Sylvia, die in Haven wohnte, hatte die Angewohnheit gehabt, ungefähr jeden Sonntag zum Essen zu Don und seiner Frau zu kommen. Die letzten drei Sonntage hatte sie sich entschuldigen lassen – einmal wegen Grippe (die Grippe scheint in Haven umzugehen, dachte Leandro, sonst nirgends, wohlgemerkt – nur in Haven), die beiden anderen Male, weil es so heiß war, dass sie die kleine Reise einfach nicht auf sich nehmen wollte. Bei näherem Befragen stellte Blue fest, dass es fünf Sonntage waren, an denen seine Tante ihnen nicht mehr die Ehre gegeben hatte – vielleicht sogar sechs.
    Bill Spruce hielt eine Herde Milchkühe in Cleaves Mills. Sein Bruder Frank hielt eine Herde in Haven. Normalerweise trafen sich die beiden großen Familien alle ein, zwei Wochen, und der Clan Spruce aß tonnenweise gegrilltes Fleisch, trank literweise Bier und Pepsi-Cola, und Frank und Bill saßen entweder am Picknicktisch in Franks Garten oder auf der Veranda von Bills Haus und verglichen Unterlagen über das, was sie einfach das Geschäft nannten. Bill gab zu, dass es einen Monat oder länger her war, seit er Frank zuletzt gesehen hatte – Frank hatte ihm gesagt, dass er Probleme hätte, zuerst mit seinem Futtermittellieferanten, dann mit den Milchinspektoren. Inzwischen hatte Bill selbst einige Probleme gehabt. Während der letzten Hitzewelle war ein halbes Dutzend seiner Holsteiner krepiert. Und, fügte er als Anmerkung hinzu, seine Frau hatte einen Herzanfall gehabt. Er und sein Bruder hatten diesen Sommer einfach nicht viel Zeit gehabt, einander zu besuchen – aber der Mann hatte dennoch ehrliche Überraschung gezeigt, als Leandro seinen Taschenkalender herausgeholt
und die beiden nachgerechnet hatten, wie lange es wirklich her war: Die beiden Brüder hatten sich seit dem 30. Juni nicht mehr gesehen. Spruce pfiff und schob die Mütze in den Nacken. »Gott, das ist eine lange Zeit«, sagte er. »Ich denke, ich werde mal nach Haven fahren und Frank besuchen, wo meine Evelyn jetzt wieder einigermaßen auf dem Damm ist.«
    Leandro sagte nichts, aber anhand einiger anderer Aussagen, die er in den vergangenen Wochen gesammelt hatte, dachte er, dass die Reise vielleicht Bill Spruces Gesundheit nicht sehr zuträglich sein

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