Das Monstrum
und der Route 26. Und jetzt verschwinden Sie in drei Teufels Namen, bevor ich die Polizei rufe.«
Hätte er noch mehr über sich wissen müssen als das, was er bereits wusste, so hätte er es den angewiderten Augen des kräftigen Hotelpagen entnehmen können.
Gardener trottete langsam den Hügel hinab zur Tankstelle. Seine Socken flatschten und schlugen gegen den Asphalt. Sein Herz klopfte wie ein stotternder Modell-T – Motor, der zu harte Touren und zu wenige Wartungen erlebt hatte. Er konnte spüren, wie die Kopfschmerzen nach links wanderten,
wo sie später dann zu einem blendenden Stecknadelkopf schrumpfen würden … jedenfalls, wenn er den Plan verfolgen würde, noch so lange zu leben. Und plötzlich war er wieder siebzehn.
Er war siebzehn, und seine Besessenheit waren nicht Kernkraftwerke, sondern bumsen. Das Mädchen hieß Annmarie, und er dachte, dass er es ziemlich bald mit ihr machen würde, wenn der die Nerven behielt. Wenn er cool blieb. Vielleicht sogar heute Nacht. Ein Teil des Coolbleibens bestand darin, dass er sich heute gut hielt. Heute und hier, und hier war Straight Arrow, eine Skipiste für Fortgeschrittene am Victory Mountain in Vermont. Er sah auf seine Skier hinab und ging im Geiste die erforderlichen Schritte durch, um im einfachen Schneepflug anzuhalten, wie für eine Prüfung, die er bestehen wollte, denn er wusste, dass er immer noch ein ziemlicher Anfänger war, aber Annmarie nicht, und irgendwie hatte er das Gefühl, dass sie nicht so gewillt sein würde, ihn ranzulassen, wenn er an seinem ersten Tag außerhalb der Anfängerpiste aussehen würde wie Frosty der Schneemann; es machte ihm nichts aus, ein wenig unerfahren auszusehen, solange er nicht regelrecht dumm aussah, und daher hatte er eben doch dumm auf seine Füße gesehen anstatt dorthin, wohin er fuhr, nämlich direkt auf eine knorrige alte Kiefer zu, auf deren Stamm rote Warnstreifen gemalt waren, und die einzigen Laute kamen vom Wind in seinen Ohren und dem trockenen Schnee unter den Skiern, und es war beides derselbe beruhigende Vorbeizisch-Laut: Schuschsch …
Es war der Vers, der in die Erinnerung hineinbrach und ihn veranlasste, kurz vor der Tankstelle stehen zu bleiben. Der Vers kehrte zurück und blieb im selben Rhythmus wie sein Schädel pochend. Letzte Nacht und die Nacht zuvor, Tommyknockers, Tommyknockers klopften an mein Tor.
Gard räusperte sich, registrierte den kupferartigen, widerlichen Geschmack seines eigenen Blutes und spie einen rötlichen Klumpen Schleim in den Abfall-übersäten Dreck des Straßenrandes. Er erinnerte sich, wie er seine Mutter gefragt hatte, wer oder was die Tommyknockers waren. Er konnte sich nicht erinnern, was sie geantwortet hatte, wenn überhaupt etwas, aber er hatte sie sich immer als Straßenräuber vorgestellt, Wegelagerer, die bei Mondlicht stahlen, im Schatten mordeten und ihre Opfer in den dunkelsten Stunden der Nacht begruben. Und hatte er nicht eine qualvolle endlose halbe Stunde in der Finsternis seines Schlafzimmers verbracht, bis der Schlaf sich schließlich entschieden hatte, barmherzig zu sein und ihn zu sich zu holen, und sich gefragt, ob sie vielleicht nicht nur Räuber, sondern auch Kannibalen waren? Dass sie ihre Opfer nicht in den dunkelsten Stunden der Nacht begruben, sondern sie vielleicht kochten und … na ja …
Gardener schlug seine dünnen Arme (oben im Zyklon schien es keine Restaurants zu geben) um die Brust und erschauerte.
Er ging auf die andere Straßenseite zu der Mobil-Tankstelle, die mit Fähnchen geschmückt war, aber noch nicht geöffnet hatte. Auf den Schildern davor stand: SUPER BLEIFREI .99 und GOTT SCHÜTZE AMERIKA und WIR LIEBEN WINNEBAGOS! Der Münzfernsprecher war an der Seite des Gebäudes. Gardener war dankbar dafür, dass es sich um einen von der neuen Art handelte; man konnte Ferngespräche führen, ohne Geld einwerfen zu müssen. Das ersparte ihm wenigstens die Beschämung, einen Teil seines letzten Vormittags auf Erden mit betteln verbringen zu müssen.
Er drückte die Null, dann musste er innehalten. Seine Hand zitterte wie wild, sie war komplett chaotisch. Er klemmte sich den Hörer zwischen Kopf und Schulter, sodass
er beide Hände frei hatte. Umklammerte das rechte Handgelenk mit der linken Hand, um die Hand ruhig zu halten … jedenfalls so ruhig wie möglich. Nun, wie ein Schütze auf einem Schießstand aussehend, benutzte er den Zeigefinger dazu, die Knöpfe mit langsamer und grauenhafter Behutsamkeit zu drücken. Die
Weitere Kostenlose Bücher