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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Automatenstimme sagte ihm, er solle entweder die Nummer seiner Telefonkreditkarte eingeben (eine Aufgabe, von der Gardener dachte, dass er sie unmöglich hätte bewerkstelligen können, selbst wenn er eine solche Karte gehabt hätte) oder Null für das Amt drücken. Gardener traf die Null.
    »Hi, froher Feiertag, hier ist Eileen«, flötete eine Stimme. »Dürfte ich bitte Ihren Zahlungsmodus erfahren?«
    »Hi, Eileen, auch Ihnen einen frohen Feiertag«, sagte Gard. »Ich möchte ein R-Gespräch von Jim Gardener anmelden. «
    »Danke, Jim.« »Nichts zu danken«, sagte er, und dann plötzlich: »Nein, ändern Sie das. Sagen Sie ihr, dass Gard anruft.«
    Während Bobbis Telefon in Haven zu läuten begann, drehte Gardener sich um und sah zur aufgehenden Sonne. Sie war noch röter als vorher und stieg auf durch die Fetzen von sich verdichtenden Schäfchenwolken wie eine dicke runde Blase am Himmel. Die Sonne und die Wolken zusammen riefen ihm einen weiteren Kindervers ins Gedächtnis zurück: Am Abend rote Sonne ist des Matrosen Wonne. Doch rote Sonne am Morgen bringt dem Matrosen Sorgen. Gard wusste nichts von rotem Himmel am Morgen oder Abend, aber er wusste genau, dass diese Schäfchenwölkchen die verlässlichen Vorboten von Regen waren.
    Verdammt zu viele Verse für den letzten Morgen eines Mannes auf Erden, dachte er gereizt, und dann: Ich werde
dich aufwecken, Bobbi. Ich werde dich aufwecken, aber ich verspreche dir, dass ich es nie wieder tun werde.
    Aber es gab keine Bobbi, die er aufwecken konnte. Das Telefon läutete, das war alles. Läutete … läutete … läutete.
    »Ihr Gesprächspartner meldet sich nicht«, sagte das Fräulein vom Amt für den Fall, dass er taub war oder einen Augenblick vergessen hatte, was er tat, und sich den Hörer ans Arschloch statt ans Ohr gehalten hatte. »Wollen Sie es später noch einmal versuchen?«
    Ja, vielleicht. Aber dann mit dem Ouija-Brett, Eileen.
    »Okay«, sagte er. »Schönen Tag noch.«
    »Vielen Dank, Gard.«
    Er nahm das Telefon vom Ohr, als hätte es ihn gebissen, und starrte es an. Einen Augenblick hatte sie sich wirklich sehr nach Bobbi angehört… wirklich verdammt sehr …
    Er nahm den Hörer wieder hoch und kam bis »Warum …«, bis ihm klar wurde, dass die fröhliche Eileen aufgelegt hatte.
    Eileen. Eileen, nicht Bobbi. Aber …
    Sie hatte ihn Gard genannt. Bobbi war die Einzige, die …
    Nein, ändern Sie das, hatte er gesagt. Sagen Sie ihr, dass Gard anruft.
    Da. Völlig vernünftige Erklärung.
    Aber warum schien es dann nicht so zu sein?
    Er legte langsam auf. Er stand in nassen Socken und mit eingelaufener Hose und heraushängendem Hemd an der Seite der Mobil-Tankstelle, und sein Schatten war sehr lang. Eine Gruppe Motorradfahrer fuhr in Richtung Maine auf der Route 1 vorbei.
    Bobbi ist in Schwierigkeiten.
    Würdest du bitte damit aufhören? Das ist Bockmist, wie Bobbi selbst sagen würde. Hat jemand behauptet, dass der einzige Feiertag, an dem man nach Hause fahren kann,
Weihnachten ist? Sie ist zur Feier des glorreichen 4. Juli nach Utica zurückgefahren, das ist alles.
    Ja, sicher. Bobbi würde genau so wahrscheinlich zum Vierten nach Utica fahren, wie Gard sich um eine Stelle als Praktikant beim neuen Kernkraftwerk von Bay State bewerben würde. Schwester Anne würde wahrscheinlich den Feiertag damit begehen, dass sie ein paar Kanonenschläge in Bobbis Möse schob und sie anzündete.
    Nun, vielleicht wurde sie eingeladen, der Marshall einer Parade – oder der Sheriff, ha-ha – in einem dieser Kuhdörfer, über die sie immer schreibt, zu sein. Deadwood, Abiline, Dodge City, irgend so ein Nest. Du hast getan, was du konntest. Und jetzt bring zu Ende, was du angefangen hast.
    Sein Verstand unternahm keinen Versuch der Widerrede; damit hätte er fertigwerden können. Stattdessen wiederholte er lediglich seine Behauptung: Bobbi ist in Schwierigkeiten.
    Nur eine Ausrede, du schissiger Mistkerl.
    Das glaubte er aber nicht. Intuition verfestigte sich zur Gewissheit. Und ob es nun Bockmist war oder nicht, die Stimme beharrte darauf, dass Bobbi in der Klemme steckte. Bis er mit Sicherheit wusste, ob das zutraf oder nicht, konnte er seine eigenen Angelegenheiten aufschieben, dachte er. Wie er sich selbst vor gar nicht langer Zeit gesagt hatte: Das Meer würde ihm schon nicht weglaufen.
    »Vielleicht haben die Tommyknockers sie geholt«, sagte er laut, dann lachte er – ein verängstigtes, heiseres kleines Lachen. Alles klar, er wurde gerade

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