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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wahnsinnig.

Kapitel sieben
Gardener kommt an
    1
    Schuschsch …
    Er sieht auf seine Skier hinab, schlichte braune Holzstreifen, die über den Schnee rasen. Er hatte nur nach unten gesehen, um festzustellen, ob sie noch schön parallel waren, weil er nicht wie ein Skihäschen aussehen wollte, das hier nichts verloren hatte. Jetzt ist er fast hypnotisiert von der fließenden Geschwindigkeit seiner Skier, von dem kristallenen Glitzern des Schnees, der in einem konstanten, zehn Finger breiten Streifen zwischen seinen Skiern dahingleitet. Er bemerkt seinen halb hypnotisierten Zustand nicht bis Annmarie aufschreit: »Gard, pass auf! Pass auf! «
    Es ist, als würde man aus einem leichten Dämmerschlaf geweckt. Das ist der Punkt, an dem er erkennt, dass er halb weggetreten gewesen ist, dass er viel zu lange auf den dahingleitenden weißen Streifen hinabgesehen hat.
    Annmarie schreit: »Stemmschwung! Gard! Stemmschwung! «
    Sie schreit erneut, und diesmal ruft sie ihm zu, sich fallen zu lassen. Einfach fallen lassen? Herrgott, dabei kann man sich ein Bein brechen!
    In diesen letzten paar Sekunden vor dem zerschmetternden Aufprall kann er immer noch nicht verstehen, wie die Lage so schnell so ernst geworden ist.
    Irgendwie hat er es geschafft, weit nach links von der
Piste abzukommen. Kiefern und Fichten, deren blaugraue Zweige sich unter der Schneelast biegen, rasen unscharf weniger als drei Schritte entfernt an ihm vorbei. Ein aus dem Schnee ragender Stein wird kurz sichtbar, sein linker Ski hat ihn nur um Haaresbreite verfehlt. Mit kaltem Entsetzen wird ihm klar, dass er völlig die Kontrolle verloren hat, dass er alles vergessen hat, was Annmarie ihm beibrachte, alle Manöver, die auf den Anfängerpisten so leicht schienen.
    Und jetzt rast er mit … wie viel? Zwanzig Meilen pro Stunde? Dreißig? Vierzig? Kalte Luft schneidet ihm ins Gesicht, und er sieht die Baumreihe am Rand der Straight Arrow-Piste immer näher kommen. Seine eigene pfeilgerade Richtung ist eine sanfte Diagonale geworden. Sanft, aber dennoch tödlich. Er sieht, dass seine Bewegungsrichtung ihn bald ganz von der Piste führen wird, und dann wird er anhalten, jede Wette, dann wird er verdammt schnell anhalten.
    Sie kreischt erneut, und er denkt: Stemmschwung? Hat sie das wirklich gesagt? Ich kann nicht einmal einen Schneepflug, und sie will von mir, dass ich Stemmschwung mache?
    Er versucht nach rechts zu drehen, aber seine Skier bleiben störrisch auf Kurs. Jetzt kann er den Baum sehen, den er treffen wird, eine große, knorrige alte Kiefer. Um den Stamm ist ein roter Streifen gemalt – ein vollkommen unnötiges Gefahrensignal.
    Er versucht noch einmal zu drehen, aber er hat vergessen, wie man das macht.
    Der Baum wächst, er scheint auf ihn zuzurasen, während er selbst stillsteht; er kann schartige Knoten sehen, spitze, kreuz und quer abstehende Aststummel, auf denen er sich aufspießen könnte, er kann Risse in der alten Rinde sehen, er kann Tropfen sehen, wo die rote Farbe herabgelaufen ist.

    Annmarie kreischt erneut, und jetzt merkt er, dass er selbst schreit.
    Schuschsch …
    2
    »Mister? Mister, geht es Ihnen gut?«
    Gardener richtete sich plötzlich erschrocken auf und rechnete damit, für diese Bewegung mit bohrenden Schmerzen im Kopf bezahlen zu müssen – aber es kamen keine. Er durchlebte einen Augenblick Übelkeit erregenden Schwindelgefühls, das vom Hunger herrühren konnte, aber sein Kopf war klar. Die Kopfschmerzen waren auf ihre plötzliche Weise verschwunden, während er geschlafen hatte – vielleicht sogar, während er von seinem Unfall geträumt hatte.
    »Mir geht es gut«, sagte er, sich umsehend. Diesmal pochte sein Kopf – aber gegen eine Trommel. Ein Mädchen in abgeschnittenen Jeans lachte. »Üblicherweise benutzt man Stöcke dafür, nicht den Kopf, Mann. Du hast im Schlaf gemurmelt.«
    Er sah, dass er in einem Van saß – und plötzlich fügte sich alles zusammen. »Habe ich?«
    »Ja. Kein gutes Murmeln.«
    »Es war auch kein guter Traum«, sagte Gardener.
    »Nimm einen Zug davon«, sagte das Mädchen und reichte ihm einen Joint. Der Jointhalter, in dem er steckte, war ein echter Klassiker: Richard Nixon im blauen Anzug, die Finger zur charakteristischen V-Geste erhoben, an die sich wahrscheinlich nicht einmal die ältesten der fünf anderen Leute in dem Van erinnerten. »Heilt garantiert alle schlechten Träume«, fügte das Mädchen feierlich hinzu.

    Das haben sie mir auch vom Fusel erzählt, Lady Day. Aber manchmal

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