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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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er aussah wie die Wäscheleine eines Landstreichers. »Ich denke schon.« Er lächelte vorsichtig. »Schau mal, Mama, er hat gar nicht gebohrt.«
    Anderson versuchte, Gardeners Lächeln mit Lippen zu erwidern, die immer noch bis zum Zahnfleisch zurückgezogen waren. Das Ergebnis dieses Experiments war, gelinde gesagt, grotesk. Sie legte einen Zeigefinger auf einen Backenzahn und drückte.
    »Ackelt er, enn ich as ache?«
    »Was?«
    »Wackelt er, wenn ich das mache?«
    »Nein. Ich sehe nichts. Warum?«

    »Es ist nur wegen dieses Traums, den ich ständig habe. Es …« Sie sah an sich hinab. »Verschwinde, Gard. Ich bin nicht angezogen.«
    Keine Bange, Bobbi. Ich hatte nicht vor, dich anzufallen. Hauptsächlich, weil ich mich an deinen Knochen stoßen könnte.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Die Tür war offen. Ich dachte, du wärst schon wieder draußen.«
    Er machte die Tür zu und zog sie fest ins Schloss.
    Sie sagte deutlich durch sie hindurch: »Ich weiß, was du dich fragst.«
    Er sagte nichts – stand nur da. Aber er hatte das Gefühl, sie wusste – wusste –, dass er noch da stand. Als könnte sie durch die Tür sehen. »Du fragst dich, ob ich den Verstand verliere.«
    »Ich bin so normal wie du auch«, sagte Anderson durch die Tür. »Ich bin so steif, dass ich kaum gehen kann, und ich habe aus einem Grund, an den ich mich nicht erinnern kann, einen elastischen Verband um das rechte Knie, ich bin hungrig wie ein Wolf, und ich weiß, ich habe zu viel abgenommen … aber ich bin normal, Gard. Ich glaube, noch ehe dieser Tag vorbei ist, wirst du dich fragen, ob du es noch bist. Die Antwort lautet, wir sind es beide.«
    »Bobbi, was ist hier los?«, fragte Gardener. Es kam als eine Art hilfloses Schluchzen heraus.
    »Ich möchte diesen gottverdammten elastischen Verband abnehmen und nachsehen, was darunter ist«, sagte Anderson durch die Tür. »Fühlt sich so an, als hätte ich mein Knie ziemlich erledigt. Wahrscheinlich draußen im Wald. Dann möchte ich heiß duschen und mir etwas Frisches anziehen. Während ich das tue, könntest du uns ein Frühstück machen. Und dann werde ich dir alles erzählen.«
    »Wirst du?«

    »Ja.«
    »Okay, Bobbi.«
    »Ich bin froh, dass ich dich hier habe, Gard«, sagte sie. »Ich hatte ein – oder zweimal ein schlechtes Gefühl. Als ginge es dir nicht so gut.«
    Gardener spürte, wie sich alles, was er vor Augen hatte, verdoppelte, verdreifachte, und dann in Prismen davonschwebte. Er wischte sich mit einem Arm übers Gesicht. »Kein Schmerz, keine Spannung«, sagte er. »Ich mache mal Frühstück.«
    »Danke, Gard.«
    Er ging weg, aber er musste langsam gehen, denn sooft er sich auch die Augen wischte, gelang es ihm doch nicht, klar zu sehen.
    3
    Er blieb in der Küche stehen und ging wieder zu der geschlossenen Badezimmertür zurück, als ihm ein neuer Gedanke kam. Jetzt hörte er drinnen Wasser fließen.
    »Wo ist Peter?«
    »Was?«, rief sie über das Prasseln der Dusche hinweg.
    »Ich sagte, wo ist Peter?«, rief er und hob die Stimme.
    »Tot«, rief Bobbi durch das Prasseln des Wassers zurück. »Ich habe geweint, Gard. Aber er war … du weißt schon …«
    »Alt«, murmelte Gardener, dann erinnerte er sich und hob wieder die Stimme. »Also war es Altersschwäche?«
    »Ja«, rief Anderson durch das Prasseln des Wassers zurück.
    Gardener blieb noch einen Augenblick stehen, bevor er
wieder in die Küche ging, und fragte sich, warum er glaubte, dass Bobbi log, was Peter anbelangte, und wie er wohl gestorben war.
    4
    Gard machte Rühreier und briet Speck auf Bobbis Grill. Er stellte fest, dass seit seinem letzten Besuch ein Mikrowellenherd über dem normalen angebracht worden war; außerdem hingen jetzt Deckenbogenlampen über dem Arbeitsbereich und dem Küchentisch, an dem Bobbi für gewöhnlich die meisten ihrer Mahlzeiten einnahm – normalerweise mit einem Buch in der freien Hand.
    Er machte Kaffee, stark und schwarz, und er brachte gerade alles zum Tisch, als Bobbi hereinkam; sie hatte eine frische Cordhose und ein T-Shirt an, auf dem das Bild einer Kriebelmücke und der Schriftzug MAINE STATE BIRD zu sehen war. Ihr nasses Haar war in ein Handtuch verpackt.
    Anderson sah über den Tisch. »Kein Toast?«, fragte sie.
    »Mach dir deinen beschissenen Toast doch selber«, sagte Gardener liebenswürdig. »Ich bin nicht zweihundert Meilen getrampt, nur um dich beim Frühstück zu bedienen.«
    Anderson starrte ihn an. » Was bist du? Gestern? Im Regen?«
    »Ja.«
    »Was, um

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