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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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er daran, was das für ein abgrundtiefer Verrat sein würde – an Bobbi, an sich selbst. Der Gedanke an Bobbi hatte ihn gestern davon abgehalten, Selbstmord zu begehen. Und indem er sich nicht umgebracht hatte, dachte er, hatte er sie daran gehindert, dasselbe mit sich zu tun. Die Chinesen hatten ein Sprichwort: »Wenn du ein Leben rettest, bist du dafür verantwortlich.« Aber wenn Bobbi Hilfe brauchte, wie sollte er sie ihr geben? Um das herauszufinden, musste er da nicht zuerst einmal herausfinden, was sich hier abgespielt hatte?
    (du weißt, wer die ganzen Arbeiten getan hat, nicht, Gard?)
    Er kippte den letzten Schluck des Drinks, stellte das Glas auf der obersten Stufe ab und ging auf den Tomcat zu. Halb unbewusst hörte er das Zirpen der Grillen im hohen Gras. Soweit er es beurteilen konnte, war er weder betrunken noch beschwipst; der Whiskey schien völlig an seinem Nervensystem vorbeigeschossen zu sein. Gave it a miss, wie die Briten zu sagen pflegten.
    (wie die Heinzelmännchen, die die Schuhe machten, tap-tap-tippelditapp, während der Schuster schlief)
    Aber Bobbi hatte nicht geschlafen, nicht? Bobbi hatte geschuftet, bis sie umgefallen – in Gardeners Arme gefallen war.

    (tap-tap-tippelditapp, klopf-klopf-kloppeldiklopf, gestern Nacht und die Nacht zuvor, Tommyknockers, Tommyknockers klopften an mein Tor)
    Als er vor dem Tomcat stand und in den offenen Motorraum hineinsah, da zitterte Gardener nicht nur – er schlotterte wie ein Mann, der erfriert, die oberen Zähne bissen in die Unterlippe, sein Gesicht war blass, Schläfen und Stirn schweißnass.
    (sie machten Boiler und Tomcat wie neu, ja, die Tommyknockers können so mancherlei)
    Der Tomcat war ein kleines Arbeitsfahrzeug, das auf einem großen, ausschließlich landwirtschaftlich genutzten Gelände beinahe nutzlos gewesen wäre. Er war größer als ein fahrbarer Rasenmäher und kleiner als der kleinste Traktor, den Deere oder Farmall je hergestellt hatten, aber genau richtig für jemanden, der einen Garten hatte, der ein bisschen zu groß war, um ein Beet genannt zu werden – und genau das war hier der Fall. Bobbis Garten war etwas weniger als ein halber Hektar groß – Bohnen, Gurken, Erbsen, Mais, Rettiche und Kartoffeln. Keine Karotten, kein Kohl, keine Zucchini, keine Kürbisse. »Was ich nicht mag, pflanze ich nicht an«, hatte sie einmal zu Gardener gesagt. »Das Leben ist zu kurz.«
    Der Tomcat war ziemlich vielseitig, das musste er auch sein. Selbst ein wohlhabender Gentleman-Farmer würde Mühe haben, den Kauf eines Mini-Traktors für 2500 Dollar nur wegen eines großen Gartens zu rechtfertigen. Er den Boden fräsen, konnte mit einem Aufsatz Gras mähen und mit einem anderen Heu machen; er konnte Sachen über unebenes Gelände ziehen (im Herbst verwendete sie ihn um geschlagenes Holz abzutransportieren und war, soweit Gardener wusste, nur einmal stecken geblieben), und im Winter brachte sie Aufsatz zum Schneeräumen an und
machte damit in einer halben Stunde ihre Einfahrt frei. Er wurde von einem robusten Vierhundertkubikzentimeter-Motor angetrieben.
    Besser gesagt, war angetrieben worden.
    Der Motor war immer noch da, aber jetzt war er mit der seltsamsten Ansammlung von Krimskrams und Zubehör aufgemotzt, die man sich nur vorstellen konnte – Gardener dachte an das Türglocke/Radio-Ding auf dem Tisch in Andersons Keller und überlegte, ob Bobbi es demnächst an dem Tomcat anbringen wollte … vielleicht war es eine Art Radar oder so etwas. Ihm entkam ein einzelnes, verzweifeltes, bellendes Lachen.
    Aus einer Seite des Motors ragte ein Mayonnaiseglas heraus. Es war mit einer Flüssigkeit gefüllt, die zu klar war, um Benzin zu sein, und steckte in einem Messinggewinde am Motorblock. Auf der Motorhaube saß etwas, was an einem Chevy Nova oder SuperSport eher am Platz gewesen wäre: der Luftansauger eines Turboladers.
    Der bescheidene Auspuff war durch einen von irgendwo entnommenen Vierrohrigen ersetzt worden. Bobbi hatte ein Loch in die Motorhaube schneiden müssen, um Platz für ihn zu schaffen.
    Und dann waren da Drähte – überall Drähte, die sich hinein und heraus und aufwärts und abwärts und überallhin schlängelten und Verbindungen eingingen, welche keinerlei Sinn ergaben … jedenfalls nicht für Gardener.
    Er sah auf das rudimentäre Armaturenbrett des Tomcat, wollte den Blick bereits wieder abwenden … aber dann sah er wieder hin, und seine Augen wurden groß.
    Der Tomcat hatte eine Knüppelschaltung, und der

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