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Das Monstrum

Das Monstrum

Titel: Das Monstrum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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fürchtete, was nun geschehen würde, und schon halb davon überzeugt war, dass er den Verstand verloren hatte. Natürlich, das musste es sein. Es konnte keine winzige Sonne in der Heizkammer von Bobbis Boiler sein und auch kein neuer Gang an ihrem Tomcat, der zum Fliegen gedacht war … aber es wäre leichter für ihn gewesen, all das zu glauben, als zu glauben, dass Bobbi in den drei Wochen, seit Gard sie zum letzten Mal gesehen hatte, einen vierhundert Seiten starken Roman mit dem Titel Buffalo Soldiers geschrieben hatte – einen Roman, der zudem das Beste war, das sie je zustande gebracht hatte. Unmöglich, ja. Es war leichter – verflucht, vernünftiger – zu glauben, dass er den Verstand verloren hatte, und es einfach dabei zu belassen.
    Wenn er es nur gekonnt hätte.

Kapitel neun
Anderson erzählt eine Geschichte
    1
    Bobbi stand langsam von der Couch auf und ächzte dabei wie eine alte Frau.
    »Bobbi …«, begann Gardener. »Herrgott, mir tut alles weh«, sagte Anderson. »Ich muss unbedingt meine … Vergiss es. Wie lange habe ich denn geschlafen?«
    Gardener sah auf die Uhr. »Vierzehn Stunden, schätze ich. Etwas mehr. Bobbi, dein neues Buch …«
    »Ja. Warte, bis ich zurück bin.« Sie schlurfte langsam durch das Zimmer zum Bad, wobei sie die Bluse aufknöpfte, in der sie geschlafen hatte. Während sie sich ins Bad schleppte, konnte Gardener besser – sogar besser, als er eigentlich wollte – sehen, wie viel Bobbi abgenommen hatte. Sie war nicht nur abgemagert, sondern regelrecht ausgezehrt.
    Sie blieb stehen, als spürte sie, dass Gardener sie beobachtete, und sagte, ohne sich umzudrehen: »Weißt du, ich kann alles erklären.«
    »Kannst du das?«, fragte Gardener.
    2
    Anderson war lange im Bad – viel länger, als sie brauchen sollte, um auf die Toilette zu gehen oder die Binde zu wechseln. Gardener war sich ziemlich sicher, dass sie genau das tun musste. Sie hatte diesen Ich-bin-verflucht-Ausdruck auf ihrem Gesicht. Er horchte nach der Dusche, aber sie lief nicht, und er fing an, sich unbehaglich zu fühlen. Als sie erwachte, hatte Bobbi vollkommen klar gewirkt, aber bedeutete das, dass sie es auch war? Gardener fing an, unangenehme Visionen von Bobbi zu haben, wie sie sich zum Badezimmerfenster hinauswand und nur mit Bluejeans bekleidet irre kichernd in den Wald lief.
    Er berührte mit der rechten Hand die linke Stirnseite, wo sich die Narbe befand. Sein Kopf hatte angefangen, ein wenig zu pochen. Er ließ noch ein oder zwei Minuten verstreichen, dann stand er auf und ging zur Badezimmertür, wobei er nicht ganz unbewusst versuchte, so leise wie möglich aufzutreten. Die Vision von Bobbi, wie sie durch das Fenster flüchtete, um Erklärungen auszuweichen, waren einer Vision von Bobbi gewichen, wie sie sich mit einer von Gards eigenen Rasierklingen die Kehle durchschnitt, um Erklärungen für immer auszuweichen.
    Er beschloss, nur zu lauschen. Sollte er normal klingende Laute hören, würde er in die Küche gehen und Kaffee machen und vielleicht ein paar Rühreier. Wenn er nichts hörte …
    Seine Befürchtungen waren grundlos. Die Badezimmertür war nicht ins Schloss gefallen, als sie sie zugemacht hatte. Ungeachtet aller Verbesserungen hatten die verzogenen Türen offenbar immer noch die alte Angewohnheit, aufzuspringen. Wahrscheinlich hätte sie die gesamte Nordseite des Hauses hochbocken müssen, um das abzustellen.
Möglicherweise war das das Projekt für die kommende Woche, dachte er.
    Die Tür war so weit aufgegangen, dass er Bobbi vor dem Spiegel stehen sehen konnte, wo er selbst vor gar nicht so langer Zeit gestanden hatte. Sie hatte die Zahnbürste in einer Hand, die Zahnpastatube in der anderen … aber sie hatte die Tube noch nicht aufgeschraubt. Sie sah mit fast hypnotischem Nachdruck in den Spiegel. Sie hatte die Lippen zurückgezogen und die Zähne entblößt.
    Sie sah eine Bewegung im Spiegel und drehte sich um, ohne sich viel Mühe zu machen, ihre schlaffen Brüste zu bedecken.
    »Gard, findest du, dass meine Zähne normal aussehen?«
    Gardener betrachtete sie. Seiner Meinung nach sahen sie wie immer aus, wenngleich er sich nicht erinnern konnte, dass er jemals so viel von ihnen gesehen hatte – wieder dachte er an dieses grässliche Foto von Karen Carpenter.
    »Klar.« Er versuchte, nicht die vorstehenden Rippen anzustarren oder die eckigen Kanten ihrer Beckenknochen direkt über dem Bund der Jeans, die lose an ihr hingen, obwohl sie den Gürtel so eng geschnallt hatte, dass

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