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Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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konnte den Gedanken an Uriah Heep nicht unterdrücken, während sie ihm den Zweck ihres Besuchs erklärte. »Mrs. Swain ist in Derwent, hier den Flur entlang« , sagte er ihr. »Aber leider bereiten wir Mr. Fairfield noch vor, man kann ihn noch nicht sehen. Sie werden morgen wieder kommen müssen. Würden Sie mir bitte folgen?« Jane ging hinter ihm her durch die holzgetäfelte Halle und ließ sich durch eine Tür führen, auf der in gotischen Lettern ›Derwent‹ stand. In dem Raum befanden sich ein Dutzend mit rotem Samt bezogene Polsterstühle, und auf einem glänzenden Gestell aus Eichenholz stand ein einfacher Kiefernsarg. Uriah schloss die Tür hinter ihr, und Jane ging langsam zu dem Sarg. Sie hatte noch nicht allzu viele Tote gesehen und war überrascht, wie profan Tillie Swains Leiche aussah. Sie war kunstgerecht geschminkt, aber die Blässe war schwer zu überdecken. Sie trug ein Kleid mit einem Mandarinkragen in taubenblauer Seide mit dazu passender Halskette und Ohrringen. Sie sah eher wie eine abschreckende Schaufensterpuppe aus.
    Jane versuchte, diese Gedanken zurückzudrängen und sich auf etwas Sinnvolles zu konzentrieren. Aber ihr Gehirn bot ihr nur Klischees an, und, von sich selbst enttäuscht, beschloss sie nach ein paar Minuten, zu gehen. Als sie zu der Eingangstür zurücklief, betrat eine kleine Frau auf sehr unfeierliche Art den Raum. Lange schwarze Haare wellten sich um ihr Gesicht, und sie lächelte den jungen Angestellten an, als sie an ihm vorbeieilte. »Hi, Chris«, sagte sie vergnügt. »Guten Tag, Frau Dr. Wilde«, antwortete er in so würdevollem Ton, dass es sich wie ein Tadel ihrer unbändigen Energie anhörte.
    Verblüfft blieb Jane stehen. Als die Frau an ihr vorbeiging, sagte sie: »Entschuldigen Sie, sind Sie Dr. Wilde, die forensische Anthropologin?« River hielt an. »Stimmt, ja.« »Sie arbeiten an der Moorleiche?«
    River wies auf eine Treppe, die nach unten führte. »Er ist hier unten in diesem Raum.« »Darf ich Sie etwas fragen?«
    River lächelte. Sie war immer gewillt, ihr Fachwissen mitzuteilen. »Natürlich.«
    »Die Tätowierungen. Sind sie typisch für die Südseeinseln? Besonders Tahiti?«
    »Ja, das sind sie tatsächlich. Warum fragen Sie?« »Ich habe eine Theorie, dass Ihre Moorleiche Fletcher Christian ist.« Als sie Rivers neugieriges Stirnrunzeln sah, fügte sie hinzu: »Sie wissen doch? Die Meuterei auf der Bounty. Mr. Christian ...«
    »Schon wieder«, sagte River ungeduldig. »Ja, ich weiß, wer Fletcher Christian ist. Sie sind nicht die Erste, die genau diese Möglichkeit erwähnt. Ich fange an, mich zu fragen, ob hier etwas im Leitungswasser ist, weil alle überlegen, ob mein Moorpirat Fletcher Christian ist.« »Moorpirat?« »Mein Spitzname für die Moorleiche. Wir machen eine Fernsehdokumentation, die TV-Leute mögen so etwas Auffälliges. Was interessiert Sie daran?«
    »Ich bin Wordsworth-Forscherin und will die Möglichkeit untersuchen, dass Fletcher in seine Heimat zurückkam und William seine Geschichte erzählt hat.« »Klingt ziemlich vage, finde ich.« River sah auf ihre Uhr. »Hören Sie ...«
    »Ich habe Indizien. Und zwei Briefe, die diese These belegen. Ich glaube nicht, dass es hier in der Gegend irgendjemanden gibt, der mehr über Fletcher Christian weiß als ich. Wenn Sie für Ihr Fernsehprogramm genaue historische Einzelheiten brauchen, könnte ich Ihnen helfen.«
    River lächelte. »Aber eigentlich wollen Sie wissen, ob das hier Ihr Mann ist?«
    Jane nickte. »Ja, aber das Angebot steht. Sehen Sie eine Möglichkeit, dass er es ist?«
    River traf eine Entscheidung. »Kommen Sie mit runter, dann werde ich Ihnen zeigen, was ich bis jetzt festgestellt habe«, sagte sie und ging auf die Treppe zu. »Wie heißen Sie übrigens?«
    »Jane Gresham.«
    River drehte sich um, und sie tauschten auf der Treppe einen flüchtigen Händedruck. »Sind Sie hierher gekommen, weil Sie mich sehen wollten?«
    »Nein, ich kam, um jemandem, mit dem ich vor zwei Tagen ein Gespräch geführt habe, meinen Respekt zu erweisen. Niemand, der mir nahe stand, ich wollte nur ... ach, ich weiß auch nicht. Alle scheinen zu sterben.« »Alle?«
    »Na ja, nur die, mit denen ich wegen meines Forschungsprojekts spreche.«
    »Was? Die Wordsworth-Sache?« River fuhr am Fuß der Treppe herum und sah Jane mit einem skeptischen Gesichtsausdruck an. Jane blieb auf der untersten Stufe stehen und seufzte. »Ja, die Wordsworth-Sache. Ich habe eine Liste der Leute erstellt, mit

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