Das Mordgesindel (German Edition)
gefahren und hast dich umgehört?«
Snake schnalzte mit der Zunge. »Zu viel Arbeit, Angst, was weiß ich. Aber als deine Kollegen mich anriefen, erkannte ich die Chance. Vielleicht können wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, Kumpel. Wir finden dein rothaariges Mädchen und die Mörder meiner Schwester.« Er schlug sich auf den Oberschenkel. »Das wär was! Dann steht die Politie dumm da, wenn wir ihren Job erledigen.«
Ich lachte, allerdings nur, um Snake das Gefühl zu geben, ich würde ebenso fest daran glauben, wie er es tat. In mir kam die Frage auf, ob ich nach einer lebenden oder einer toten Diana suchte. Snakes Bericht trug nicht dazu bei, an Ersterem festzuhalten.
»In einhundert Metern bitte die Autobahn verlassen« , quäkte die blecherne Frauenstimme aus dem Navi.
»Machen wir, Schätzchen!« Snake kicherte und verstummte.
Bis wir unser Hotel erreichten, sprachen wir kein Wort mehr miteinander. Wozu auch? Es war alles Notwendige zwischen uns gesagt. Wir kannten das Ziel des anderen, und wie wir die Suche beginnen wollten, konnten wir besser im Hotelzimmer als im Auto klären.
Wir schleppten die Koffer zur Rezeption, zeigten die Personalausweise vor und warteten, bis die Angestellte die Reservierung bestätigte.
»Wollen mal sehen, was deine Kollegen uns für ein Zimmerchen gebucht haben, nicht wahr, Keule?« Snake schlug mir auf den Rücken.
Innerlich widerte es mich an, dass er mich anfasste. Vermutlich war er wirklich kein schlechter Kerl und er schien Gefühle zu besitzen, wie jeder andere auch. Dennoch fand ich ihn abstoßend. Ich hatte schon oft gesehen, was bei uns in Duisburg mit Prostituierten geschah, die nicht spurten, und ich ertrug den Gedanken nicht, dass Snake mit der Hand, mit der er mich berührte, heute Nacht vielleicht eins seiner Mädchen verprügelt hatte.
»Zimmer 474.« Die Rezeptionistin reichte mir den Zimmerschlüssel. »Ich wünsche einen schönen Aufenthalt.«
»Den werden wir haben.« Snake kniff mich in den Hintern und zwinkerte der Frau zu.
»Was sollte das denn?«, fuhr ich ihn an, als wir zum Aufzug gingen.
»Das ist unsere Tarnung.« Er sah mich gelassen an.
»Dass du mir in den Arsch kneifst, ist Tarnung?«
Der Fahrstuhl kam und wir stiegen ein. Snake grinste mich breit an und zwinkerte wieder. Ich begriff und ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.
»Das ist nicht dein Ernst!« Ich ignorierte die anderen Hotelgäste, die zusammenzuckten, als ich meinen Begleiter anschrie.
»Erklär ich dir auf dem Zimmer, Schatzi.«
Ich ballte meine Hände zu Fäusten und biss mir auf die Unterlippe. Die anderen Gäste stürmten aus dem Aufzug, als sich die Tür zum vierten Stock öffnete.
Ich stapfte zu Zimmer 474 und schloss auf. »Du hast sie doch nicht mehr alle.«
Snake warf die Tür hinter sich zu. »Komm mal runter, Keule!« Er stellte seinen Koffer neben das Doppelbett. »Ich hab das so mit deinen Kollegen abgesprochen, deshalb auch das Doppelzimmer.«
»Die können was erleben …« Ich verschränkte die Arme. »Du willst also, dass wir Hand in Hand durch Amsterdam flanieren, seh ich das richtig?«
»Hast du gut erkannt, willst du ein Fleißkärtchen?« Er breitete die Arme aus. »Komm schon, Tomas. Das wird ein Spaß!« Plötzlich wurde er ernst. »Außerdem gibt es keine bessere Chance, an Informationen zu gelangen. Als schwules Pärchen im Urlaub erregen wir weitaus weniger Aufmerksamkeit als zwei notgeile Gockel, die nach einer rothaarigen Polizistin suchen.«
»Ich weiß nicht …« Mir fiel es schwer, seinen Worten Glauben zu schenken. In meiner Fantasie sah ich, wie wir wegen dieser Tarnung erst recht aufflogen und postwendend nach Deutschland zurückkehren mussten, weil uns jeder Zuhälter in Amsterdam jagte. Mir fiel es nicht leicht, Snake zu vertrauen und mich in seine Hände zu begeben. Dachte man an seine Karriere und die Verhältnisse, aus denen er stammte, war es nicht verwunderlich, dass ich zweifelte. Andererseits gab es da die Geschichte mit seiner Schwester Clara und die Zuneigung zu ihr, die in Snakes Stimme mitschwang. Echte Gefühle eines harten Kerls oder perfektes Schauspiel? Egal, was davon zutraf, wenn ich Diana finden wollte, musste ich auf seine Vorschläge eingehen.
»Und was ist, wenn dich jemand erkennt?«
»Wird nicht passieren.« Er zupfte verlegen an seinem Shirt.
»Ich denke, du hast Beziehungen hier?«
»Das war gelogen. Hab’s deinen Kollegen nur gesagt, damit du mich auf jeden Fall
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