Das Mordkreuz
wechselte zu Häme. «Dafür sind Sie reichlich spät dran. Der Wagen ist schon lange verschrottet.»
Heinlein grinste. «Irrtum. Ich habe ihn gestern noch gesehen.»
Wilde starrte ihn fassungslos an.
42
«Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass er auf den Schwindel reinfällt?», sagte Kilian.
«Er hat uns in einer Tour belogen», antwortete Heinlein. «Wenn einer etwas zu verheimlichen hat, dann Wilde.»
«Der Sachverständige hat keine Manipulation am Fahrzeug feststellen können.»
«Ich weiß. Ich wollte nur mal auf den Busch klopfen. Bin gespannt, wie lange es dauert, bis die Leute vom Park fermé anrufen.»
«Was würde das beweisen?»
«Dass er etwas zu verbergen hat.»
Heinlein öffnete die Tür zu ihrem Büro. Sabine hatte sich bereits fertig gemacht, um in den Feierabend zu gehen. «Mit euch habe ich gar nicht mehr gerechnet», sagte sie zur Begrüßung.
«Diesen Fehler macht man nur einmal», antwortete Kilian. «Darf ich sagen, wie ausgesprochen gut du heute wieder anzusehen bist?»
Sabine errötete leicht und blickte hinüber zu Heinlein, der sich wegen ihres Streits von heute Morgen noch immer nicht wohl fühlte. «Danke», antwortete sie und zog ihren kurzen Rock etwas länger. «Das hört man gern. Auf dem Tisch liegt der Bericht vom Entomologen aus Frankfurt. Den müsst ihr allerdings selbst lesen. Ich verstehe da nur spanisch.»
«Lateinisch», korrigierte Heinlein naseweis. «Das sind lateinische Ausdrücke, und sie bezeichnen Fliegen in ihren unterschiedlichen Entwicklungsstadien.»
«Bei dir ist Hopfen und Malz verloren», antwortete Sabine enttäuscht, gab Kilian einen Kuss zum Abschied und schloss die Tür hinter sich.
«Was war denn das?», fragte Kilian, der sich den kühlen und bissigen Umgangston zwischen den beiden nicht erklären konnte.
«Nichts weiter. Wir hatten eine kurze Unterhaltung heute Morgen. Apropos, ist dir zu Ohren gekommen, dass man gegen mich intrigiert?»
«Quatsch.»
«Doch, wirklich. Heute Nachmittag in der Kantine habe ich eine Kostprobe davon erhalten.» Heinlein berichtete ausführlich von dem Vorfall.
«Der Lohmann hat es bestimmt nicht so gemeint», urteilte Kilian. «A dumms Gschmarr hat mer gleich, so sagt man doch.»
«Eben, genau darum geht’s. Es wird dumm über mich gesprochen. Hast du also etwas davon mitbekommen?»
«Nein, ich bin aber auch nicht so eng mit den Kollegen. Ich habe meine eigenen Probleme.»
Heinlein antwortete nicht darauf, sondern machte sich über den Bericht des Entomologen her. Seine Augen huschten über die Seiten. Nichts von dem, was da geschrieben stand, ergab für ihn einen Sinn. Er klappte den Bericht zu und reichte ihn an Kilian weiter. «Schau du mal rein. Du hattest doch Latein, oder?»
Kilian nahm überrascht die Akte zur Hand. «Wieso machst du Sabine so dumm an, wenn du ihn selbst nicht verstehst?»
«Mach es einfach. Okay?»
«Ich glaube, du brauchst dringend Urlaub.»
«Leichter gesagt als getan. Die ganze Kohle steckt in der neuen Wohnung.»
«Wie schlimm ist es denn?»
«Schlimm.»
«Soll ich dir was leihen?»
«Danke, nein. Du brauchst deine Kohle noch früh genug. Wenn der Kleine da ist, gibt es einige Anschaffungen zu machen. Wisst ihr schon, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird?»
«Pia will sich überraschen lassen.»
«Und du?»
«Ich habe mich damit abgefunden.»
«Frauen», seufzte Heinlein, «lieben kannst du sie nicht, und töten darfst du sie auch nicht.»
«Es muss ja nicht immer so laufen.»
«Du meinst, wie bei mir?» Heinlein grinste. «Wir sprechen uns in ein paar Jahren wieder.» Dann machte er sich über seine Topfpflanzen her, die sich am Fenster aufreihten. Sie brauchten dringend Wasser.
Kilian ließ es dabei bewenden und studierte den Bericht. Doch viel weiter als Sabine oder Heinlein kam er auch nicht. Hier hagelte es Begriffe wie Calliphorae, Luciliae und Silphidae – irgendein Geschmeiß, das sich an Blut und Wunden gütlich tat. Kurzentschlossen rief er Pia an. Sollte sie ihm das erklären, schließlich hatte sie ihm unkommentiert den Bericht des Spezialisten hereingegeben.
Während Heinlein die Pflanzen wässerte und alte vertrocknete Triebe beschnitt, ließ er im Hinblick auf sein Gespräch mit dem Polizeipräsidenten am nächsten Morgen nochmals die Ereignisse und Informationen des Tages vor seinem geistigen Auge vorüberziehen. Was hatte er Neues erfahren?
Da war zuallererst sein Gespräch mit Willibald Kremer über die Rós Fódhla – einen Wettbewerb
Weitere Kostenlose Bücher