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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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was los war.
    Widerwillig folgte Winterroth Henri zu einer Sitzecke hinter einer Säule, wo sie den Blicken der anderen entzogen waren. Er setzte sich Henri gegenüber und atmete ihm seine Fahne ins Gesicht.
    »Wollen Sie Geld verdienen?«, fragte Henri.
    Winterroth grinste. »Ich verdiene Geld.« Sein Gesicht sagte: Auf jeden Fall viel mehr als du.
    »Einen Haufen Geld«, sagte Henri.
    Winterroth versuchte sich sein Erstaunen nicht anmerken zu lassen.
    »So viel Geld, dass Sie lebenslang ausgesorgt haben.« Henri sagte es eindringlich.
    Winterroth schüttelte den Kopf, um den Nebel in seinem Hirn zu vertreiben. Dann nickte er.
    »Ich habe nicht viel Zeit«, sagte Henri. »Ich arbeite für eine … befreundete Auslandsbehörde …«
    Winterroth lächelte sogar.
    »Und diese Behörde interessiert sich aus irgendwelchen Gründen für dieses Röhrengeschäft. Vor allem für die neue Schweißtechnik, die Sie entwickelt haben.«
    »Dafür interessiert sich so mancher«, sagte Winterroth, dessen Nüchternheit mit seiner Geldgier zunahm. »Wo sitzt denn diese Behörde?«
    »Das darf ich Ihnen eigentlich nicht sagen. Aber ich will es abkürzen, habe ja nicht viel Zeit. Sagen wir mal: hinterm großen Teich.«
    »Washington«, riet Winterroth.
    Henri ließ seinen Kopf ein bisschen wackeln, dann nickte er.
    »Das ist Spionage«, sagte Winterroth. »Das kann mich in Teufels Küche bringen.«
    Henri lächelte. »Da sitzen Sie bereits. Wenn Sie das den Russen verkaufen können, dann sollten Sie es auch mir verkaufen. Das wäre nur gerecht. Wissen Sie, ich bin ein Freund der Gerechtigkeit.«
    Henri konnte zuschauen, wie der Schrecken ins Hirn des anderen wanderte. Der war plötzlich bleich wie ein Toter. Eigentlich braucht der gar nichts mehr zu sagen. An seiner Stelle würde ich einen weiten Bogen um alles machen, was auch nur annähernd einem Lügendetektor ähneln könnte. Winterroth war der typische Fall eines geldgierigen Amateurs ohne Nerven.
    »Woher wollen Sie das mit den Russen wissen?«
    »Ich weiß es«, sagte Henri gelassen.
    Winterroth starrte ihn an. Er verknotete seine Finger, kratzte sich an der Wange, schluckte, wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn und war offenbar einige Augenblicke versucht abzuhauen, jedenfalls erhob er sich ein paar Millimeter, sackte dann aber zurück.
    »Nun reißen Sie sich zusammen«, zischte Henri. »Ich biete Ihnen ein tolles Geschäft, und Sie zicken rum.«
    Tatsächlich straffte sich Winterroth, sein Gesicht verlor ein wenig Bleiche, die Augen flackerten nicht mehr, und sein Hirn schien wieder zuerst ans Geld zu denken.
    »Sie haben anscheinend keine Probleme, das Zeug an das KGB zu verkaufen, aber den amerikanischen Verbündeten verweigern Sie diesen … Dienst. Sie könnten das Unrecht ein wenig ausgleichen. Und dabei verdienen.«
    Winterroth knotete wieder seine bedauernswerten Finger.
    »Haben Sie den Russen das exklusiv verkauft? Sagen Sie bloß!«
    Winterroth schluckte, dann sagte er leise: »Sie dürfen es nicht erfahren. Ich habe Angst.«
    »Das kann ich verstehen. Vor denen hätte ich auch Angst. Aber wissen Sie, wovor ich an Ihrer Stelle am meisten Angst hätte?«
    Winterroth stierte, dann schüttelte er den Kopf.
    »Vor mir.« Fast hätte Henri Mitleid mit ihm bekommen. Aber warum sollte er etwas so Positives empfinden für einen Mann, der zum Verräter wurde, um ein Lu xusleben zu führen? Henri verachtete Menschen nicht, die aus Überzeugung Verrat begingen, aus politischen Gründen, auch wenn er es falsch fand. Aber beim BND bejubelten sie die Verräter der anderen Seite als Helden und verdammten die eigenen als verachtungswürdige Kreaturen. Dieses Missverhältnis hatte ihn schon immer gestört. Die Sowjetunion hielt er für einen üblen Staat, in dem Menschen schikaniert wurden, wenn sie ande rer Meinung waren als die Greisenriege des Politbüros. Aber er verstand Leute, die mit der Sowjetunion trotzdem die Idee von Gerechtigkeit verbanden, sich also auf das verlegten, was die Sowjetunion zu sein vorgab, hofften, dass in den grässlichen Zuständen der Gegenwart der Keim einer besseren Zukunft vergraben war, als könnten in einem Schwefelmoor bunte Blumen blühen. Aber Winterroth war kein Spinner und auch keiner, der sich aus einer bitteren Wirklichkeit auf eine Trauminsel rettete. Winterroth war nur geldgierig. Und das war er noch, als es um seinen Kragen ging.
    »Eine Million Dollar, bar auf die Hand oder auf ein Schweizer Nummernkonto.« Henri

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