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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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der so eklig schmeckte, wie solche Säfte immer schmecken.
    »Was hat er gemacht?«, fragte Leutnant Dabrowski, ein schmächtiger Kerl in einem viel zu großen grauen Anzug und mit flinken Augen.
    »Er hat eine Katze gefüttert«, sagte der Major und ging zur Tür.
    Der Leutnant schaute ihn erstaunt an.
    »Schauen Sie selbst. Die Tasse steht noch da.« Eblow deutete auf das Fernglas.
    Der Leutnant schaute und begann zu lachen. »Was ist denn das für einer, Genosse Major?«
    Auf der Fahrt im Dienst-Lada dachte Eblow über diese Frage nach. Ein Zugang, das wusste er. Der war akkreditiert worden, die Genossen bei Aeroflot hatten seinen Namen auf der Passagierliste gefunden, und am Flughafen war seine Ankunft bestätigt worden. Alles normal. Der Botschaftsfahrer hatte den Mann vom Flughafen direkt zur Botschaft gebracht. Den stellvertretenden Presseattaché Henri Martenthaler. Seltsamer Name. Eblow hatte ihn nicht in den einschlägigen Karteien gefunden. Sie hatten nirgendwo etwas über ihn. Entweder war Martenthaler sauber, oder er war ein Neuer im Revier. Was hatte er mit Gebold zu besprechen gehabt? Offenbar etwas, das geheim bleiben sollte, sonst wären die beiden nicht hinausgegangen bei dieser elenden Kälte. Aber Gebold hatte vielleicht nur rauchen wollen. Sie würden ihn genau beobachten müssen. Die Feinde dach ten sich immer neue Schweinereien aus. Aber Eblow wusste, das KGB würde sich nicht hereinlegen lassen. Von niemandem. Und schon gar nicht von diesem Ge bold, dessen Spionageübungen Eblow immer wieder zum Grinsen gebracht hatten. Man hätte ihm stecken können, der Generalsekretär der Partei wolle zum Feind überlaufen, und Gebold hätte es geglaubt. Merkwürdig, dass die Westdeutschen manchmal so dilettantisch waren. Dabei zeigten sie sich auf anderen Gebieten als Meister. Der Genosse Breschnew etwa hatte deutsche Autos geliebt, Mercedes-Benz. Die westdeutschen Maschinen, welche die Sowjetwirtschaft für wertvolle Devisen oder bei Tauschgeschäften gegen Erdöl kaufte, wa ren Weltspitze. Im Fußball, den Eblow so liebte, war es nicht anders. Die Bundeswehr war nicht zu verachten, sagten vor allem die Genossen der GRU . Aber der BND schickte so einen wie Gebold nach Moskau. Wenn er es nicht besser wüsste, müsste Eblow dahinter einen be sonders fiesen Trick vermuten. Vielleicht war es ja so, dass Gebold den Idioten gab, damit andere ungestört arbeiten konnten?
    Er fuhr rechts ran und zündete sich eine Zigarette an. Dass er nicht schon längst auf diesen Gedanken gekommen war. Sträflich! Gut, dass die Chefs das nicht als Erste aufgebracht hatten, er hätte als Dummkopf dagestanden. Er sog den Rauch tief ein. Aber beweisen konnte er das nicht. Sie hatten Gebold verschiedentlich geprüft, ihm Provokateure zugeführt, und jedes Mal war er darauf hereingefallen. Bis Pullach offenbar merkte, dass diese neuen Superagenten, die angeblich Geheimnisse aus den Rüstungslabors oder dem Führungszirkel der Partei verrieten, nur Pappkameraden waren. Spielmaterial, nichts Hochwertiges, das lohnte sich in die sem Fall nun wirklich nicht. Eblow hatte überlegt, ob man Gebold mit besserem Material füttern sollte, um den BND zu desinformieren. Aber dann hatte die Lei tung der Zweiten Hauptverwaltung beschlossen, sich das dazu geeignete Material für die Amerikaner aufzu heben. Für den BND waren die Genossen in der DDR zuständig, und die machten ihre Sache gut.
    Eblow legte den ersten Gang ein und ließ die Kupplung kommen. Vorsichtig, wie es seine Art war, fädelte er sich in den Verkehr ein, der heute eher spärlich floss. Dabei dachte er unentwegt nach über die neue Lage. Dieser Martenthaler, wer war das? Vielleicht hatte Gebold ihn nur in die Kälte gezerrt, um die Genossen zu täu schen. Vielleicht war er auch so dumm, uns den neuen BND – Residenten gleich nach dessen Ankunft vorzustel len. So nach dem Motto: Schaut her, Genossen, fotografiert ihn, legt einen neuen Datensatz an. Eblow konnte sich nicht vorstellen, dass Gebold nicht wusste, wie um fassend das KGB die westdeutsche Botschaft rund um die Uhr überwachte. Den Wagen, der tagaus, tagein schräg gegenüber der Botschaftseinfahrt stand, musste Gebold doch auch längst bemerkt haben. Sie betrieben diese Verfolgung bei Autofahrten von Botschaftsange hörigen, vor allem von Gebold, doch so offensichtlich, damit die verdeckte Überwachung weniger auffiel. Bestimmt triumphierte Gebold, wenn er den Verfolgungs-Lada ausgemacht hatte. Eblow grinste. Schade,

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