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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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tragen. Er schaute hinunter auf seine Schuhe, natürlich waren seine Hosen ein wenig zu lang.
    Er musste nicht lange warten, bis die knöcherne Chefsekretärin des Botschafters ihn ins Allerheiligste bat. »Kommen Sie herein«, dröhnte die Stimme, die erstaunlicherweise einem vergleichsweise kleinwüchsigen, untersetzten Mann gehörte, der ihm mit ausgestrecktem Arm entgegeneilte. Der Botschafter Doktor Peter Kaben, er legte Wert auf seinen akademischen Grad, drückte Theo kräftig die Hand, zog ihn zur obligatorischen Sitzecke am Fenster, bestellte bei der Sekretärin Tee – »Sie trinken doch Tee mit mir?« – und ließ sich dann fast in den Sessel fallen. Kaben gehörte zu den kleinen schnellen Männern, die sich auch durch ihre gedeihende Wampe nicht bremsen ließen. Theo kannte ihn mehr vom Sehen.
    Sein Gesicht schaltete auf sorgenvoll um. »Eine schreckliche Sache, das mit diesem Scheffer. Ich habe ihn ja nie richtig kennengelernt. Eigentlich komisch.
    Hat irgendwelche Geschäfte gemacht, wird behauptet. Oder war der bei Ihrem Laden?«
    Theo zuckte mit den Achseln. Was für eine blöde Frage! Der Botschafter wusste doch, dass Theo sich dazu nicht äußern würde.
    »Und was glauben Sie, das dahintersteckt?«
    Theo schüttelte bedächtig den Kopf. »Ich weiß es nicht. Es gibt Zweifel an der Unfallversion.«
    »Und Sie meinen, wenn es kein Unfall war, kriegen Sie das heraus?« Kaben griente fast, aber natürlich zeigte er es nicht richtig. Theo verstand: Vergiss es, nimm die Leiche mit nach Haus oder überlass es uns, sie zu überführen, und schmeiß dem Kerl ein paar Blumen ins Grab. Aber so etwas würde Kaben nicht sagen. Diplomaten tun das nicht.
    »Wenn Sie irgendwelche Hilfe brauchen, sagen Sie Bescheid. Anruf genügt.« Ein Lächeln zog über Kabens Gesicht, das nun ganz Hilfsbereitschaft zeigte. Jetzt erkannte Theo, dass der Botschafter Kontaktlinsen trug.
    »Ja, ich brauche einen Termin beim zuständigen Staatsanwalt«, sagte Theo.
    »Kein Problem, wird gemacht.« Er war geradezu eilfertig. Offenbar glaubt er, es sei wichtig, was du zu Hause berichtest, wenn der Fall abgeschlossen ist. Nur, welche Karriereaussichten hat der Mann noch? Was gibt es nach der Moskauer Botschaft? Washington? Peking? Wären die ein Aufstieg? Oder ist der Mann immer so? Egal.
    Die Sekretärin trug ein Tablett herein. Sie stellte schweigend die Kanne, Tassen, Milchkännchen und die Zuckerdose auf den Tisch. Dann goss sie ein.
    Als sie gegangen war und die Tür geschlossen hatte, sagte der Botschafter: »Aber seien Sie vorsichtig mit Ihren … Ermittlungen. Man zertritt schneller Porzellan, als man glaubt. Russland ist noch keine gefestigte Macht. Der Untergang der Sowjetunion hat das Selbstwertgefühl vieler Menschen beschädigt. Man gerät schnel ler in schwierige Situationen, als man denkt. Ich habe eine gute Beziehung zu den russischen Behörden. Wir brauchen sie ja immer wieder. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie dusselig manche Touristen sich aufführen. Aber das wissen Sie ja alles. Also, allerhöchste Vor sicht! Fingerspitzengefühl!« Er betonte fast jeden ein zelnen Buchstaben.
    Theo nickte. »Gewiss.«
    »Das sagen Sie so. Glauben Sie mir, die Russen sind derzeit überempfindlich und neigen zu heftigen Reaktionen. Denken Sie nur an diese Erdgasstreitereien oder den Georgien-Schlamassel. Wenn Sie so wollen, immer sitzt die Sowjetunion mit am Tisch, und zwar Breschnews Sowjetunion. Also, wie gesagt, Fingerspitzenge fühl. Immerhin könnte es doch sein, dass die russischen Behörden glauben, Sie würden deren Ermittlungsergebnisse bestreiten. Das darf auf keinen Fall passieren. Sie laufen auf Ledersohlen über einen zugefrorenen See. Ein bisschen Zweifel ist in Ordnung. Aber übertreiben Sie es nicht.«
    Allmählich ging der Angsthase Theo auf die Nerven. Fast hätte er gesagt, er werde nur im Ausnahmefall in Moskaus Straßen herumballern. »Selbstverständlich, meine Vorgesetzten haben mich bereits dahingehend instruiert«, sagte er ganz formell. Kein Wort hatte Klein über diesen Quatsch verloren.
    »Gut«, sagte Theo. »Ich sehe mal zu, dass ich eine Unterkunft finde.«
    »Ist bereits angewiesen. Den Hausmeister kennen Sie ja noch. Ich glaube, es ist sogar Ihr altes Zimmer im Compound. Wenn Sie etwas brauchen, wie gesagt.« Er legte den Finger an den Mund, seine Stirn zuckte nervös. »Aber keine Andeutungen. Es gibt seit Ihrem letzten Aufenthalt Gerüchte.«
    »Gibt es die nicht immer?«, fragte Theo. Aber

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