Das München-Komplott
Denglers Leiche hinein und sprangen selbst in das Innere. Die Türen schlossen sich, der Transit wendete und fuhr davon. Aus der offenen Tür des zweiten Wagens winkte ein Mann Leitner zu.
»Komm. Wir müssen weg.«
Leitner steckte die Glock in den Hosenbund und lief los.
Außer den Motoren war kein Laut zu hören.
Charlotte verwirrt
Sie saß hinter ihrem Schreibtisch wie versteinert.
Alles war anders, als sie es sich vorgestellt hatte.
Alles funktionierte anders, als sie es sich vorgestellt hatte.
Sie hatte die ganze Zeit in einem Luxusrestaurant gesessen. Durch einen Zufall hatte sie nun einen Blick in die Küche werfen können.
Und hatte gesehen, dass dort Menschenfleisch gebraten wurde.
Sie fühlte sich beschmutzt.
Und sehnte sich nach Jan.
Nie wieder wollte sie an diesem Schreibtisch sitzen.
Ihre persönliche Referentin klopfte und kam.
»Ihr Fahrer wartet. Er wird Sie nach Tübingen bringen.«
Sie schüttelte den Kopf.
»Geben Sie ihm frei.«
»Und wie kommen Sie dann nach Tübingen?«
»Ich nehme den Zug.«
Blechlawine
»Kommen Sie«, rief der Mann aus dem Transit.
Leitner machte einen Schritt nach vorne. Da spürte er denDruck an seinem Hinterkopf, den typischen kleinen Druck, den nur der Lauf eines Revolvers erzeugen konnte.
»Du bleibst hier«, sagte eine Stimme.
Leitners Körper wurde steif.
»Sag es ihnen.«
Der Druck an seinem Hinterkopf wurde größer.
»Fahrt schon vor. Ich komme nach.«
Die Tür des Transits schloss sich, der Wagen wendete und fuhr davon.
»Und nun die Hände hinter den Nacken.«
Leitner tat, was ihm befohlen wurde.
Eine Hand griff an seinen Hosenbund und zog vorsichtig die Glock hervor.
»Und nun langsam vor zum Kai.«
Leitner ging zwischen Containern auf das Wasser zu.
»Ist es vorbei? Sind sie weg?«, hörte er eine Stimme, die von oben, von irgendeinem der Containertürme kam.
»Noch nicht ganz, Mario. Bleib noch dort oben, bis ich dich hole.«
Jetzt standen sie am Kai.
Plötzlich kamen von beiden Seiten Polizisten.
Schwarze Uniform. Waffen im Anschlag.
Scheinwerfer gingen mit einem knallenden Geräusch an. Die Szene war taghell erleuchtet.
Leitner rannte los.
»Stehen bleiben!«
Leitner rannte.
»Nicht schießen«, schrie Dengler. »Er kann nicht entkommen.«
Ein Warnschuss fiel.
»Nicht schießen«, schrie Dengler noch einmal.
Leitner rannte weiter. Er sprang über die Schrottteile, die nun am Boden lagen. Er erreichte den Bagger und schien für einen kurzen Augenblick zu überlegen, ob er auf ihn klettern sollte. Dann entschied er sich anders. Er griff nacheinem der Metallstücke, die über die Mauer hingen und zog. Es gab nach und fiel scheppernd auf den Boden.
Leitner blickte sich um. Von beiden Seiten rannten nun Polizisten auf ihn zu.
Er fasste nach einem weiteren Blechteil. Es gab nicht nach.
Er zog sich daran hoch. Das Metall schnitt in seine Handflächen. Blut tropfte auf den Boden, aber er zog sich weiter hoch.
Ein Fuß hatte nun schon die Mauer erreicht.
»Er entkommt«, schrie Dengler.
Da gab der Schrottberg nach. Langsam erst, fast unmerklich änderte er seine Form. Ein knirschendes Geräusch, das immer lauter wurde, übertönte das Rufen der Beamten.
Ein großes scharfkantiges Blech rutschte von oben herab und bohrte sich in Leitners Arm.
Ein weiteres Blech rutschte.
Dann wankte der Metallberg und sackte über die Mauer. Unzählige Metallspitzen bohrten sich in Leitners Körper. Sein Schrei übertönte das Scheppern des Metalls.
Dann war es still. Nur Staubschwaden stiegen in den von den Scheinwerfern erleuchteten Himmel.
Ein schwarzer Mercedes schnurrte heran. Eine Tür sprang auf und Dr. Schneider sprang heraus.
»Dengler, sind Sie o. k.? Gott sei Dank.«
Die beiden Männer standen sich für einen kurzen Augenblick unbeholfen gegenüber.
»Kann mich bitte mal jemand hier runterholen?«, schrie Mario.
Erst lachte einer der Polizisten, dann alle.
Leitner war tot. Sein Leichnam sah schrecklich aus. Sein Körper war von unzähligen Metallsplittern perforiert.
Dengler beugte sich über ihn. Er hatte das Monster sehenwollen, nun sah er es. Wenn die schrecklich weit aufgerissenen Augen nicht gewesen wären, hätte er einen älteren Mann kurz vor seiner Pensionierung gesehen.
Schrecklich normal.
Einem plötzlichen Einfall folgend, ergriff er die rechte Hand des Toten. Der Zeigefinger fühlte sich merkwürdig an.
Wie Plastik.
Er zog daran – und hatte eine Prothese in der Hand.
»Den Rest des Fingers
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